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Das Herz der Puppe

Das Herz der Puppe

Titel: Das Herz der Puppe
Autoren: Carl Hanser Verlag
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stank. Er roch eigentlich sehr angenehm. Am Samstagmorgen telefonierten die beiden Mütter, und am Nachmittag durfte Nina zu ihm gehen.
    »Ich will mit«, sagte Widu.
    »Das ist aber ein Junge, und bestimmt kann er mit Puppen nichts anfangen«, erklärte Nina.
    »Das macht nichts, ich will dich trotzdem begleiten.«
     
    Als Nina klingelte, öffnete Fabians Mutter die Tür. Sie war eine zierliche, freundliche Frau.
    Fabian war in seinem Zimmer und beachtete Widu überhaupt nicht. Hier, bei sich zu Hause, war er wie ausgewechselt, ein ganz anderer Junge, frech und laut. Widu merkte das sofort, und es gefiel ihr gar nicht.
    »Das soll ein schüchterner Junge sein?«, meckerte sie.
    »Du musst unbedingt meine Wildwest-City sehen«, sagte Fabian stolz.
    Er hatte sie zusammen mit seinem Vater gebastelt. Nicht das mickrige Zeug, das die Eltern der anderen Kinder im Kaufhaus kaufen konnten, sondern eine ganze lange Straße aus Holz, glas, Draht und starkem Karton. Fabian selbst hatte alles schön angemalt und die Schilder beschriftet. Es gab ein Hotel und einen beleuchteten Saloon mit abnehmbarem Dach. Als Fabian es hochhob, sah man eine Schlägerei an der Bar. Die Figuren hatte Fabians Vater aus Amerika mitgebracht. Sie wirkten so echt, dass man die kaputten gelben Zähne der lachenden Banditen sehen konnte. Es gab auch ein Haus für den Sheriff, der auf der Veranda in seinem Schaukelstuhl saß. Office stand über der Tür, und daneben hing ein Plakat mit dem Bild eines gesuchten Revolverhelden.
    »Das Office ist das Büro des Sheriffs, und im selben Haus ist das gefängnis«, erklärte Fabian. »Da, hinter dem vergitterten Fenster. Und pass auf, gleich passiert was wie in den Wildwestfilmen!«
    Er band einen Faden ans Fenstergitter und befestigte ihn dann an einem kleinen Pferd aus Kunststoff.
    »Jetzt kommen die Freunde und befreien den Helden, einen unschuldigen Indianer«, fuhr er fort. Dann zog er an dem Pferd, und ein Stück Mauer samt Fenster flog aus dem Sheriff-Haus. Drinnen in der gefängniszelle stand ein Indianer und lachte.
    »Diese albernen Männchen sind dauernd am Lachen, sogar im gefängnis!«, giftete Widu.
    Erst als Fabian das Stück Mauer mit dem Fenster wieder einpasste, merkte Nina, dass es beweglich und nicht erst jetzt herausgebrochen war.
    »Es war meine Idee, und Papa hat es gebastelt. Das war ziemlich schwierig, kann ich dir sagen.«
    Nina fand den Wilden Westen nicht so aufregend, aber schön gebastelt war das alles, das musste sie zugeben. Widu dagegen gähnte, als hätte sie in ihrem ganzen Leben nichts Langweiligeres gesehen. Sie interessierte sich nämlich viel mehr für Fabians Meerschweinchen. Den netten runden Kerl in seinem kleinen Stall mochte sie lieber als alle Wildwesthelden zusammen. Das Meerschweinchen musterte die Puppe neugierig mit seinen Knopfaugen. Es schien sie sogar anzulächeln.
     
     
     
    »Und jetzt kommt die Sensation«, sagte Fabian.
    Er drückte auf einen Knopf, und auf dem kleinen Platz hinter dem Saloon drehte sich ein Bratspieß mit einem ganzen Ochsen. Ein rotes Lämpchen täuschte mehr schlecht als recht ein Feuer vor.
    »Hm, das riecht so lecker, dass man am liebsten reinbeißen möchte! Der Ochse schmeckt bestimmt so knusprig wie ein grillhähnchen«, rief Fabian und schmatzte dabei, als hätte er Fleisch zwischen den Zähnen.
    Nina machte sich nicht viel aus grillhähnchen, und einen ganzen Ochsen am Spieß fand sie ein bisschen unappetitlich, aber bevor sie es sagen konnte, war Fabian schon bei seinen Rennautos.
    »Und das ist meine Autorennbahn«, sagte er und merkte gar nicht, dass Nina sich überhaupt nicht für Autos interessierte. genauso wenig wie für Fabians tollen lenkbaren Kran. Und seine sechs Knallpistolen waren ihr mindestens so egal wie die Wappen der Fußballvereine, für die Fabian schwärmte. Als er ihr auch noch die Werkstatt seines Vaters zeigen wollte, sagte sie: »Ich will nach Hause.«
    »Das war dein erster vernünftiger Satz, seit wir an seiner Tür geklingelt haben«, raunte Widu ihr bissig zu. Sie hätte das Meerschweinchen gern näher kennengelernt, aber dass sie nach Hause gingen, war ihr fast noch lieber.
    »Nächstes Mal kannst du allein zu dem geschwätzigen Cowboy gehen«, sagte Widu beim Abendessen.
    Nina aber wollte da überhaupt nie wieder hin.

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