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Das Hiroshima-Tor

Titel: Das Hiroshima-Tor
Autoren: dtv
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den größten Teil seines Lichts. Im Dunkeln war der schwarze Taucheranzug kaum zu erkennen; die Tasche
     in der Hand des Froschmanns sah man fast nicht.
    Der Taucher wurde von Dick Novak, dem Leiter der Operation, |12| erwartet. Novak war bereits am späten Nachmittag der Frau hinterhergesprungen. Er wechselte einige Sätze in amerikanischem
     Englisch mit dem Taucher, dann nahm er die Handtasche in Empfang.
    Weitere Froschmänner stiegen aus dem Fluss, im Abstand von einigen Minuten, mit Handlampen, Metalldetektoren und anderen Suchgeräten
     ausgerüstet. Die schwarzen, glänzenden Gestalten verschwanden in einem Mercedes-Kleinbus, der zwanzig Meter weiter am Quai
     d’Anjou abgestellt war, hinter einem mit Graffiti beschmierten Wartungsgebäude der Wasserwerke.
    Novak saß schon im Wagen und hielt die Tasche fest auf dem Schoß. Der fünfzigjährige Mann trug das schwarze Haar in der Mitte
     gescheitelt, sein Gesicht war von alten Aknenarben zerklüftet, tiefe Falten hatten sich ihm um Augen und Mund gelegt, Spuren
     vorzeitigen Alterns. Dennoch wetteiferten Züge der Jugend und des Alters in Novaks ganzer Erscheinung. Die Taucher setzten
     sich auf ihre Plätze, nahmen ihre Maschinenpistolen und legten sie auf die Knie.
    Einen Begriff wie »überdimensionierte Sicherheitsmaßnahme« gab es bei dieser Operation nicht.
     
    Kim Jørgensen, ein blond gelockter Mann um die dreißig, beobachtete vom Steuer seines Peugeots aus den Kleinbus der Amerikaner,
     der vom Quai d’Anjou in Richtung Brücke losfuhr.
    »Carla, siehst du sie?«, sprach er ins Funkgerät.
    »
Ja
«, antwortete eine feste Frauenstimme. »
Sie fahren wahrscheinlich nach Süden   ...«
    »Lass sie nicht aus den Augen. Ich hänge mich bei der Metrostation dran.«
    Mit einer raschen Geste wischte sich Jørgensen eine schweißnasse Locke aus dem Gesicht. Er war überrascht gewesen, mit welcher
     Stärke die Amerikaner angerückt waren, und hatte davon absehen müssen, am Ufer zuzuschlagen. Jetzt waren härtere Maßnahmen
     nötig.
     
    |13| Carla, eine große Frau mit afrokaribischem Aussehen, legte das Funkgerät in den Schoß, nachdem sie Jørgensens Anweisungen
     erhalten hatte. Sie folgte in ihrer Fiat-Limousine dem Mercedes-Bus mit den Tauchern, dicht genug, um ihnen auf den Fersen
     zu blieben, aber mit genügend Abstand, um keinen Verdacht zu erregen. Straßenlampen und Lichtreklamen bildeten leuchtende
     Flecken hinter dem Nebelschleier. Jetzt, in den frühen Morgenstunden, hatte der Verkehr nachgelassen.
    Auf der Höhe der Metrostation wurde Carla von Jørgensen überholt. Eigentlich wären vier Fahrzeuge für die Verfolgung nötig
     gewesen, aber sie mussten sich nun mit zweien zufrieden geben. Nach einem knappen Kilometer setzte sich Carla wieder hinter
     den Kleinbus.
    Über Funk gab Jørgensen Anweisungen, die keine Missverständnisse aufkommen ließen. Sobald die Amerikaner ihr Ziel erreicht
     hatten, wäre alles vorbei: Offenbar steuerten sie den Flughafen Orly an. Daher musste der Zugriff noch während der Fahrt erfolgen.
    Carla blickte auf die Karte. Ihre Lippen waren sorgfältig rot geschminkt, ebenso die Fingernägel, die nervös auf das Lenkrad
     trommelten. Das krause Haar trug sie ganz kurz.
    »Zugriff an der Kreuzung Caillaux   – Choisy.«
    Jørgensens Stimme klang angespannt. Carla trat aufs Gas und überholte ruhig den Kleinbus. Mit einem Blick in den Rückspiegel
     kehrte sie auf die rechte Spur zurück und beschleunigte noch einmal kräftig. Die Froschmänner hielten sich an die Geschwindigkeitsbeschränkung
     und blieben immer weiter hinter ihr zurück.
    Südlich von Paris war der Nebel weniger dicht. In forschem Tempo fuhr Carla durch die Ortschaft Vaugirard. Danach führte die
     Straße durch einen Buchenwald. Verkehrsschilder warnten vor Rehen.
    Plötzlich ging es scharf rechts nach Caillaux ab. Carla fuhr gleich nach der Kreuzung wieder nach rechts, auf das Grundstück
     eines Geschäfts für Kamine. Mit pochendem Herzen wischte sie sich die schweißnassen Hände an den Oberschenkeln ab. Dann |14| wendete sie den Wagen. Rollsplit spritzte auf, als sie wieder auf die Seitenstraße fuhr und nach links schaute. Zwischen den
     geraden, im unteren Teil fast astlosen Baumstämmen blinkten die Scheinwerfer des näher kommenden Kleinbusses auf.
    »Fertig«, sagte sie ins Funkgerät und legte es auf den Beifahrersitz. Sie spürte, wie die Anspannung ihr auf den Magen drückte.
    Sie umklammerte fest das Lenkrad. Der Kleinbus
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