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Das Haus der Frau M.

Das Haus der Frau M.

Titel: Das Haus der Frau M.
Autoren: Bianca Lange
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Kölns. Dann fand ich einen gut eingerichteten und halbwegs sauberen Pappkarton. Sein Besitzer schien nicht ihn nicht nutzen zu wollen, vielleicht verbrachte er gerade die Saison in seinem Sommerkarton.
    Zu Tode erschöpft krabbelte ich hin ein. Im Inneren lag eine nach Pisse stinkende Decke. Trotzdem deckte ich mich damit zu und schlief bis zum nächsten Mittag.

 
     
    ZWEITER AKT
     
    Ausweg
     
     
    Am Nachmittag entsorgte ich als erstes die Urin verschmutzte Decke. Die nächste Nacht deckte ich mich lieber mit mehreren Ausgaben der Bild zu. Darauf „Home Sweet Home“ an die Wand des Kartons zu malen, verzichtete ich jedoch. Der Tausch der „Bettwäsche“  brachte mich auch im Mordfall Thorsten auf den neusten Stand. Ich wurde offiziell wegen Mordes gesucht. Es kam nicht unerwartet, trotzdem erschwerte es mir meine weitere Existenz. Ich verfügte weder über einen Ausweis, noch über eine Geldautomatenkarte. Mein Portmonee lag immer noch in unserer Wohnung. Und selbst wenn ich es bei mir gehabt hätte, was hätten mir die Karten gebracht. Jeder der mal in die Glotze geschaut hat weiß, dass der elektronische Zahlungsverkehr als erstes überwacht wird.
     
    Jeder Tag begann mit Hunger und der Lust auf Kaffee. Doch am meisten vermisste ich ein Bad, damit ich der Natur freien Lauf lassen konnte. In herbstes Kälte hinter einen Papiersammelcontainer zu urinieren, ist nicht wirklich entspannend, sich anschließend mit der Titelseite des Kölner Stadtanzeigers säubern zu müssen, machte es nicht besser.
     
    In den Filmen besorgen sich die Helden und Schurken ihr neues Outfit andauernd, indem sie Wäscheleinen plünderten, um dann mehr oder weniger vorteilhaft gekleidet, ihre Flucht fort zu setzten. Ich versorgte mich, in dem ich die Mülleimer der angrenzenden Supermärkte durchstöberte. Schuhe und eine alte Winterjacke mit Kapuze organisierte ich mir aus  Tüten, die neben überfüllten Altkleidercontainern standen. Der restliche Inhalt dieser Tüten diente mir als  Matratze. Ich fragte mich, warum in einem Land wie Deutschland Altkleidercontainer dermaßen sicher konstruiert waren. Vermutlich wollte man sie Millionärs Sicher machen. Sonst hätte, vor jedem Abfuhrtermin ein Rudel Daimler davor geparkt um die nächste Ernte einzuholen. Wer Geld besaß, wusste wie er(oder sie) es behielt.
     
    Ich schlief von nun an weicher, jedoch nicht wirklich besser. So sehr ich mir auch den Kopf zermarterte, fiel mir kein Ausweg aus meiner Situation ein.
    Doch eines wusste ich, ich würde niemals ins Gefängnis gehen. Am dreizehnten Tag plagte mich der Hunger, ich streifte w eiter durch die Straßen und war kurz davor zu verzweifeln. Wie ich schon erwähnte sehe ich nicht ganz schlecht aus, doch der Gedanke anschaffen zu gehen, für ein warmes Essen, widerstrebte mir absolut. Davon ab, in meinem Aufzug hätte mich eh niemand genommen. Außerdem konnte ich meine Kleidung und mich selbst nur notdürftig im Bahnhofs WC reinigen, reicht das?
     
    Am nächsten Morgen war ich kurz davor mich zu stellen. Steif vor Kälte schälte ich mich aus meiner Decke, welche am heutigen Morgen aus mehreren Ausgaben des Focus bestand. Montag ist Focus Tag? Scheiße, dabei war überhaupt gar nicht Montag, oder doch? Ich machte mich wieder auf zum Bahnhof, für meine morgendliche Toilette. Wortwitz? Haha... Meine ganze Situation war einfach lächerlich. An den Tischen und Theken im Hauptbahnhof saßen gut gekleidete, auf Grund der frühen Stunde jedoch meist schlecht gelaunte Gäste. Es ist erstaunlich wie wenig Zeit man braucht, um sich an neues Elend zu gewöhnen. So nahm ich die mitleidigen Blicke der Menschen in den Bistros und Kaffees am Bahnhof gar nicht mehr wahr. Ich schlurfte in den abgetragenen und viel zu großen Schuhen durch die Bahnhofshalle, die Kapuze der alten Winterjacke tief ins Gesicht gezogen. Ohne es selbst wirklich zu bemerken, übernahm ich dabei den Gang aller Gescheiterten. Schlurfend und mit gesenktem Haupt schlich ich über die glänzenden Steinplatten der Halle. Das Geräusch einfahrender Züge übertönte die Gespräche der Anwesenden noch zusätzlich. Ich war darüber mehr als froh, denn mein Leben war so irreal geworden, dass ich über die langweilige Normalität der Unterhaltungen vermutlich zerbrochen wäre. Sehnsüchtig erwartete ich das WC Schild. Ich ging vorbei an Starbucks, Pizza Hut und einer Thalia Filiale als ich jemanden meinen Namen rufen hörte. Ich hielt kurz inne und verspürte plötzlich einen
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