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Das Haus in den Wolken

Titel: Das Haus in den Wolken
Autoren: Judith Lennox
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so weitergeht.«
    Sie war sehr müde. Es war ein langer Tag gewesen. Sie würde zeitig zu Bett gehen, sagte sie sich, und gleich morgen früh nach Cornwall zurückfahren.
    Plötzlich lächelte er. »Erinnerst du dich an die Geschenke, die ich dir geschickt habe, nachdem ich dir den ersten Heiratsantrag gemacht hatte? Es war ein junger Hund dabei.«
    Â»In einem Korb, mit einer blauen Schleife am Hals.« Auch Isabel lächelte. »Ein Junge hat ihn eigens aus London gebracht. Und was noch? Blumen, ein Gedichtband, ein Regenschirm, ein schwarzseidener Regenschirm.«
    Â»Verstehst du jetzt? Ich wollte deine Tochter für dich suchen. Das war das beste Geschenk, das mir einfiel. Darum ging es schließlich bei unserer Unstimmigkeit.«
    Wirklich?, fragte sie sich, sagte aber: »Das ist sehr lieb von dir, Richard – glaube mir, ich bin gerührt –, aber sie ist jetzt nicht mehr meine Tochter, das habe ich inzwischen erkannt. Sie war nur sechs Wochen lang meine Tochter. Andere Menschen haben sie geliebt und großgezogen. Es wäre falsch von mir – von uns beiden –, da jetzt plötzlich einzugreifen.«
    Â»Aber, Isabel –«
    Â»Ich habe sehr viel über das alles nachgedacht, und ich bin überzeugt, dass ich recht habe. Es ist gut möglich – sehr wahrscheinlich sogar –, dass ihre Eltern ihr nie gesagt haben, dass sie adoptiert ist. Stell dir nur vor, was für ein Schock es für sie wäre, wenn sie es jetzt erführe. Es würde ihr ganzes Leben durcheinanderbringen.« Sie hielt einen Moment inne, dann sagte sie: »Sie würde erfahren müssen, dass sie außerehelich geboren wurde. Denk an die arme Ruby, diese ganze schreckliche Geschichte mit ihrem Vater, und an ihre Halbgeschwister, die plötzlich hören mussten, dass die Ehe ihrer Mutter nicht legitim war. Ich weiß, die Zeiten haben sich geändert, aber es ist immer noch ein gewisser Makel damit verbunden. Dem möchte ich sie – meine Tochter – nicht aussetzen.« Sie berührte seine Hand. »Aber ich danke dir, dass du daran gedacht hast.«
    Â»Du müsstest es ihr ja nicht sagen. Du könntest herausfinden, wo und wie sie lebt, und es dabei bewenden lassen.«
    Ein beinahe unwiderstehliches Verlangen ergriff sie. Zu wissen, dass es Martha gut ging, dass sie gesund und glücklich war – was wäre das für eine Erleichterung, was für eine Freude.
    Doch das Verlangen machte Trauer Platz, als sie erkannte, wie unmöglich das war, was er vorgeschlagen hatte. Niemals brächte sie es fertig, »es dabei bewenden zu lassen«. Wenn sie je erführe, wo ihre Tochter lebte, würde sie sie sehen wollen. Wenn sie sie sähe, würde sie der Versuchung, mit ihr zu sprechen, nicht widerstehen können. Und wenn sie einmal mit ihr gesprochen hatte, wie sollte sie ihr dann einfach den Rücken kehren und nie wieder ein Wort mit ihr wechseln?
    Narben rissen auf, alte Wunden begannen wieder zu bluten. »Nein, Richard«, sagt sie leise. »Ich will nicht, dass du sie suchst. Es geht mir dabei so sehr um meinen Seelenfrieden wie um ihren.«
    Schweigend sahen sie zum Fluss hinunter. Sie hatte Philip, Theo und Sara nie von ihrer Tochter erzählt. Auch wenn sie erwachsen waren, auch wenn sie in Schiffen über die Meere fuhren, Traktoren lenkten und Felder umpflügten, ihr Instinkt riet ihr, ihre Kinder vor allem zu beschützen, was schmerzhaft und schwierig war. Und so verschloss sie ihr Geheimnis wieder in ihrem Herzen.
    Sie hörte Richards Stimme, seinen hoffnungsvollen Ton: »Aber kommst du nach Hause?«
    Â»Ich glaube, das kann ich nicht.«
    Sie dachte, er würde aufspringen und davonstürmen, aber er blieb. Nach einer Weile sagte er: »Alles kommt immer anders, als man glaubt. Alle meine geschäftlichen Pläne – wozu? Die viele Arbeit, die ich hineingesteckt habe, um für Philip und Theo eine Grundlage zu schaffen – und dabei interessiert es sie gar nicht.«
    Â»Nach dem Krieg –«
    Â»Bis dahin sind es noch Jahre.«
    Â»Sagt man das in London?«
    Â»Erst muss Europa befreit werden und genauso der Ferne Osten. Wir haben jetzt die Amerikaner und die Russen auf unserer Seite, und das wird letztlich den Ausschlag geben, aber leicht wird es trotzdem nicht werden. Und selbst wenn wir es überstanden haben – und ich glaube, dass wir das
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