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Das Kloster (German Edition)

Das Kloster (German Edition)

Titel: Das Kloster (German Edition)
Autoren: Walter Scott
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Glendinning begaben sich, statt in das Kloster, einstweilen in ein Haus des Dorfes, aus Rücksicht auf den Abt, den sie durch ihre Anwesenheit, als von der alten Kirche abtrünnig, nicht kränken durften. Am andern Tage aber wurden sie in Anwesenheit der beiden Earls von Schottland durch Heinrich Warden nach protestantischem Ritus getraut, und am selben Tage begaben sich, nachdem der Müller seinen Willen durchgesetzt hatte und das Paar im Kloster in seiner Anwesenheit noch einmal getraut worden war, Sir Piercie Shafton mit seiner Gemahlin und mit Stalwarth Bolton an die Seeküste, wo sie sich nach Flandern einschifften. Am übernächsten Tage setzten die beiden Earls mit ihren Truppen ihren Ritt nach dem Schlosse Avenel fort, wo der junge Ehegemahl mit dem weltlichen Besitztume seiner jungen Ehegattin belohnt werden sollte.
    Das vollzog sich ohne alle Störung. Aber Mary Avenel nahm von dem Erbe ihrer Väter nicht Besitz, ohne daß sich jene Vorbedeutung gezeigt hätte, die sich immer zeigte, wenn sich irgend ein wichtiger Vorgang in ihrem Hause oder ihrer Familie vollzog. Frau Tibb Ticket und Martin Tibbet erblickten nämlich an diesem Tage die gleiche kriegerische Gestalt, die sie damals gesehen hatten, als sie an den veränderten Glücksumständen ihrer jugendlichen Herrin Anteil bekommen hatten und mit ihr in Glendearg eingezogen waren. Sie schwebte nämlich vor den Reitern hin, als sie über den langen Dammweg zogen, blieb bei allen Zugbrücken stehen und winkte wie im Triumphe mit der Hand, als sie unter dem düstern Torwege verschwand, über welchem man die Wahrzeichen der Avenels eingegraben sieht.
    Frau Glendinning aber begleitete stolzen Herzens den Sohn, um es mit anzusehen, wie er Aufnahme fand unter den Baronen des Landes.
    »O, mein geliebter Sohn,« sprach sie, »das Schloß Avenel ist fest und stark, und doch wünsche ich Dir und Deiner Ehefrau, Ihr möchtet Euch niemals zurücksehnen nach den unruhigen Bergen von Glendearg, denn noch immer ist das schwere Spiel nicht zu Ende, noch immer sind die letzten Trümpfe nicht gezogen!«
    Edward hielt sich während dieser ganzen Zeit im väterlichen Turme verborgen. Wohl hieß es, der Abt habe ihm wichtige Arbeit zugewiesen, in der Hauptsache trug dieser aber den Wunsch im Herzen, ihn nicht zum Zeugen der weltlichen Triumphe seines Bruders zu machen. Endlich war aber auch er nicht mehr im stande, in den öden Gemächern zu verweilen, wo ihn alles erinnerte an die mühseligen Jahre der Jugend, die ihm wie unzufriedne Geister vor den Augen hinzogen und bei jedem Schritte, den er machte, neue Gegenstände heraufbeschwörten, die ihm Ursache gaben zu Gram und Herzeleid. Und da stürmte er hinaus und hinunter in das Tal, wie wenn er dort die Bürde abschütteln wolle, die auf seinem Herzen lastete. Eben ging die Sonne zur Rüste, als er den Eingang von Corrinan-Shian erreichte, und was er bei seinem letzten Besuche der verrufenen Schlucht erblickte, dessen erinnerte er sich nun wieder lebhaft. Aber diesmal war es ihm mehr zu Mute, Gefahren aufzusuchen, als ihnen aus dem Wege zu gehen, wie damals.
    »Ich will den geheimnisvollen Worten ins Auge sehen,« sprach er, »denn das Schicksal hat mir gekündet, daß es mich in dies finstre Gewand hüllen werde. Nun will ich wissen, ob es mir sonst nichts zu sagen hat über mein Leben, das doch nicht anders werden kann als kläglich und erbärmlich.«
    Und wirklich sah er den weißen Geist wieder an derselben Stelle sitzen, wie damals, und wieder hörte er ihn singen mit der bekannten leisen, halb verschwommenen Stimme, und während er sang, da war es, als schaue er mit Blicken der Kümmernis nieder auf seinen goldnen Gürtel, der sich nun zu feinen seidnen Fäden verdünnt hatte ...
    »Lebe wohl nun, Ginster grün,
Nimmer seh ich Dich forthin
Glänzend hell mit allen Zweigen
Meiner schwachen Kunst sich neigen,
Daß die Hindin scheu entflieht,
Die dich hauchlos flattern sieht.

Quell, ade! denn nicht mehr lang
Murmelst du zu meinem Sang,
Wenn Deine Blasen trüben Tanz
Bilden in kristallnem Glanz,
Steigen, schwellen, platzen, springen,
Plänen gleich, die nicht gelingen.

O, des Schicksals Knoten schau!
Bau'r ist Lord, und Maid ist Frau!
Umsonst hatt ich durch Zaubers Macht
Den Liebsten von ihr weggebracht.
Welke, Strauch! versiege, Quell!
Tief herab sank Avenel!«

    Und während dieses leisen, verschwommenen Gesanges war es, wie wenn die Gestalt Tränen vergösse ... und ihr Singsang führte herbes Weh in Edwards Herz,
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