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Das Jahr der Kraniche - Roman

Das Jahr der Kraniche - Roman

Titel: Das Jahr der Kraniche - Roman
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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    Elke griff ihr unter die Arme und versuchte, sie hoch zu zerren. Laura trat mit den gefesselten Beinen um sich, schlug mit den zusammengebundenen Händen nach ihrer Peinigerin. Sie wand sich und machte sich schwer. Auf keinen Fall würde sie Elke gestatten, sie von der Insel zu bringen.
    »Okay, denn eben anders. Aber sag später nicht, du hättest das nicht gewollt.«
    Sie zog eine der Spritzen aus der Jackentasche. Laura zuckte zusammen. Was wollte sie ihr da spritzen? Würde sie sie jetzt gleich umbringen? Die Nadel blinkte im Mondlicht, als Elke sie überprüfte. Die Tropfen der hellen Flüssigkeit funkelten wie Diamanten.
    »Bitte nicht. Ich komm ja mit. Ich tu alles, was du willst. Bitte, Elke, tu das nicht.«
    Es ging um ihr Leben. Um nichts als um ihr nacktes Leben– und das ihres Babys. Wenn nicht ein Wunder geschah, würde Elke sie beide töten.
    »Ich verspreche dir, ich werde auch niemandem erzählen, dass du Julia getötet hast.«
    Elke hielt inne. In dem Blick, den sie ihr zuwarf, lag der blanke Wahnsinn.
    »Sie war ein Miststück. Sie hat alle betrogen. Sie wollte mein Leben zerstören und das von Jan.«
    »Das Leben von Jan hast ja wohl du zerstört.«
    Elke schlug wieder zu. Laura musste sich in Acht nehmen. Sie durfte sie nicht noch mehr reizen.
    »Entschuldige, ich hab das nicht so gemeint. Natürlich war es Julia, die Jans Leben zerstört hat. Aber hör mir zu, Elke, ich bin nicht Julia. Ich habe nichts mit deinem Mann, und ich habe auch nicht vor, Jan zu verlassen. Du brauchst mich nicht zu töten. Bitte, lass mich frei. Es kann doch noch alles gut werden.«
    Elke lachte höhnisch auf. Sie kniete sich zu Laura und setzte die Spritze an. Laura nahm all ihre Kraft zusammen und warf sich gegen Elke, die durch den Aufprall das Gleichgewicht verlor und zur Seite fiel.
    Das war ihre Chance. Laura drückte sich gegen die Wand. Sie musste hier weg. Sie stand schon fast gerade, als Elke nach ihrem Knöchel griff und sie umriss. Die Spritze– sie musste ihr ausweichen. Es durfte Elke nicht gelingen…
    »Elke, was machst du da?«
    In der Tür stand Hanno. Elke fuhr herum. Verblüfft sahsie ihren Vater an, der blass wie ein Toter auf sie zukam.
    »Gib mir die Spritze, Elke. Du willst sie doch nicht wirklich töten. Laura ist deine Freundin. Du magst sie doch. Und bald wird sie ein Kind haben. Du willst doch seine Patentante sein.«
    Seine Stimme war ganz ruhig, fast hypnotisch. Ohne die Spritze aus den Augen zu lassen, ging er auf seine Tochter zu.
    »Sie ist selbst schuld. Was schnüffelt sie auch in deinem Haus herum.«
    Elke wandte Hanno den Rücken zu. Laura drückte sich in eine Ecke. Sie sah die Spritze auf sich zukommen. Hanno drängte Elke weg. Er versuchte, ihr die Spritze zu entreißen.
    »Nein. Daran wirst du mich nicht hindern. Sie hat es verdient.«
    Elke wand sich wie eine Schlange unter Hannos Griff. Schreiend kämpfte sie mit ihrem Vater. Und als sie merkte, dass sie keine Chance gegen seine Kraft hatte, holte sie weit aus und hieb ihm die Spritze in den Hals. Laura schrie auf.
    »Hanno!«
    Doch Hanno ging schon zu Boden. Seine Glieder gehorchten ihm nicht mehr. Er versuchte noch, nach Elke zu greifen, dann lag er still da. Die Augen weit aufgerissen, musste er mit ansehen, wie Elke Laura aus der Hütte zerrte.
    »Hanno, hilf mir! Hanno!«
    Laura schrie aus Leibeskräften. Sie sah zu Hanno hin, der hilflos auf dem Boden lag, ohne sich rühren zu können. Seine Augen baten sie um Vergebung.
    Wie kann ein Mensch nur so schwer sein? Elke zerrte Laura an den Armen durch das Dickicht wie einen Sack Kartoffeln. Die Steine, über die sie geschleift wurde, waren selbst durch Lauras dicke Jacke zu spüren. Aber es war ihr, als würde der Schmerz nicht in ihr Bewusstsein gelangen. Vielmehr nahm sie ihn wie durch eine Watteschicht wahr. Eigentlich war alles egal. Sie würde heute Nacht sterben, daran hatte Laura keinen Zweifel mehr. Wieso brachte sie sie nicht gleich hier um?
    Elke schrie gegen den Wind an.
    »Für wie dumm hältst du mich eigentlich? Klar kann ich dich auf der Stelle töten. Ich könnte auch deine Leiche im See versenken. Dann wärst du wenigstens im Tod noch ganz in Jans Nähe. Das würde dir gefallen, ja?«
    Sie schob Laura in das Ruderboot, wo ihr Kopf gegen den Mittelsitz knallte. Laura stöhnte leise auf und schloss dann die Augen.
    »Wo bringst du mich hin?«
    Als wenn es jetzt noch eine Rolle spielte, was Elke mit ihr vorhatte.
    »Das wirst du schon
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