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Das Kloster (German Edition)

Das Kloster (German Edition)

Titel: Das Kloster (German Edition)
Autoren: Walter Scott
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rühren, sondern muß fein still halten, dann will ich wetten um einen Malter Gerste, daß ihm mein Halbert nicht einen Faden von seinen Bändern streift. Hab ichs doch schon oft ausprobieren sehen von unserm alten Martin, und wenn sich unser ehrwürdigster Unterprior zu erinnern geruhen will, so wird er zugeben müssen, daß er es mit eignen Augen schon gesehen hat.«
    »So leicht werde ich es nicht vergessen, meine liebe Frau,« erwiderte Pater Eustachius, »wüßt ich doch nicht, was mich mehr in Staunen setzte, die sichere Ruhe des jugendlichen Schützen oder die Festigkeit und zuversichtliche Haltung des greisen Zieles, und deshalb möcht ich dem ehrenwerten Gaste, Sir Piercie Shafton, auch nicht raten, seinen kostbaren Kastorhut und seine noch kostbarere Person einem derartigen Wagestück auszusetzen, es sei denn, daß er ein ganz besonderes Vergnügen daran fände.«
    »Nicht im geringsten,« erwiderte mit einiger Hast Sir Piercie, »seid überzeugt, heiliger Vater, nicht im geringsten! Die Eigenschaften, für die sich Euer Ehrwürden interessieren, will ich ja dem Jungen durchaus nicht streitig machen. Aber Bogen sind Holz, und Sehnen sind Flachs, und Schützen Menschen, Finger können gleiten, Augen können irren, und ein Stockblinder kann das Ziel treffen, während der beste Schütze um Bogenlänge vorbeischießen kann. Drum meine ich, wir lassen alle gefährlichen Proben.«
    »Ganz nach Belieben, Sir Piercie,« erklärte der Abt. »Inzwischen wollen wir jedoch den jungen Mann zum Bogenschützen im Bereich unsrer Waldungen ernennen, soweit uns der hochselige König David deren zuerteilt hat, zu dem Zwecke, daß das Fleisch der Tiere des Waldes der armen Brüderschaft zugute komme.«
    »Knie nieder, Weib! knie nieder!« rief der Pater Küchenmeister, zugleich mit dem Tafelaufseher, der Witwe zu, »und küsse Seiner Herrlichkeit für die Deinem Sohn erwiesene Gnade die Hand!«
    Und nun stimmten sie, als sängen sie Messe und Responsa, ob der Segnungen solches Dienstes die folgende Litanei an: »Einen grünen Rock und ein Paar Lederhosen zu jedem Pfingsten,« sagte der Küchenmeister.
    »Und zu Lichtmeß vier Mark in bar!« sagte der Tafeldecker.
    »Auf Martini ein Oxhoft Doppelbier und Dünnbier, je nach dem Durste, sofern er sich mit dem Kellermeister gut steht.«
    »Der doch ein sehr verständiger Bruder ist und keinen eifrigen Klosterbeamten darben läßt,« setzte der Abt hinzu.
    »An jedem hohen Feiertag eine Schüssel Fleischbrühe mit einem Stück Rind-oder Hammelfleisch,« begann der Küchenmeister seine Litanei von neuem.
    »Und auf der Wiese Unsrer lieben Frau zwei Kühe und ein Reitpferd,« ergänzte sein Amtsbruder.
    »Alljährlich eine Ochsenhaut zu Stiefeln, um durch Dornen und Disteln zu laufen,« betonte ein andrer wieder.
    »Und noch mancherlei andre Akzidenzien, quae nunc praescribere longum[über die vorher Worte zu verlieren zuviel Zeit rauben möchte] ,« fiel der Abt ein, mit gebietender Stimme alle Emolumente oder Einkünfte eines klösterlichen Bogenführers summarisch zusammenfassend.
    Die ganze Zeit über lag Frau Glendinning auf den Knien und wiegte, einem Uhrwerk nicht unähnlich, das von zwei Riesen flankiert wird, das Haupt bald nach dem einen, bald nach dem andern der beiden Kirchendiener hin. Als nach einer Weile die beiden Diener schwiegen, küßte sie mit tiefer Demut die Hand des freigebigen Abtes. Da sie aber den unbeugsamen Charakter ihres ältesten Sohnes in manchen Dingen nur allzu gut kannte, unterließ sie es nicht, natürlich unter wiederholten Dankesversicherungen, der Hoffnung Ausdruck zu leihen, daß es ihrem Sohne auch recht sein und daß er Ja dazu sagen werde.
    »Was höre ich?« sagte, die Brauen finster zusammenziehend, der Abt, »recht sein? Ja sagen? ... Weib, ist etwa Dein Sohn verrückt?«
    Verwirrt durch den Ton, in welchem diese Worte fielen, konnte die Witwe keine Antwort finden, und hätte sie eine finden können, so hätte sie sich nicht verständlich machen können, denn die beiden Amtsbrüder, der Küchenmeister und der Tafeldecker, fingen alsobald ihre zweistimmige Litanei wieder an.
    »Was? Nicht annehmen?« sagte der Küchenmeister. Und der Tafeldecker wiederholte in noch verwunderterem Tone: »Nicht annehmen?«
    »Vier Mark jährlich nicht annehmen?« fragte der eine.
    »Doppel-und Dünnbier, Suppe und Rind-und Hammelfleisch nicht annehmen? Weide und Kühe und Reitpferd nicht annehmen?« schrie der Küchenmeister. Und der Tafeldecker ergänzte
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