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Das italienische Maedchen

Das italienische Maedchen

Titel: Das italienische Maedchen
Autoren: Lucinda Riley
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setzten.
    »Ja, das hat er«, bestätigte Carlotta.
    Rosanna nahm einen Schluck Kaffee. Sie fragte sich, warum ihre Schwester so bedrückt wirkte.
    »Wie geht’s Giulio?«
    »Den sehe ich kaum. Er geht morgens um acht ins Büro und kommt erst nach halb acht abends wieder heim.«
    »Dann muss er einen wichtigen Posten haben«, meinte Rosanna.
    Carlotta schenkte der Bemerkung ihrer Schwester keine Beachtung. »Ich koche das Abendessen, und anschließend gehe ich ins Bett. Ich bin permanent müde.«
    »Warum?«
    »Weil ich schwanger bin. Bald wirst du Zia , Tante, Rosanna.«
    »Gratuliere!« Rosanna küsste ihre Schwester auf die Wange. »Freust du dich?«
    »Ja, natürlich«, antwortete Carlotta missmutig.
    »Giulio ist bestimmt ganz aus dem Häuschen.«
    »Klar. Aber erzähl mir doch lieber von zu Hause.«
    Rosanna zuckte mit den Achseln. »Papà trinkt ziemlich viel Brandy, hat schlechte Laune und brüllt mich und Luca die ganze Zeit an. Mamma ist ständig müde und muss sich immer wieder hinlegen.«
    »Dann hat sich also nicht viel geändert, was?« Carlotta schmunzelte.
    »Bis auf die Tatsache, dass du Mamma und Papà fehlst.«
    »Und sie fehlen mir, ich …« Carlotta traten Tränen in die Augen. »Tut mir leid, das macht die Schwangerschaft. Da hat man nah am Wasser gebaut. Luca hat nach wie vor keine Freundin?«
    »Nein. Aber er hätte auch keine Zeit dafür. Er steht ab acht Uhr morgens in der Küche und kommt erst spätabends wieder heraus.«
    »Ich begreife nicht, wie er das erträgt. Papà kommandiert ihn herum und zahlt ihm wenig. Ich an Lucas Stelle würde verschwinden und irgendwo anders ein neues Leben beginnen.«
    Rosanna sah sie entsetzt an. »Du glaubst doch nicht, dass er das tut, oder?«
    »Nein, Rosanna. Zum Glück für dich glaube ich das nicht«, antwortete Carlotta. »Unser Bruder ist ein ganz besonderer Mensch. Ich hoffe nur, dass er eines Tages das Glück findet, das er verdient.«
    Ende Mai brachte Carlotta eine Tochter zur Welt, und Rosanna suchte das Krankenhaus auf, um ihre kleine Nichte zu sehen.
    »Gott, ist sie hübsch, und so winzig. Darf ich sie mal halten?«, fragte Rosanna.
    Carlotta nickte. »Natürlich. Hier.«
    Rosanna nahm sie ihrer Schwester ab und wiegte sie. Dabei blickte sie in die dunklen Augen des Babys.
    »Dir sieht sie nicht ähnlich, Carlotta.«
    »Wem dann? Giulio? Mamma? Papà?«
    Rosanna betrachtete das Kind genauer. »Ich weiß es nicht. Hast du schon einen Namen?«
    »Sie soll Ella Maria heißen.«
    »Sehr schön.«
    »Ja.«
    Da betrat Giulio das Zimmer.
    »Wie geht es dir, cara ?«, erkundigte sich Giulio und küsste seine Frau.
    »Gut, danke, Giulio.«
    »Freut mich zu hören.« Giulio setzte sich auf die Bettkante und griff nach Carlottas Hand.
    Sie zog sie ihm weg. »Nimm doch mal deine Tochter in den Arm«, schlug sie vor.
    »Gern.« Giulio erhob sich.
    Als Rosanna ihm das Baby reichte, sah sie den verletzten Ausdruck in seinen dunklen Augen.
    Sobald sie wieder allein war, lehnte Carlotta sich zurück in die Kissen und starrte zur Decke hinauf. Sie hatte das Richtige getan, da war sie sich sicher. Nun hatte sie einen erfolgreichen Ehemann, eine reizende Tochter, und es war ihr gelungen, ihrer Familie und sich selbst keine Schande zu machen.
    Carlotta schaute in die Wiege. Ellas helle Haut stand in deutlichem Kontrast zu ihrem schwarzen Haarschopf.
    Carlotta wusste, dass sie bis zum Ende ihrer Tage mit ihrer Lüge leben musste.

MET
    NEW YORK
    Nun weißt Du also, wie ich Roberto Rossini kennenlernte und wie die Saat für die Zukunft gelegt wurde, Nico. Als Carlotta Giulio heiratete, war ich noch sehr jung und unbedarft und begriff nicht allzu viel von dem, was um mich herum geschah.
    In den folgenden fünf Jahren arbeitete ich hart an meiner Stimme. Ich schloss mich dem Kirchenchor an, der mir eine Erklärung dafür verschaffte, dass ich zu Hause so viel übte. Ich hatte Freude an den Stunden bei Luigi Vincenzi, und in dem Maße, wie ich selbst reifer wurde, reifte auch meine Leidenschaft für die Oper. Ich war mir absolut sicher, wie meine Zukunft aussehen würde.
    Die ganze Zeit über führte ich ein Doppelleben. Ich wusste, dass ich Mamma und Papà eines Tages in mein Geheimnis einweihen müsste, und konnte nur hoffen, dass ich den richtigen Augenblick erkennen würde. Bis dahin durfte ich nicht riskieren, dass sie mir verboten weiterzumachen.
    Ansonsten änderte sich wenig. Ich ging zur Schule und lernte eifrig Französisch und Englisch. Zweimal die Woche
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