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Das Karpathenschloß

Das Karpathenschloß

Titel: Das Karpathenschloß
Autoren: Jules Verne
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dem Manne kochte.
    »Lebend!… wiederholte Rudolph von Gortz. Nun wohlan, Franz von Telek mag versuchen, sie mir zu entreißen!«
    Franz hat die Arme nach Stilla ausgestreckt, deren Augen unbeweglich auf ihm haften…
    Da bückt sich Rudolph von Gortz nieder, hebt das Messer auf, das Franzens Hand entfallen ist und dringt damit auf die nicht zurückweichende Gestalt ein…
    Franz stürzt sich auf ihn, um den tödtlichen Stoß, der der unglücklichen Wahnsinnigen droht, abzulenken.
    Es ist zu spät… das Messer zuckt nach ihrem Herzen…
    Da hört man das Zerbersten einer großen Scheibe, und mit dem Niederfallen von tausend Glasscherben verschwindet la Stilla…
    Franz steht an den Boden gewurzelt… er begreift nicht, was hier vorgeht… Ist auch er jetzt des Verstandes beraubt?…
    Da ruft Rudolph von Gortz höhnend:
    »La Stilla entgeht Franz von Telek noch einmal!… Ihre Stimme aber, ihre Stimme bleibt mir zurück!… Ihre Stimme gehört mir… mir allein… wird niemals einem Anderen gehören!«
    In dem Augenblicke, wo Franz sich auf den Baron von Gortz stürzen will verlassen ihn die Kräfte und er bricht bewußtlos am Fuße der Estrade zusammen
    Rudolph von Gortz bekümmert sich gar nicht um den jungen Grafen. Er erfaßt das auf dem Tische stehende Kästchen, stürmt aus dem Saale und eilt die Treppe nach dem ersten Thurmstockwerk hinunter; auf der Terrasse angelangt, läuft er schnell um diese und bis zur anderen Thür, als ihn plötzlich ein scharfer Knall erschreckt.
    Am Rande des Wallgrabens stehend, hat Rotzko auf den Baron von Gortz Feuer gegeben.
    Der Baron selbst wurde nicht verletzt; Rotzko’s Kugel zertrümmerte aber das Kästchen, das jener in den Armen trug.
    Er stieß einen markerschütternden Schrei aus.
    »Ihre Stimme!… Ihre Stimme!… jammerte er. Ihre Seele… die Seele la Stilla’s… sie ist vernichtet… zerstört… zerschmettert!…«
    Mit emporgesträubtem Haar und krampfhaft geballten Händen sah man ihn längs der Terrasse hinstürmen, immer mit dem Schmerzensrufe:
    »Ihre Stimme!… Ihre Stimme!… Sie haben mir ihre Stimme geraubt!… Fluch und Verdammniß über sie!«
    Dann verschwand er durch die Thür, als Rotzko und Nic eben die Burgmauer, ohne die Polizeisoldaten abzuwarten, erklettern wollten.
    Plötzlich erzitterte der ganze Bergstock des Plesa von einer furchtbaren Explosion. Flammengarben schossen bis zu den Wolken empor, und eine Steinlawine donnerte auf die Straße über den Vulcan hernieder.
    Von den Bastionen, der Verbindungsmauer, dem Wartthurm und der Kapelle des Karpathenschlosses war nichts mehr übrig, als ein Haufen rauchender Trümmer auf der Hochfläche des Orgall.
Siebzehntes Capitel.
    Nach dem Inhalte des Gesprächs zwischen dem Baron und Orfanik sollte die Explosion das Schloß erst zerstören, nachdem Rudolph von Gortz daraus entflohen wäre. Zu der Zeit aber, wo diese erfolgte, schien es ganz unmöglich, daß er Frist genug gewonnen hätte, den nach dem Vulcanrücken führenden Tunnel zu erreichen. Hingerissen von seinem Schmerze und im Wahnsinn der Verzweiflung nicht mehr wissend, was er that, hatte Rudolph von Gortz eine sofortige Katastrophe herbeigeführt, zu deren ersten Opfern er höchst wahrscheinlich zählte. Nach den unverständlichen Worten, die ihm entfuhren, als Rotzko den Kasten in seinen Armen zerschmettert hatte, mochte er sich wohl freiwillig unter den Ruinen der Burg begraben haben.
    Jedenfalls war es ein Glück zu nennen, daß die durch den Gewehrschuß Rotzko’s überraschten Polizeisoldaten sich noch in gewisser Entfernung befanden, als die Explosion die ganze Bergmasse erschütterte. Nur wenige wurden von den Trümmern verletzt, die bis zum Rande des Plateaus des Orgall niederfielen. Rotzko und der Forstwächter befanden sich dabei allein nahe der Verbindungsmauer, und es war ein Wunder zu nennen, daß sie nicht unter diesem Regen von Steinen zermalmt wurden.
    Die Explosion hatte also schon die Zerstörung vollbracht, als es Rotzko, Nic Deck und den Polizisten jetzt ohne große Mühe gelang, die Umwallung von dem, durch die geborstenen Mauern halb ausgefüllten Graben aus zu ersteigen.
    Fünfzig Schritte hinter der Verbindungsmauer wurde inmitten der Trümmer am Fuße des Wartthurms zuerst ein todter Körper gefunden.
    Es war der Rudolphs von Gortz. Einige ältere Bewohner der Nachbarschaft, darunter Meister Koltz, erkannten ihn sofort wieder.
    Rotzko und Nic Deck bemühten sich freilich in erster Linie, den jungen Grafen zu
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