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Das italienische Maedchen

Das italienische Maedchen

Titel: Das italienische Maedchen
Autoren: Lucinda Riley
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Kopf.
    »Fragen kostet nichts, Rosanna. Vergiss nicht: Du bist fast siebzehn, praktisch erwachsen. Ich kann verstehen, dass du deine Eltern nicht verärgern willst, aber vertrau mir und lad sie zu dem Abend ein. Versprochen?«
    Rosanna nickte. »Versprochen.«
    »Wir haben genug Zeit vergeudet. Wenden wir uns einer meiner Lieblingsarien zu, die du möglicherweise bei meiner Soiree singen wirst: ›Mi chiamano Mimì‹ aus La Bohème . Sie ist ziemlich schwierig, doch ich glaube, du könntest sie bereits schaffen. Komm«, sagte Luigi und erhob sich, »es gibt viel zu tun.«
    Auf der Busfahrt dachte Rosanna über das nach, was Luigi gesagt hatte, und zu Hause ging sie gleich zu Luca in die Küche.
    » Ciao, piccolina , was ist los? Du siehst angespannt aus.«
    »Können wir reden?«, fragte sie ihren Bruder. »Unter vier Augen?«
    Luca warf einen Blick auf seine Uhr. »Heute Abend ist es ruhig. Treffen wir uns in einer halben Stunde am üblichen Ort.« Er zwinkerte ihr zu, und Rosanna eilte davon, bevor ihre Eltern sie sahen.
    Auf der Via Caracciolo wimmelte es von Autos und Touristen, als Luca sich der Strandpromenade näherte, wo seine Schwester an der Brüstung lehnte und auf die Wellen hinausblickte, die herbstliche Schatten tiefblau färbten. Mit einer Mischung aus brüderlichem Stolz und Beschützerinstinkt beobachtete er, wie zwei Männer sich nach ihr umdrehten. Obwohl Rosanna selbst sich für weniger hübsch als ihre Schwester hielt, wusste Luca, dass sie sich allmählich in eine Schönheit verwandelte: Sie war groß und schlank, und ihre kindliche Unbeholfenheit verwandelte sich gerade in Eleganz. Die langen dunklen Haare reichten ihr bis zu den Schultern und umrahmten ihr herzförmiges Gesicht mit den dichten Wimpern und den braunen Augen. Wenn sie ihn anlächelte, konnte er ihr keinen Wunsch abschlagen. Ihre Gesangsstunden waren der einzige Grund, warum er im Café den Löwenanteil der Arbeit verrichtete, während sein Vater an einem Tisch in der Ecke mit seinen Freunden zechte.
    » Ciao, bella «, begrüßte Luca seine Schwester. »Lass uns einen Espresso trinken. Dann kannst du mir sagen, was du auf dem Herzen hast.«
    Luca ging Rosanna voran zu einem Tisch in einem Straßencafé, wo er zwei Kaffee bestellte. »Was ist los?«
    »Luigi will mich nicht mehr unterrichten.«
    »Ich dachte, er ist zufrieden mit deinen Fortschritten?« Luca war entsetzt.
    »Ist er auch. Er meint, er hätte mir alles beigebracht, was er weiß. Luigi hat einen wichtigen Freund an der Scala, der in sechs Wochen zu einer Soiree in seiner Villa kommen wird. Vielleicht bietet er mir ein Stipendium für eine Musikschule in Mailand an.«
    »Aber das ist doch wunderbar, piccolina ! Warum schaust du denn so traurig drein?«
    »Ach, Luca, was soll ich Mamma und Papà sagen? Luigi möchte, dass sie kommen, um mich singen zu hören. Aber selbst wenn sie das machen, erlauben sie mir nie, nach Mailand zu gehen. Das weißt du so gut wie ich.« Rosannas hübsche braune Augen wurden feucht.
    »Es ist egal, was sie sagen.« Luca schüttelte den Kopf.
    »Wie meinst du das?«
    »Du bist alt genug, selbst zu entscheiden, Rosanna. Wenn Mamma und Papà nicht zustimmen, wenn sie deine Gabe nicht würdigen und dich nicht unterstützen können, ist das ihr Problem und nicht das deine. Und wenn Signor Vincenzi der Ansicht ist, dass du gut genug bist für ein Stipendium in Mailand, und einen einflussreichen Freund einlädt, damit er dich singen hört, darfst du dich durch nichts aufhalten lassen.« Luca griff nach ihrer Hand. »Davon haben wir doch beide geträumt, oder?«
    »Ja.« Rosanna wurde ruhiger. »Ich habe dir so viel zu verdanken. Du hast all die Jahre die Gesangsstunden für mich bezahlt. Wie soll ich das je wiedergutmachen?«
    »Indem du ein großer Opernstar wirst.«
    »Luca, glaubst du wirklich, es klappt?«
    »Ja, Rosanna.«
    »Und was ist mit Mamma und Papà?«
    »Überlass das mir.« Luca tippte sich an die Nase. »Ich sorge schon dafür, dass sie kommen und dich singen hören.«
    Rosanna beugte sich über den Tisch und küsste Luca auf die Wange. »Was würde ich nur ohne dich tun, Luca? Danke. Aber jetzt sollte ich gehen. Ich muss heute Abend im Café bedienen.«
    Nachdem Rosanna sich verabschiedet hatte, blickte Luca über die Bucht hinüber nach Capri, und dabei wurde ihm so leicht ums Herz wie schon lange nicht mehr.
    Was sollte ihn noch hier halten, wenn Rosanna nach Mailand ging?
    Nichts, absolut nichts.

5
    »Mistkerl!« Carlotta
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