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Das Kind des Schattens

Titel: Das Kind des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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Bitte kam, hatte er sich zugleich geehrt wie auch besorgt gefühlt. Er hatte eine lange Nacht üben müssen, Levon hatte ihn immer und immer wieder gedrillt und ihm dann zwischen den Sitzungen lachend Sachen angeboten, bis Dave sich schließlich bereit fühlte, am nächsten Morgen mit einem Kater, um es noch komplizierter zu machen, vor den Aven der Dalrei zu treten und zu sagen, was gesagt werden musste. Aber er hatte es getan. Er hatte Ivor angetroffen, als dieser sich mit einer Reihe von Häuptlingen im Lager von Celidon aufhielt. Levon hatte ihn darauf hingewiesen, dass es so öffentlich wie möglich geschehen müsste. Und so hatte Dave heftig geschluckt, war vor den Aven getreten und hatte sein Anliegen vorgebracht: »Ivor dan Banor, ich bin von einem Reiter von Wert und Ehre mit einer Botschaft zu dir gesandt worden. Aven, Torc dan Sorcha hat mich zu seinem Heiratsvermittler ernannt und lässt dir durch mich in Gegenwart aller, die hier versammelt sind, mitteilen, dass die Sonne in den Augen deiner Tochter aufsteigt.«
    In diesem Sommer nach dem Krieg hatte es in ganz Fionavar viele Hochzeiten gegeben, und viele der Heiratsanträge wurden nach der alten Art durch einen Vermittler gestellt … es war eine Huldigung an Diarmuid dan Ailell, der diese Tradition wiederbelebt hatte, als er auf diese Weise um die Hand Sharras von Cathal anhielt.
    Es gab eine ganze Reihe von Hochzeiten. Und eine von ihnen wurde im dritten Stamm gefeiert, nicht lange nach jenem Morgen, als Dave die feierlichen Worte gesprochen hatte. Denn der Aven hatte voller Freude seine Zustimmung gegeben, und dann hatte Liane ihr heimliches Lächeln gelächelt, das sie alle so gut kannten, und hatte ganz einfach nur erwidert: »Ja, natürlich, natürlich will ich ihn heiraten. Das habe ich immer schon vorgehabt.«
    Das allerdings war empörend unfair, bemerkte Levon später, wie alles, was seine Schwester jemals gesagt hatte. Torc schien es überhaupt nicht zu stören. Während der ganzen Zeremonie, in der Corde Liane dal Ivor zu seiner Frau wurde, schien er wie betäubt und ungläubig. Ivor hatte geweint, und Sorcha ebenfalls. Leith jedoch nicht, aber von ihr erwartete es auch keiner.
    Es waren in fast jeder Hinsicht eine wundervolle Nacht und ein wundervoller Sommer gewesen. Dave war sogar mit den Reitern auf eine Eldorjagd ausgeritten. Wieder hatte Levon ihn unterrichtet, diesmal in der Handhabung eines Messers vom Pferderücken aus.
    Und eines Morgens war Dave bei Sonnenaufgang mit den Jägern losgezogen, hatte sich einen Eldorbock aus einer rennenden Herde ausgewählt und war neben ihm hergaloppiert, und da er sich im Messerwurf nicht sicher genug fühlte, war er von seinem Pferd auf den Rücken des Eldor gesprungen und hatte sein Messer in die Kehle des Tieres gestoßen. Dann hatte er sich abgerollt, war aus dem Gras aufgestanden und hatte Levon zugewinkt. Und der Führer der Jagd und alle anderen hatten seinen Gruß mit lauten Lobrufen und emporgehaltenen Messern erwidert.
    Es war ein herrlicher Sommer unter Menschen, die er liebte, auf einer weiten Ebene. Und nun musste er eine Entscheidung treffen und wusste nicht wie.
     
    Eine Woche später war er sich noch immer nicht schlüssig geworden. Er hatte auch nicht viel Zeit gehabt, um in sich zu gehen, das musste er sich fairerweise zugestehen. In der Großen Halle von Paras Derval hatten viele Bankette stattgefunden, deren Pracht und Aufwand einfach umwerfend waren. Wieder hatte es Musik gegeben, diesmal aber eine andere Art von Musik, denn unter ihnen waren jetzt die Lios Alfar, und eines Nachts hatte ihr Herr Ra-Tenniel seine Stimme erhoben, um die lange Geschichte des eben vergangenen Krieges zu singen.
    Viele, viele Dinge, die gleichermaßen schön und schmerzvoll waren, hatte er in dieses Lied eingewebt. Es begann mit jenem Tag, als Loren Silbermantel fünf Fremde aus einer anderen Welt nach Fionavar gebracht hatte.
    Ra-Tanniel sang über Paul vom Sommerbaum, über die Schlacht zwischen Wolf und Hund und das Opfer von Ysanne, von Danas rotem Mond und Imraith-Nimphais Geburt (als Dave die lange Tafel hinabblickte, konnte er sehen, dass Tabor dan Ivor langsam seinen Kopf senkte). Dann von Jennifer in Starkadh, von Dariens Geburt, von Arthurs und Guineveres Ankunft, vom Erwachen der Wilden Jagd, als Finn dan Shahar den längsten Weg einschlug.
    Er sang von Maidalan, von Kevin in Dun Maura, von roten Blüten, die im Morgengrauen im schmelzenden Schnee auftauchten. Von Ivors Ritt zum Adein,

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