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Das Hexen-Amulett (German Edition)

Das Hexen-Amulett (German Edition)

Titel: Das Hexen-Amulett (German Edition)
Autoren: Susannah Kells
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Vaters, war aber sehr viel weniger markant, und es schien, dass sogar seine Knochen weich und formbar waren. Er hatte volle, feuchte Lippen, über die er häufig mit der Zunge fuhr. Die Nasenlöcher waren zwei große, dunkle Höhlen, aus denen schwarze Haare wucherten. Die Hässlichkeit dieses Mannes wurde durch das kurz geschorene, dunkle Haupthaar noch betont.
    Offenbar war er darauf aus, zu gefallen. Er hörte dem Gastgeber aufmerksam zu, der sich in seiner unwirschen Art über das Wetter ausließ und die Erträge der Ernte einzuschätzen versuchte. Campion sagte nichts. Ebenezer, auf dessen Wangen sogar dann, wenn er sich frisch rasiert hatte, ein dunkler Schatten lag, erkundigte sich bei Bruder Scammell nach dessen Geschäften.
    «Ich baue Schiffe. Natürlich nicht mit eigener Hand, sondern mit Hilfe der Männer, die bei mir angestellt sind.»
    «Hochseetaugliche Schiffe?», fragte Ebenezer, der es immer ganz genau wissen wollte.
    «Nein, das nun wirklich nicht.» Scammell lachte wie über einen gelungenen Witz. Auf seinen Lippen klebten Krümel der Fleischpastete, so auch auf den Revers seines schwarzen Überrocks. Auf dem weißen Kragen mit den zwei Quasten hatten sich Fettflecke gebildet. «Ich baue Kähne für Flussschiffer.»
    Campion sagte immer noch nichts. Ebenezer warf ihr einen ungehaltenen Blick zu und beugte sich dann vor. «Kähne für Flussschiffer?»
    Scammell legte eine Hand auf seinen Bauch, riss seine kleinen Augen auf und versuchte – vergeblich – ein Aufstoßen zu unterdrücken. «Jawohl. Für uns in London ist die Themse der Hauptverkehrsweg.» Er richtete sein Wort an Campion. «Die Flussschiffer befördern Frachten und Passagiere, und wir bauen ihnen die Boote. Zu unseren Kunden zählen allerdings auch die großen Häuser.» Er lächelte Matthew Slythe zu. «So haben wir zum Beispiel für den Herzog von Essex ein Schiff gebaut.»
    Matthew Slythe grunzte. Dass Samuel Scammell Geschäfte mit dem General der Parlamentstruppen unterhielt, schien ihn nicht sonderlich zu beeindrucken.
    Es wurde still, und für eine Weile war nur das Klappern von Scammells Besteck zu hören. Campion schob das zähe Hühnerfleisch an den Tellerrand und versteckte es unter einem Teil der trockenen Pastetenkruste. Um nicht unhöflich zu sein, beteiligte sie sich am Gespräch. «Habt Ihr auch ein eigenes Boot, Mr   Scammell?»
    «Aber ja, durchaus.» Ihre Frage schien ihn zu amüsieren. Er lachte und zeigte dabei den zerkauten Inhalt seines Mundes. «Mit meinen Fähigkeiten als Seemann ist es allerdings, so fürchte ich, nicht sehr weit her, Miss Slythe. Wirklich und wahrhaftig nicht. Sooft ich aufs Wasser muss, spreche ich die Worte unseres Heilands, mit denen er die Wogen geglättet hat.» Offenbar wollte er seine Bemerkung als Scherz verstanden wissen, denn er schnaubte vor Lachen.
    Campion lächelte pflichtschuldig. Ihr Bruder scharrte mit den Füßen.
    Matthew Slythe ließ seinen Blick von Campion zu Scammell wandern, und auf seinem strengen Gesicht zeigte sich der Anflug eines Lächelns. Campion kannte dieses Lächeln, das sie stets mit Grausamkeit in Verbindung brachte. Ihr Vater war ein grausamer Mann, hielt seine Grausamkeit aber für einen Akt der Barmherzigkeit, weil er davon überzeugt war, dass auf ein Kind Zwang ausgeübt werden musste, damit es Gottes Gnade erfahre.
    Peinlich berührt von der Stille, die wieder eingesetzt hatte, wandte sich Matthew Slythe dem Gast zu. «Wie ich höre, erfreut sich die Stadt göttlichen Segens, Bruder.»
    «Wirklich und wahrhaftig.» Scammell nickte eifrig. «Der Herr vollbringt an London große Werke, Miss Slythe», sagte er, wieder an Campion gewandt. Campion täuschte Interesse vor, als er davon berichtete, was sich seit der Abdankung des Königs in der Hauptstadt zugetragen hatte, die nun das rebellische Parlament regierte. Der Sabbat, so sagte er, werde ordnungsgemäß eingehalten, die Spielhäuser seien geschlossen worden, ebenso wie alle Lustgärten und das Bärengehege. «Für den Herrn unseren Gott reift eine große Ernte geläuterter Seelen heran», frohlockte Scammell.
    «Amen», sagte Matthew Slythe.
    «Gelobt sei der Name des Herrn», ergänzte Ebenezer.
    «Und alles Übel wird mit Stumpf und Stiel ausgerottet!» Scammell hob die Augenbrauen, um seinen Worten zusätzliches Gewicht zu verleihen. Er kam auf zwei römisch-katholische Priester zu sprechen, die heimlich vom europäischen Festland nach London gereist waren, um dort der kleinen, im Verborgenen
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