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Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)

Titel: Das Herz der Feuerinsel: Roman (German Edition)
Autoren: Nicole C. Vosseler
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niedergelassen hatten, hatte Floortje die Schuhe abgestreift und die Knie angezogen, einmal mehr einer Katze ähnelnd, die sich auf den Polstern zusammenrollte. Es schien ihr gleich zu sein, dass sich dabei die Rüschensäume ihres elfenbeinhellen, mit blauen Streublumen bedruckten Sommerkleides und des Unterrocks hochschoben und ihre weißbestrumpften Beine bis weit über die Knöchel enthüllten.
    Den vier Rekruten aus dem Koloniaal Werfdepot in Harderwijk war dieser Anblick indes keineswegs gleichgültig. So jung, dass sie noch lange keine Männer waren, trotz schmucker Uniform und sorgfältig getrimmter Bärte kaum mehr als milchgesichtige Burschen, drückten sie sich in einigem Abstand an der Reling herum, rauchten, tuschelten und starrten unverhohlen herüber. Ab und zu war ein gedämpftes Lachen zu hören, gleichermaßen wissend wie verlegen, und jedes Mal reckten die Rekruten sogleich die Hälse und sahen sich verstohlen um, ob nicht einer der mitreisenden Offiziere an ihrem Benehmen Anstoß nahm.
    Major Rosendaal, dem die vier jungen Männer während der Überfahrt unterstellt waren, schien darin jedoch keinen Grund für eine Rüge zu sehen, noch nicht einmal für einen strengen Blick. Die Hände auf dem Rücken seines schwarzblauen Uniformrocks ineinandergelegt, marschierte er gemessenen Schrittes auf dem Deck auf und ab, die Augen gedankenvoll auf die Planken unter seinen blank polierten Schuhen gerichtet. Wann immer ihn sein Weg an dem Liegestuhl vorbeiführte, in dem Fräulein Dreessen schlummerte, hob sich sein Blick und wanderte mit sichtlichem Wohlgefallen über ihre Fesseln und Waden, über die Falten ihrer Röcke hinweg die schmale Taille hinauf, streifte einen Wimpernschlag lang ihren Brustkorb, der sich unter dem züchtigen spitzengesäumten Ausschnitt hob und wieder senkte, und blieb dann auf ihrem Gesicht haften. Bis seine Augen aufwärts zuckten, als wäre ihm urplötzlich etwas eingefallen, und er über Jacobinas kleinen Strohhut hinweg zu seiner Gattin spähte, die sich mit ihrer Schwester unter das Schattendach zurückgezogen hatte. Jedes Mal strich sich der Major dann rasch über seinen Bart und gab einen kaum hörbaren Laut von sich, der ebenso gut ein Räuspern sein konnte wie ein Seufzen oder auch nur ein besonders tiefer Atemzug, bevor er seinen Weg über das Deck fortsetzte.
    Wie hingegossen wirkte Floortje in ihrem Liegestuhl, einen träumerischen Ausdruck auf den feinen Zügen. Ihr leicht geöffneter Mund schien nur darauf zu warten, dass man sie wachküsste, und wie sich die geschwungenen Lippen ein wenig aufwarfen, sah es fast so aus, als schmollte sie, weil es bislang noch niemand gewagt hatte. Unter dem dünnen Stoff des Sommerkleids zeichneten sich verlockende Rundungen ab, und gerade jetzt, im Schlaf, verlieh ihr das an der Spitze himmelwärts gerichtete Näschen etwas Vorwitziges, Kokettes.
    In der Gegenwart von Mädchen und Frauen wie Floortje, an denen alles klein und zart, weich und süß war, hatte Jacobina sich von jeher unwohl gefühlt. Daneben kam sie sich noch größer vor, als sie es ohnehin schon war. Grobschlächtig beinahe, obwohl sie doch so schlank war. Zu schlank, denn keinem noch so raffinierten und stramm sitzenden Korsett, keiner noch so ausgeklügelten Mogelei der Schneiderin war es je gelungen, für Jacobinas Figur wenigstens eine Illusion wohlgeformter Weiblichkeit herbeizuzaubern. An Jacobina war alles zu sehr : die Linien ihres Gesichts zu herb, beinahe hart, der Mund zu breit und die Nase eine Spur zu kräftig; ihre Gestalt zu lang aufgeschossen, zu mager, zu kantig. Allenfalls ihre Augen, groß und klar, hätte sie schön finden können, wäre deren Farbe nicht so fade gewesen, so nüchtern. Selbst die Andeutung eines Grübchens in ihrem Kinn, die gleiche, die sich an Henrik so überaus gewinnend ausnahm, vermochte nicht den Eindruck von Strenge zu mildern, den Jacobina van der Beek unweigerlich vermittelte. Den einer gewissen Freudlosigkeit und einer Kälte, die zum Kern ihres Wesens zu gehören schienen.
    »… bin natürlich kein Mann vom Fach …« Der Wind trieb Satzfetzen in der sonoren Tonlage von Leutnant Teuniszen herüber, der in Herrn Aarens einen aufmerksamen Zuhörer gefunden hatte. »… der Boden des Preanger besonders geeignet für Tee …«
    Floortjes Unterlippe zuckte, ihre Lider zitterten, und hastig senkte Jacobina den Blick auf das Buch in ihren Händen, beobachtete dabei aus den Augenwinkeln aber weiter Floortje, die die Beine von
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