Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das knallrosa Tagebuch: Das knallrosa Tagebuch

Titel: Das knallrosa Tagebuch: Das knallrosa Tagebuch
Autoren: Todd Brown
Vom Netzwerk:
meiner Bank aus anzuschauen. Aber das reichte mir schon. Zu beobachten, wie Les durch den Turnsaal rannte, und ihn mir ohne Hemd vorzustellen, genügte vollkommen.
Es war nur eine Schwärmerei. Eines Abends nach der Schule war ich mit Les unterwegs und habe miterlebt wie er einen Jungen mit einem Baseballschläger verdrosch. Es ging um eine Schachtel Zigaretten oder so was. Von diesem Tag an war Les für mich gestorben. Nach der Sache mit dem Baseballschläger fanden die Mädchen in der Klasse ihn noch männlicher. »Les hatte seine Gründe«, verteidigten sie ihn vor ihren Eltern. »Der andere hat angefangen. Les mußte sich eben wehren.«
Les brauchte eigentlich gar keinen Baseballschläger. Er befehligte eine Armee von dreizehnjährigen Mädchen (und einen dreizehnjährigen Jungen), die jederzeit für ihn gemordet hätten.
9. September
    Heute war ein Mann namens Burt aus der Fabrik in der Schule und hat in der Aula gesprochen. Es ging hauptsächlich um die Abschlußklasse, aber wir mußten alle hin. Er hat von firmeneigenen Sozialleistungen, Betriebsrenten und so weiter und so fort gelabert. Und das alles für ein Leben im Dienste der Produktion von Sanitärbedarf. Papa hat fünf Jahre lang in der Fabrik gearbeitet und jede Sekunde gehaßt. Er sagte, der Vorarbeiter wäre ein Arschloch und die Arbeit zum Kotzen.
Jeden Morgen, wenn ich auf den Bus warte, sehe ich die Leute aus der Nachtschicht kommen. Sie sehen aus wie die lebenden Toten, so als hätte man sie eben durch die Mangel gedreht. In der sechsten Klasse haben wir die Fabrik besichtigt. Ich erinnere mich nur noch an den Geruch von Desinfektionsmittel, mit dem die Geräte sterilisiert werden. Es war entsetzlich, und ich habe mich gefragt, wie jemand den ganzen Tag in diesem Gestank arbeiten kann.
Mama hat nie bei Plumbco gearbeitet, weil sie nur Leute mit Highschool-Abschluß nehmen. Aber Oma Maisie war sechsunddreißig Jahre lang dabei. Am Morgen nach ihrer Abschlußfeier ist sie dort angetreten. So läuft es eben. Sie hat sich nie die Mühe gemacht, sich nach einem anderen Job umzusehen, und redet immer noch von ihrer Zeit dort. »Die hatten noch Ahnung, wie man mit Mitarbeitern umgeht«, sagt sie bis heute. »Dann kamen die Leute von der Gewerkschaft und haben alles kaputtgemacht.« Zwei Jahre nachdem die Arbeiter bei Plumbco in die Gewerkschaft eingetreten sind, ist Oma in Rente gegangen. Während Burt über die wunderschöne Welt des Sanitärbedarfs laberte, habe ich mir die Typen aus der Abschlußklasse angeschaut, die in der obersten Reihe saßen. Jeff und seine Sportclique haben arrogant gegrinst. Sie werden niemals in diesem Möllenloch enden. Nach dem Abschluß werden sie, den Football oder Basketball unterm Arm, dieser Stadt so schnell wie möglich den Rücken kehren. Die Superschüler hörten Burt nicht mal zu. Auch sie grinsten einander an, als hätten sie ein Geheimnis, das sonst niemand kennt. Dann habe ich mir die vorderen Reihen der Abschlußklasse angeschaut, wo der Rest saß. Sie sahen alle gleich aus. Wie zum Tode verurteilt.
Dann guckte ich mich in meinem eigenen Jahrgang um und stellte fest, daß ich zwischen den »Verurteilten«' saß. Mir ist ganz schön die Düse gegangen.
10. September
    Heute nach der Schule bin ich mit ein paar von meiner alten Clique aus Tranten Township runter zum Fluß gegangen, um Zigaretten zu rauchen. Es war ziemlich beschissen. Les fing an, mit Steinen nach der alten Scheune am anderen Ufer zu werfen. Er hat ein Fenster zerschmissen, und alle grölten. Sid hat über Cindy Jones' Titten geredet. Er findet, sie sehen aus wie zwei Orangen. Ich widersprach ihm: Grapefruit würde besser passen. Alle lachten und haben dann über Cindys Arsch geredet nach einer Weile ist es mir zu blöd geworden. Ich bin dagehockt, habe meine Kippe geraucht und überlegt, was ich eigentlich hier soll. Ich mag diese Typen nicht einmal. Sie machen immer nur einen auf null Bock. Als ich mir unsere Spiegelbilder im Fluß angeschaut habe, ist mir ganz anders geworden. Ich konnte zwischen mir und den anderen keinen Unterschied erkennen, Wir waren alle nur ein großer, verschwommener Fleck auf dem Wasser.
Sie ließen sich drüber aus, wie beschissen sie die
Schule finden. »Stimmt schon«, dachte ich. Aber das hier ist auch nicht besser.«
Ich habe meine Zigarette an einem Stein ausgedrückt und bin aufgestanden und abgehauen. Einer hat noch gefragt, wo ich hin will. »Weg«, sagte Ich. Alle brüllten vor Lachen, als ob das ein Witz
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher