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Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)
Autoren: Tim Akers
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Bein, die auf den Laufsteg herausragten. Leise ging ich näher und wirbelte mit der Pistole auf Schulterhöhe im Anschlag um die Ecke. Es war Marcus.
    Er saß zusammengesunken auf dem Boden, eingekeilt zwischen zwei Trägern der darüberliegenden Auftriebskammern. Mit einer Hand umklammerte er matt eine Pistole, mit der anderen hielt er seine Gedärme zusammen. Zwischen seinen Fingern lugte ein breiter Schlitz in seinem Bauch hervor. Sein Gesicht war weiß, seine Augen wirkten fiebrig und trüb.
    »Ich sterbe nicht«, murmelte er, gerade laut genug, um hörbar zu sein. »Ich sterbe einfach nicht.«
    Ich trat beiläufig die Pistole aus seiner Hand und hielt ihm meine Waffe vors Gesicht. »Doch, ich glaube, das wirst du.«
    Sein Blick wurde schärfer, als hätte er mich bis zu diesem Moment gar nicht bemerkt. Er war übel zugerichtet, zitterte und schwitzte. Mit einer Hand berührte er die Pistole, zaghaft wie ein Kind in einem Traum.
    »Ich dachte, ich wäre frei. Auf dem Schiff. Aber er ist mir gefolgt. Hab ihn auf dem Deck gesehen. Bin weggerannt. Im Durchgang hab ich ihn niedergeschlagen. Hab ihn verwundet.«
    »Du meinst den Kapitän? Den hast du niedergeschlagen, Mann. Sonst niemanden.«
    Marcus kicherte und spuckte Blut. »Später. Das war später. Aber es hat nicht gereicht. Er stand immer wieder auf, also bin ich geflüchtet. Hab das Schiff umgebracht und versucht, auszusteigen. Nur kam er vor mir bei den Schwebebooten an.« Schaudernd sank er noch weiter in sich zusammen und fuhr sich mit der Hand ans Gesicht. »Tja.«
    »Wer? Der Kerl, der den Kapitän getötet hat? Ist er in eines der Schwebeboote gestiegen? Ist es so gewesen?«
    »Nein, Mann. Die Boote waren leer. Er hat sie nur aus den Verankerungen gelöst. Ich wollte dasselbe tun, um sicherzustellen, dass er mir nicht folgen kann.« Marcus konzentrierte sich wieder auf mich, sah mich vielleicht zum ersten Mal als etwas anderes als einen Traum. »Du bist Pilot? Ich kenne dich.«
    »Ja«, bestätigte ich. »Tust du.«
    Er griff in seinen Mantel, und ich drückte ihm den Lauf der Pistole an die Stirn. Er schenkte dem Metall keine Beachtung und holte etwas Rundes, Glänzendes hervor. Marcus drückte es mir in die freie Hand und lächelte blutig.
    »Jacob, richtig? Nimm das. Bring es in die Stadt.«
    »Klar«, erwiderte ich und betrachtete den Gegenstand. Es war das komplizierteste Mechagen, das ich je gesehen hatte. Details waren schwierig zu erkennen, aber es hatte etwa die Größe meiner Handfläche und schien in sich selbst zu rotieren, Kreisbahnen innerhalb von Kreisbahnen, Zahnräder, die wunderschön in andere Zahnräder griffen und sie umrundeten. Marcus hustete, und ich schaute auf, steckte das Mechagen in die Innentasche meiner Jacke. »Sobald wir landen, bringe ich es in die Stadt. Also, was ist passiert? Hast du unseren Kapitän umgebracht?«
    Marcus schloss die Augen, ballte die Hände zu Fäusten und begann zu schluchzen. Er sackte in sich selbst zusammen wie ein Berg mit einem hohlen Kern. »Alle. Ich habe alle umgebracht.«
    »In Ordnung. Schon gut. Ich kümmere mich darum.« Dann erschoss ich ihn, verpasste ihm eine Kugel direkt zwischen die Augen.
    »Wer war das?«
    Ich schwenkte die Pistole herum, bevor ich sie sinken ließ. Higgins stand mit erhobenen Händen etwa drei Meter hinter mir. Als er sah, dass ich nicht auf ihn schießen würde, nickte er in Marcus’ Richtung. »War er das? Hat er es getan?«
    »Sicher.« Ich spähte an Higgins vorbei. Passagiere strömten aus dem Evakuierungsgang, taumelten in ihren feinen Kleidern den Laufsteg entlang und starrten mit ausdruckslosen Blicken auf die Verankerungen, wo sich die Schwebeboote befinden sollten. »Was machen die hier?«
    Higgins schaute zurück und zuckte mit den Schultern. »Wir dachten, hier draußen hätten sie vielleicht eine Chance, vom Wrack wegzuschwimmen. Vielleicht.« Er drehte sich mir zu, ging an mir vorbei und stellte sich an die Reling. Ich blieb neben Marcus’ regloser Gestalt auf den Knien. Higgins nickte in Richtung der breiten weißen Wand des Wasserfalls, die immer näher rückte.
    »Glaubst du, wir kommen daran vorbei?«
    »Nein«, antwortete ich – und dann taten wir es doch.
    Aus dem Wasserfall wurde freier Himmel, das Tosen blieb zurück und wurde von den Lichtern Veridons ersetzt. Nachts sah die Stadt wie der juwelenbesetzte, beiläufig fallen gelassene Umhang eines Riesen aus, erstreckte sich in Wellen aus Straßen und Mauern aus behauenem Stein vom Fluss
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