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Das Karpathenschloß

Das Karpathenschloß

Titel: Das Karpathenschloß
Autoren: Jules Verne
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dann das linke Auge geschlossen, brachte er das rechte nahe an das Ocular.
    Erst blickte er in der Richtung des Vulcan und aufwärts nach dem Plesa hinaus. Nachher senkte er das Instrument und richtete es nach dem Dorfe Werst hinab.
    »Wahrlich, rief er, ‘s doch richtig! Das trägt weiter als meine Augen…. Da die Landstraße… ich erkenne darauf die Leute!… Richtig, Nic Deck, der Forstwächter, der, die Flinte auf dem Rücken, vom Rundgange heimkehrt, mit…
    – Wie ich’s Euch sagte! unterbrach ihn der Hausirer.
    – Ja… richtig… das ist Nic! fuhr der Schäfer fort. Und wer ist das Mädchen im rothen Rocke und schwarzen Leibchen, die aus dem Hause des Meister Koltz tritt, wie um jenem entgegenzugehen?
    – Seht nur ordentlich hin, Schäfer, und Ihr werdet das Mädchen ebenso gut erkennen, wie den jungen Mann….
    – Ja… wirklich… das ist Miriota… die schöne Miriota! – – O, diese verliebten Leute! Jetzt mögen sie aber auf ihrer Hut sein, denn ich habe sie hier deutlich am Ende des Fernrohres und es entgeht mir keine Zärtlichkeit.
     

    »Ist’s denn wirklich nur Dunst?« (S. 18.)
     
    – Nun, was sagt Ihr jetzt von dem Instrumente?
    – Was soll ich sagen? – daß man damit weiter sehen kann als sonst.«
    Wenn Frik in seinem Leben noch niemals durch ein Fernrohr geblickt hatte, mußte das Dorf Werst doch wohl zu den Ortschaften des Comitats Klausenburg gehören, die am weitesten hinter der Zeit zurückgeblieben waren Und daß es an dem war, wird der Leser bald selbst erkennen.
    »Jetzt, Schäfer, fuhr der Fremde fort, schaut noch einmal hindurch, aber weiterhin als nach Werst. Das Dorf liegt viel zu nahe. Seht darüber hinaus, weit, weit hinaus!
    – Und das kostet auch nicht mehr?
    – Keinen Heller mehr.
    – Gut. Ich will mich einmal in der Gegend der ungarischen Sil umsehen. Aha… da ist der Kirchthurm von Livadzel! Den erkenn’ ich an dem Kreuze, woran der eine Arm fehlt. Da… und weiter draußen seh’ ich den Thurm von Petroseny, auch seinen Weißblech-Wetterhahn mit geöffnetem Schnabel, so als wollte er seine Glucken rufen!… Und ganz unten… das muß der Thurm von Petrilla sein…. Doch, nicht wahr, Hausirer, Ihr sagtet, das kostete deshalb immer nicht mehr….
    – Das Hindurchsehen kostet nichts, Schäfer.«
    Frik wendete sich jetzt nach dem Plateau von Orgall hin; dann folgte er mit dem Fernrohre den Waldmassen im Schatten der Abhänge des Plesa, und schließlich trat die Burg in das Gesichtsfeld des Glases.

    »Richtig! rief er. Der vierte Ast liegt zu Boden… ich hatte doch recht gesehen! Na, den wird auch Keiner aufheben, um ihn am Johannisfeste als hübsche Fackel zu gebrauchen…. Nein, Keiner… nicht einmal ich selbst! Das hieße ja Leib und Seele der Hölle verschreiben! Doch keine Sorge; Einen giebt’s doch, der ihn noch diese Nacht in seiner Höllenküche verbrennen wird… das ist der Chort!«
    Der Chort – so heißt der Teufel, wenn er hier im Lande gesprächsweise erwähnt wird.
    Der Jude hätte vielleicht nach einer Erklärung dieser Worte gefragt, die für Jeden unverständlich sein mußten, der nicht aus Werst oder dessen Nachbarschaft herstammte, doch schon rief Frik wieder mit einer aus Schrecken und Erstaunen gemischten Stimme:
    »Da… was ist denn das?… Ein Dunst, der über dem alten dicken Thurme schwebt?… Ist’s denn wirklich nur Dunst?… Nein, das könnte man für Rauchwolken halten!… Unmöglich! Seit langen, langen Jahren haben die Schornsteine der Burg nicht mehr geraucht!
    – Wenn Ihr da draußen Rauch seht, Schäfer, so wird’s schon Rauch sein.
    – Nein, Hausirer… nein! Wahrscheinlich ist nur das Glas Eures Instrumentes angelaufen.
    – So wischt es doch ab.
    – Und wenn ich das thäte…«
    Frik drehte das Fernrohr um und setzte es, nachdem er die Gläser mit dem Aermel abgerieben hatte, wieder vor das Auge.
    Es war thatsächlich eine Rauchsäule, die dort aus dem Wartthurme aufwirbelte. Bei der ganz stillen Luft stieg sie kerzengerade empor und verschwamm schließlich im Dunste der Höhe.
    Frik stand wie versteinert und sprach kein Wort. Seine ganze Aufmerksamkeit wandte er der Burg zu, nach der schon der Schatten der Thäler unter dem Plateau von Orgall langsam emporschlich.
    Plötzlich ließ er das Fernrohr herabsinken, griff nach dem kleinen Quersack, der unter seiner Jacke hing und fragte:
    »Was soll Euer Rohr kosten?
    – Anderthalb Gulden,« antwortete der Händler.
    Er hätte das Fernrohr auch schon für einen
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