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Das Kreuz der Kinder

Das Kreuz der Kinder

Titel: Das Kreuz der Kinder
Autoren: Peter Berling
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ihm aus dieser
Niederschrift von der wohlklingenden Stimme einer
schönen Huri vorgelesen wird, die Gestalt seiner
herrlichen Mutter – und natürlich auch die prägnanten
Charaktere der sie umgebenden Gefährten« – flocht er
schnell ein – »so vor Augen tritt, als würde sie den
geliebten Sohn selbst umarmen!«
Ehrerbietiges Schweigen trat im Saal der Bücher, der
›Sala al-Kutub‹, ein.
»Ich wüßte noch jemanden, mit Verlaub«, wagte der
Minorit zögerlich ungefragt seine Stimme zu erheben.
»Daniel, den Secretarius meiner Herrin, der Frau des
Hafsiden –.«
Rik wirkte nur kurz irritiert. »Daß ich nicht selbst auf
den Meßdiener gekommen bin!« sinnierte er laut,
begeistert genug, um dem Emir seine Zustimmung zu
signalisieren, was den Mönch veranlaßte hinzuzufügen:
»Der käme ebenfalls aus Tunis…«
»Dann sollen die beiden zusammen hierherreisen!«
erging der klare Bescheid des Emirs an seinen finster
dreinschauenden Majordomus, »und bis dahin müßt Ihr
Euch mit den Kräften und dem Geschick begnügen, das
hier versammelt ist.«

aus der Niederschrift von Mahdia
Der brennende Turm
Bericht des Rik van de Bovenkamp
    Unser kleiner Trupp deutscher Söldner zieht durch den
Wald von Farlot – in der Tat ein düsteres Gehölz! Längst
haben wir absitzen müssen, denn schmal ist der Pfad, der
durch das dichte Unterholz führt, stellenweise so eng, daß
die Pferde scheuen und wir nur im Gänsemarsch
vorankommen. Oberhalb einer Waldlichtung, die sich
unerwartet vor uns auftut, entdecken Oliver und Rik
zwischen den Baumkronen einer Anhöhe die Türme eines
Schlosses. Es wäre ihnen sicher entgangen, wenn nicht
dicke Rauchschwaden hinter den Mauern aufgestiegen,
Flammenzungen aus den Fenstern geschlagen hätten.
Capitán Ripke entscheidet, daß die beiden Freunde
hinaufreiten sollen, um die brennende Burg auf sich dort
verbergendes verlaustes Gesindel zu ›kämmen‹, wie er
sich gern ausdrückt. Zu oft schon haben sie erlebt, daß
gelegte Brände die Fremden in einen Hinterhalt locken
sollten, denn allein die teure Rüstung der heimkehrenden
Ritter war schon einen Überfall wert. Karl Ripke war zwar
ein Söldnerführer, aber er hielt auf Ordnung,
irgendwelchem Räuberpack stand das Recht auf Beute
nicht zu. Er liebte es, die beiden Adelssprosse für solch
gefährliche Aufgaben einzusetzen, ließ ihn doch besonders
Oliver, der junge Herr von Arlon, stets spüren, daß er aus
noblerem Hause stammte als Ripke, der mittellose Bastard
eines Raubritters aus dem Rheintal. Uns Freunden war
jedoch jedes Abenteuer recht, denn um solche zu bestehen
waren wir ausgezogen und nicht um tapfere Verteidiger
nach erfolgter Kapitulation niederzumetzeln oder Frauen
und Kinder ins Feuer der Scheiterhaufen zu treiben.
    Der Trupp unter dem Capitán setzt eilig seinen Weg fort,
denn der dunkle, stille Wald ist ihnen unheimlich, zumal
die brennende Burg beweist, daß hier auch andere ihr
Unwesen treiben.
    Keine Menschenseele läßt sich blicken, als Rik und
Oliver sich den Mauern nähern. Doch kaum betreten sie
den Burghof, empfängt sie ein Pfeilhagel aus dem in
Rauch gehüllten Donjon. Sie erkennen in der offenen,
hochgelegenen schmalen Pforte des Fluchtturms das
rußgeschwärzte Gesicht eines jungen Mädchens, das Pfeil
auf Pfeil auf die Eindringlinge abfeuert, ungeachtet der
züngelnden Flammen hinter sich im Stiegenhaus des
Turms. Melusine de Cailhac verteidigt sich gegen die
Feinde, die sie sofort als Söldner erkennt, Kerle vom
gleichen Schlag wie jene, die ihre Burg im Vorbeiziehen
in Brand gesteckt hatten.
    Melusine ist Vollwaise, ihre Eltern sind schon gleich zu
Beginn der ›Albigenserkriege‹ in ihrer okzitanischen
Heimat zu Tode gekommen. Die inzwischen
Fünfzehnjährige hatte Aufnahme bei den d’Hautpoul
gefunden, Verwandten ihrer Mutter im Orléanais, und das
wider ihren Willen. Ihre Vettern waren nämlich
überzeugte Parteigänger der Krone, gehörten also zu
denen, die aus reiner Beutegier diesen üblen Krieg in den
Süden getragen hatten, nur weil Paris sich den Zugang
zum Mittelmeer erschließen wollte und weil es dem Papst
in Rom nicht paßte, daß die Bewohner des Languedoc
ihren eigenen Weg zu Gott suchten – ohne Vermittlung
der katholischen Priester und der Mönche dieses
Domenikus. Doch die ›Ketzerei‹ breitete sich aus, sie hatte
angeblich bereits die nahe kleine Stadt Bordàs ergriffen,
die zu verteidigen sich die d’Hautpoul
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