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Das ist nicht wahr, oder?

Das ist nicht wahr, oder?

Titel: Das ist nicht wahr, oder?
Autoren: Jenny Lawson
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er gerade das Fell abzog. Er lächelte Hailey und mich unbefangen an, während er die Hände tief in den Taschen des Bocks vergraben hatte, als suche er nach seinen Schlüsseln. Wie sich herausstellte, haben Rehe gar keine Taschen und er hatte nur einen Handschuh in ihm verloren. Man rechnet mit so etwas, wenn man in Wall lebt, und ist deshalb auch nicht übermäßig überrascht, wenn ein fremder Mann der eigenen Vorschultochter munter zuruft, sie solle ihm doch helfen, »Mr. Rehbock auszuziehen, weil das wahnsinnig Spaß macht!« Und wenn er dann noch sagt, sie sollte sich doch an die Rehhaut hängen und hin und her schwingen, damit er sie runterbekommt, hat man, weil man damit gerechnet hast, schon eine Hand am Ärmel der Tochter, um sie zurückzuhalten. (Anmerkung für Auswärtige: Wenn der Gehilfe eines Tierpräparators sagt, etwas mache »wahnsinnig Spaß«, heißt das übersetzt: »Das kostet dich einige Tausender an Psychoanalyse und dein Kleid ist danach wahrscheinlich auch ruiniert.«) Ich persönlich nehme nicht gern an Tätigkeiten teil, an deren Ende ein Fremder mir anbietet, mit einem Schlauch das Blut von mir abzuspritzen. Das ist einfach so eine Abneigung von mir. Ich bin eben wählerisch. Wann hat mein Vater überhaupt einen Piraten als Gehilfen eingestellt? Das Ganze war schon ziemlich krank.
    Mein Dad, Essen für mehrere Wochen, irgendein Landstreicher/Cowboy/Pirat/Tierpräparator
    Lisa fand es auch ungewöhnlich, aber nicht unbedingt »krank« im engeren Sinn. »Nimm zu Beispiel gestern«, sagte sie. »Victor trat in diese Pfütze hinter dem Haus und schimpfte gleich los: ›Igitt, ist das die Jauchegrube?‹ Und ich: ›Was glaubst du denn, wo du bist? Beverly Hills? Das ist das Wasser, das vom Schädelauskochen übrig geblieben ist.‹ Er wurde grün im Gesicht, aber ich fand, er sollte es wissen. Im Vergleich damit sind Rehtaschen eher harmlos.«
    Sie hatte nicht unrecht, trotzdem fand ich das mit dem Reh gewöhnungsbedürftig. Hier ein Bild. Wer sich ekelt, muss selber wissen, ob er hinschaut.
    Ich weiß. Tut mir leid. Zu meiner Verteidigung sei gesagt, ich habe euch gewarnt.
    Jedenfalls rechne ich in einem Ort, der für Gürteltierrennen, Luchsurin-Sammlungen und von der Highschool durchgeführte Fruchtbarkeitsrituale mit Kühen bekannt ist, mit allen möglichen seltsamen Dingen, nur eins habe ich tatsächlich nicht erwartet: dass ich nämlich von einem Rudel wilder Hunde angegriffen werde. Und ja, vielleicht waren die Hunde weniger »wild« als »leicht erregbar«, und vielleicht wurde ich ja auch nicht von einem ganzen Rudel angegriffen, sondern von einem besonders schreckhaften Hund und von einem bissigen Hund. Ich kann aber auf jeden Fall sagen, dass der Hund, der mich gebissen hat, wahrscheinlich mit radioaktivem Spinnensaft verseucht war und dieselbetriebene Vampirzähne hatte. Und diamantharte Krallen. Außerdem war er zum Teil ein Bär und seine Schnurrhaare bestanden aus Skorpionen.
    Lisa lachte, deshalb holte ich mein Handy heraus und zeigte ihr die Bilder von mir am nächsten Tag, als ich aus dem Krankenhaus kam. Ich hatte zur Verdeutlichung des Dargestellten einige Worte hinzugefügt.
    »Scheiße Mann«, sagte Lisa. »Das sieht wirklich übel aus. Okay, ich entschuldige mich, weil ich wirklich dachte, du würdest übertreiben.«

    »Entschuldigung angenommen«, antwortete ich großzügig.
    »Wo bist du den Bestien eigentlich begegnet?«, fragte sie.
    »Hm«, meinte ich zögernd, »also
›Bestie‹
ist vielleicht zu stark.«
    Sie hob die Augenbrauen. »Ich höre.«
    Ich erzählte ihr also, Mom, Hailey und ich hätten Onkel Larry besucht, damit ich dessen neue Frau kennenlernen konnte, eine ganz reizende und bezaubernde Person und Besitzerin zweier riesiger Hunde.
    »Stimmt, die kenne ich«, sagte Lisa. »Goldig.«
    »Ja, man hat ihnen offenbar anerzogen, goldig
auszusehen
und wie verrückt mit dem Schwanz zu wedeln, wenn du kommst, damit du keinen Verdacht schöpfst und mit ihnen rausgehst, wo sie dich dann in Stücke reißen.«
    »
Theresas
Hunde haben dich angefallen?«, fragte Lisa ungläubig. »Sind das nicht Collies oder so was?«
    »Das sind
Tiere,
ganz buchstäblich«, versicherte ich ihr. Sie betrachtete skeptisch wieder die Bilder. »Nach dem Abendessen trug ich Hailey in den Garten, weil sie die Hunde sehen wollte. Es war stockdunkel, aber Onkel Larry wollte sie füttern, ich dachte also, sie wären abgelenkt und Hailey könnte sie in Ruhe ansehen. Aber dann sprang einer
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