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Das Kreuz am Acker

Das Kreuz am Acker

Titel: Das Kreuz am Acker
Autoren: Paul Friedl
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streifte sie mit einem Seitenblick den Franz, und als er an den Hut griff, gab sie ihm den zaghaften Gruß mit einem Kopfnicken zurück.
    Die hatte es aber eilig! War doch kein Sonntag, daß sie etwa in die Frühmesse wollte. Einkaufen konnte sie beim Dorfkramer auch nicht so früh.
    Ein kalter Wind zog durch das Tal, und er schlug den Rockkragen hoch.
    »Hüh!« Wollten heute aber auch schon gar nicht in Gang kommen, die zwei Racker! Wie das Mädel vor ihm rannte! Wollte sie ihm zeigen, daß sie ihn überholen konnte? Oder sie wollte eben nicht neben oder hinter ihm hergehen? Das Tal verengte sich, und der Weg drängte sich an den Bach. Eine enge Waldschlucht führte aus dem Hochtal von Hintereben in die breite Talsenke, in der das Pfarrdorf lag. Grobe Steine ragten aus dem Boden, und holpernd rumpelte der Wagen dahin. Droben, über dem Wald, glühte der Morgen, während in dieser Waldenge neben dem rauschenden Elenderbach noch das schneeblaue Dämmern der weichenden Nacht lag.
    Über Felstrümmer kurvten Bach und Sträßlein durch die Schlucht und eilten dann frei und erleichtert in die Talbreite des Dorfes hinaus. Frühe Krähen taumelten um die verstreuten Häuser und spektakelten auf den leicht verschneiten Feldern. Ein Hase sprang über den Weg und hoppelte hinüber zum Randgesträuch des Waldes.
    Von der Schwaiger Barbara war nichts mehr zu sehen.
    Erst als er durch das Dorf gefahren war und die Hauptstraße erreichte, die in einer Gehstunde zur Frohnauermühle führte, sah er sie wieder vor sich.
    Ah, die wollte schon so früh in die Stadt? Vielleicht noch zum Frühzug? Da allerdings hatte sie höchste Zeit, wenn sie es überhaupt noch schaffte. Wenn er sie aufsitzen und seine Gäule etwas laufen ließ, dann könnten sie etwa noch zeitig genug hinkommen. Er trieb das Gespann an, ließ es laufen, bis er sie eingeholt hatte, und hielt neben ihr.
    »Willst noch zum Frühzug, Barbara?«
    »Nein, muß in die Apotheke«, atmete sie schwer und sah mit einem vor Kälte und Erregung rotem Gesicht zu ihm auf.
    »Wennst aufsitzen willst, dann geht’s schneller und leichter.«
    »Wenn du meinst.« Ein leichtes, etwas verlegenes Lächeln dankte ihm. Er reichte ihr die Hand und zog sie zu sich auf den Kutschbock.
    »Pressiert es recht?« fragte er.
    » Ja .«
    Er ließ die Gäule wieder laufen. Sie schwiegen eine Weile.
    »Ist jemand krank bei euch?«
    »Den Vater hat der Gaul geschlagen. Sieht bös aus. Jetzt hat sich ein Fieber dazugeschlagen, und da muß ich in die Apotheken.«
    »So?« tat der Franz teilnehmend. »Hab noch gar nichts gehört davon! Wann ist denn das gewesen?«
    »Gestern am Abend, beim Füttern.« Sie schluckte: »War in der Nacht der Doktor schon da und hat ihn genäht.«
    »Fehlt es ihm so weit?« bedauerte der junge Bauer.
    »Zweimal hat ihn das Roß erwischt, an der Schulter und in der Seiten.«
    »Gleich zweimal? Das ist aber selten!« Als sie nichts mehr weiter sagte, setzte er die Unterhaltung fort: »Ja ja, kommt halt manches daher im Leben. Du hast einen kranken Vater, und ich hab einen, der ist auch krank, aber halt anders. Der hat ein einwendiges Fressen, und das ist wie ein Herzwurm. Ich glaub, daß daran auch einer eingehen kann.«
    »Müßt aber net sein«, warf sie ein und zog den Schal enger um das Gesicht. »An einer solchen Kränk ist der Mensch selber schuld.«
    »Das will ich grad net sagen«, meinte er betont, »es kann ganz gut möglich sein, daß mein Vater recht hat. Aber das geb ich zu, daß die Sache es net wert ist. Ob jetzt euer Kreuzstein bei unserem Feld nachgerutscht ist oder net, ob er überhaupt dort steht oder woanders, könnt mir gleich sein. Aber das weißt, daß mein Alter seit einer Weil so strittig und bockig ist, daß man ihm nichts sagen kann.«
    Sie seufzte. »Als wenn net alles auszureden und auszumachen war. Als wenn man dabei das Geld zum Gericht und die Feindschaft in die Wirtshäuser tragen müßt! Mein Vater ist auch schon ganz strubblig wegen dieser Geschichte, und er ließ mit sich reden. Aber wenn der deine lieber prozessiert – «
    Nachdenklich sah er auf die trabenden Gäule. Daß sie die ganze Schuld seinem Vater zuschieben wollte, paßte ihm gerade nicht.
    »Ich mein, da ist einer so dickschädlig wie der andere. Drum ist es vielleicht grad beim Rechten, wenn es das Gericht ausmacht.«
    Da wandte sie sich ihm zu und blitzte ihn an: »Du bist halt der gleiche Streithansl wie dein Vater! Art bleibt Art.«
    Er lachte.
    »Jetzt hast aber net recht!«
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