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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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hat wahrscheinlich in letzter Zeit nicht viel Besuch gehabt. Ich glaube, es macht ihm nichts aus, uns noch eine Weile schmoren zu lassen.«
    Ich tippte mir an die Schläfe. Plötzlich hatte ich eine Gänsehaut bekommen. »Die Silberschwingen wurden soeben von Tiefensensoren gescannt.«
    »Sofort angreifen!«, kreischte Doktor Meninx. »Worauf warten Sie noch? Greifen Sie ihn unverzüglich an!«
    »Die Bummelant ersucht um die Erlaubnis, ein Imago darzustellen«, sagte Campion.
    »Wer nicht wagt, der nicht gewinnt«, erwiderte ich.
    Eine Kapuzengestalt tauchte vor uns auf, gerade so durchscheinend und flackernd, dass deutlich wurde, es handelte sich um eine Projektion und kein körperliches Objekt. Die Stimme – bedächtig, tief und sonor – war so moduliert, dass man meinte, sie käme aus einem primitiven Übertragungsapparat.
    »Nennen Sie Ihr Anliegen, Bummelant und Silberschwingen des Morgens .« Der Sprecher bediente sich einer Variante der Uni-Sprache, die einer universellen Sprache der Sternenreisenden recht nahekam.
    »Ich suche nach einem gewissen Ateshga«, antwortete Campion in Trans, der Privatsprache der Körperschaft der Familien, im Vertrauen darauf, dass die Bummelant die ausgehende Nachricht in die Uni-Sprache übersetzen würde. Er sprach Uni ebenso gut wie ich, zog es aber vor, dem Schiff die Arbeit zu überlassen.
    »Ich wiederhole: Was ist Ihr Anliegen? Weshalb haben Sie dieses Sonnensystem angeflogen?«
    »Ich brauche ein neues Schiff«, antwortete Campion. »Man hat mir gesagt, ich könnte hier eines finden.«
    Die vor uns in der Luft schwebende Gestalt trug einen Kapuzenkittel aus dunkelrotem Material, gemustert mit dünnen Chromdrähten, die sich zu Schaltkreisen verzweigten, wie man sie früher benutzt hatte. Die Hände hatte sie verschränkt, die Arme waren in den weiten Ärmeln verborgen. Das Gesicht war unter der dunklen, weit herabhängenden Kapuze nicht zu erkennen.
    »Ein Raumschiff?«, fragte der Fremde, als wäre dies der letzte Wunsch, den er von Campion erwartet hätte. »Weshalb wollen Sie ein Raumschiff, Reisender?«
    »Mein Schiff ist ein bisschen in die Tage gekommen.«
    »Sehen Sie hier viele Schiffe, Reisender?«
    »Sie springen mir nicht gerade ins Auge.«
    »Legt das nicht den Schluss nahe, Sie könnten sich am falschen Ort befinden?«
    »Mein Datenspeicher behauptet etwas Anderes«, sagte Campion. »Wären Sie nicht vom Jupiter gekommen, hätte ich vielleicht angenommen, ich sei falschen Daten aufgesessen, aber Ihr Erscheinen kann kein Zufall sein. Ich spreche doch mit Ateshga, hab ich Recht?«
    »Was hat Ihr Speicher denn über diesen Ateshga zu vermelden?«
    »Nur sehr wenig. Seine Preise sollen moderat sein, und angeblich verfügt er über ein großes Sortiment an Gebrauchtraumschiffen. Aber wenn er tatsächlich Raumschiffe verkauft, reicht mir diese Information auch schon.«
    Die Ärmel fielen etwas zurück und gaben den Blick frei auf weiße Handgelenke und noch dünnere Finger mit merkwürdigen Gelenken und Obsidiannägeln. Die Hände wanderten nach oben und schoben die Kapuze zurück. Ateshgas Gesicht war eine Gespenstermaske: hauchdünne, pergamentene Haut spannte sich über einen hohlwangigen Schädel. Die Augen lagen in tiefen, dunklen Höhlen. Seine Zähne waren blutrote Glasscherben, die in unregelmäßigen Winkeln im Zahnfleisch steckten.
    »Es könnte sein, dass ich Ihnen ein paar Raumschiffe anzubieten habe.«
    Campion warf mir einen Blick zu, ehe er antwortete. »Können wir sie uns mal ansehen?«
    »Folgen Sie mir. Ich werde Ihnen zeigen, was ich anzubieten habe.«
    »Ich vertraue diesem Mann nicht«, sagte Doktor Meninx. »Ich bestehe darauf, dass wir dieses Sonnensystem unverzüglich verlassen.«
    Ich musste an Herrn Nebulys Warnung denken. Es war, als rührte ich an einen wunden Nerv.
    »Campion«, sagte ich, »vielleicht sollten wir uns überlegen …«
    Ateshgas Schiff wendete und beschleunigte in Richtung des Gasriesen. Exotische Teilchen materialisierten in seinem Gefolge, als das überstrapazierte Raum-Zeit-Gefüge in den Normalzustand zurückkehrte. Die Sterne und der Rand des Ringsystems verschwammen, als betrachtete man sie durch eine aufgewühlte Wasserschicht hindurch.
    »Wir fliegen rein«, sagte Campion.

Drei
     
     
     
     
     
    Kurz vor dem Eindringen in die Atmosphäre baute Ateshgas Raumschiff einen Schutzschirm auf, dann durchbrach es die Wolkendecke. Der Impassor der Bummelant war weniger wirkungsvoll, weshalb wir ein wenig
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