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Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz von Veridon: Roman (German Edition)
Autoren: Tim Akers
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in dem winzigen Raum am Fuß der Leiter um. Unmittelbar neben der Evakuierungstür befand sich ein noch verriegelter Notfallkasten. Ich deutete darauf. »Aufschließen.«
    »Warum?«
    »Weil es mir eure Besatzung nicht erlauben wollte, eine Pistole mit an Bord zu bringen.«
    Obermaat Higgins zögerte. Seine Hand ruhte nach wie vor auf der Brust des toten Fähnrichs. »Ich sollte die Waffe nehmen. Es ist meine Verantwortung, den Kapitän zu beschützen.«
    »Sicher«, erwiderte ich und zeigte auf die Leiche zu seinen Füßen. »Und davor war es seine Verantwortung. Glaubst du, dass du der Aufgabe gewachsen bist?«
    Er schaute zu dem Toten und dessen verheertem Gesicht hinab. Dann schloss er kurz die Augen, ehe er dazu ansetzte, den Notfallkasten zu öffnen. Ich ergriff die Arme des Fähnrichs und schleifte ihn von den Sprossen weg. Seine Brust rumorte wie ein Sack voll Murmeln, als er über den Boden glitt. Higgins schluchzte erschrocken, ohne sich umzudrehen. Seine Hände zitterten, als er das Schloss des Notfallkastens entriegelte. Kaum war dieser offen, reichte er mir den Dienstrevolver und die Schachtel mit Reservemunition, dann lehnte er sich gegen die Metallwand.
    »Folg mir nach oben.« Ich steckte die Munition ein. »Ich brauche jemanden, der sich für mich verbürgt, falls ich Sicherheitspersonal über den Weg laufe.«
    »Ich glaube nicht, dass das passieren wird«, meinte er.
    »Ja. Ich auch nicht.«
    Er nickte knapp, ohne den Toten zu seinen Füßen anzusehen. Ich vergewisserte mich, dass der Revolver gut gewartet worden war, drehte die Trommel und spähte den Lauf entlang. Die Waffe befand sich in tadellosem Zustand. Griff und Zylinder waren in glänzendem Messing mit dem Stadtsiegel und dem Wappen der Pracht des Tages graviert. Ich steckte mir den Revolver in den Gürtel, sprang auf die Leiter und begann den langen Aufstieg zur Primärkammer. Hinter mir hörte ich, wie Higgins mir langsam folgte.
    Die Sprossen erwiesen sich als glitschig vor Blut, einer entsetzlichen Menge davon. Auch die Wände waren damit beschmiert. Es war, als kröche man über den Boden einer Schlachterei. Auf halbem Weg nach oben hielt ich an einer Tür inne. Sie war unverschlossen. Die Leiter verlief weiter nach oben, vermutlich zur Primärkammer.
    »Führt die Tür hier zum offenen Deck?«, rief ich zu Higgins hinunter.
    »Ja. Das ist der Hauptzugang, obwohl es natürlich noch andere Wege gibt.«
    »Die Tür ist offen.«
    »Sollte sie nicht sein. Sie sollte immer verriegelt sein, es sei denn, wir müssen evakuieren.«
    »Müssen wir ja«, erinnerte ich ihn. »Hat sie vielleicht bereits jemand aufgeschlossen?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Kann sein.«
    Ich betrachtete die blutfleckigen Wände des Aufstiegsschachts. Die Plattform zur Primärkammer war nicht mehr weit entfernt. Kontrolle über das Schiff wiederherstellen, überlegte ich, oder herausfinden, weshalb die Tür offen war und was sich dahinter befand. Beides konnte ich nicht tun. Die Entscheidung wurde mir abgenommen. Am Kopf der Leiter befand sich ein Sprechkanal. Die Klappen schwangen auf, und die Stimme des Kapitäns ertönte.
    »Aufprall«, verkündete er stöhnend.
    Ein durchdringendes Kreischen erklang, als Metall und Holz über ihre Belastungsgrenzen beansprucht wurden, und das gesamte Schiff neigte sich träge nach vorne. Ich wurde erst gegen die Wand, dann gegen die Leiter geschleudert, an der ich mich festklammerte, als das Schiff begann, sich spiralförmig emporzuschrauben. Higgins schrie unter mir auf. Seine Füße verhakten sich an den Sprossen, als er rückwärtskippte. Nur das bewahrte ihn davor, abzustürzen. Seine Knie umschlangen eine Sprosse, während er mit dem Kopf nach unten hing und ihm Blut aus dem Mund lief.
    »Wir sind gegen den Wasserfall geprallt!«, sprudelte er aufgeregt hervor. »Wir sind gegen den verfluchten Wasserfall geprallt!«
    »So ist es«, gab ich zurück. Über uns ächzte nach wie vor Holz, und überbeanspruchte Spieren knackten. Die Auftriebskammern würden in sich zusammenfallen, der Auftrieb zum Erliegen kommen. Keine Zeit, um Geheimnisse zu lüften. Die Kontrolle musste wiederhergestellt werden, sonst würde das gesamte Luftschiff abstürzen. Ich kletterte weiter zur Primärkammer.
    Die Plattform vor der Kabine präsentierte sich nass vor Blut. Ich stieß auf eine weitere Leiche – der andere Wächter. Seine Brust war aufgerissen worden, die Rippen lugten hervor. Er lag mit dem Gesicht zur Tür der Kammer auf dem Rücken,
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