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Das Isaac-Quartett

Das Isaac-Quartett

Titel: Das Isaac-Quartett
Autoren: Jerome Charyn
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der Fischer. »Trotz all deiner Cleverness warst du immer ein wenig zu lahm. Dermott gehörte mir und Ned O’Roarke.«
    Isaac stand zwei Zentimeter außerhalb des Wassers und seine Zehen sammelten Schlamm. Er hatte seinen Job von O’Roarke geerbt, dem alten First Deputy Commissioner. Er war Neds Zögling gewesen, ein vom Glauben abgefallener Jude unter all den Iren. Hatte O’Roarke Dermott hinter einem Knie versteckt, ohne Isaac davon zu erzählen?
    Coote grinste die eingefallene Gestalt von Isaac an. »Ned hat einen Yalie aus ihm gemacht. Es wurde ein wenig eng mit Dermott der Stadt. Also päppelten wir den Burschen in New Haven auf. Was für ein kleiner Gentleman. Wir haben ihn stehlen lassen. Er konnte seine eigenen Bücher führen. Wir haben ihn mit Arthur Greer die Niggernutten laufen lassen.«
    »Und als O’Roarke starb, hast du deine Finger in den Topf gesteckt … und ein hübsches Sümmchen rausgezogen.«
    »Wolltest du vielleicht, dass ich den Rest meines Lebens Kaugummi kaue? Der König war mein Geschöpf. Sag mir einen Grund, warum ich nicht von ihm profitieren sollte? Er und der Nigger mussten doch Millionäre gewesen sein. Jungs von dreißig Jahren, die Hunderttausende in der Tasche haben. Und dann nimmt er sich die kleine Verkäuferin Annie erst zur Mätresse und dann zur Frau. Ich verfrachte ihn nach Dublin, weil Mangen sich auf uns einschießt, und er vernachlässigt das Geschäft wegen dieser Annie Powell. Das muss man sich mal vorstellen, kriegt wegen einer dummen Schlampe, die nichts weiter als eine Nutte ist, das Jucken, wo er jede Frau der Welt haben konnte. Bei seiner Ausbildung, bei dem vielen Geld und seinen Zigeuneraugen.«
    »Annie«, sagte Isaac, »was hast du mit Annie Powell gemacht?«
    »Mein Gott, das Mädchen hat mein Gesicht gesehen … Ich konnte die Nutte doch nicht auf der Straße rumlaufen lassen, wo überall Mangens Schmeißfliegen rumrannten. Ich hab einen Burschen mit Taxi bezahlt, ihr aufs Dach zu steigen …«
    Isaacs Zehen ragten ins Wasser. Coote war kein Blödmann. Er konnte die Wut spüren, die über Isaac kam. Die Stirn des Commish schwoll an wie eine vergammelte Melone mit Beulen. »Mutter Gottes«, sagte der Fischer. »Du hast dich doch wohl nicht in diese Nutte verknallt, oder?«
    Er hob seinen Knüppel. Das sollte Isaac eine Warnung sein. Bleib aus dem Wasser. Aber Isaac stürmte auf ihn los. Der Knüppel landete auf Isaacs Nacken. Er spürte ein Knirschen im Schulterblatt. Sein Kopf ruckte nach unten. Aber er konnte den verdammten Schlag abschütteln. Der Knüppel sauste an Isaacs Ohr vorbei. Der alte Mann war zu eifrig gewesen. Er hatte seine Chance vertan, dem Commish den Schädel einzuschlagen. Isaac schlug den Knüppel beiseite. Er packte den alten Mann an den Haaren und drückte seinen Kopf in den gelben See. Er hielt ihn dort gnadenlos fest, drückte ihm seinen Ellbogen zwischen die Schulterblätter. Luftblasen stiegen um Isaacs Faust auf. Cootes Arme zuckten unter Wasser. Dann wurde der alte Mann still, Isaac überließ Cootes Leiche den Lachsen und den Karpfen. Drüben im Haus rührte sich nichts, soweit er erkennen konnte. Über den Kaminen hing nur eine einzige lausige Rauchfahne.
    Isaac trat aus dem Wasser. Seine Schultern buckelten sich hoch. Cootes alte Männer hätten ihm die Nase aus dem Gesicht reißen können. Aber niemand rannte hinter Isaac her. Er trampelte los, bis er bei seinem kleinen französischen Auto angekommen war. Dann murmelte er ein Dankgebet an die Iren. Gott segne all diese kleinen Autos mit dem Lenkrad auf der rechten Seite. Dann verließ er Screeb.
30
    Er ging durch die Zollschranke auf dem Kennedy Airport. Wo waren die Jungs mit den Handschellen und dem Haftbefehl? Niemand rührte den Commish an. Es war ein gutes Jahr für Mord. Sie ließen einen heutzutage alte Männer im Wasser ersäufen.
    Der Commish rief seinen Chauffeur an. »Christianson, ich bin’s. Schmeiß die Sirene an. Ich erwarte dich in achtzehn Minuten vor Aer Lingus.«
    Christianson enttäuschte seinen Chef nicht. Bevor er noch kalte Hände hatte, saß Isaac schon in seinem Büro in der One Police Plaza. An seiner Telefonanlage leuchtete ein Knopf auf. Es war die Hotline des Bürgermeisters. Isaac hätte den Knopf auch Tag und Nacht vor sich hinglimmen lassen können. Er hämmerte auf die Anlage und knurrte in den Hörer. »Sidel hier.«
    »Jungchen, wie geht’s dir?«
    »Super«, sagte er.
    »Hast du schon das Neueste gehört? McNeill ist von uns gegangen.
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