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Das Haus Am Potomac

Das Haus Am Potomac

Titel: Das Haus Am Potomac
Autoren: Mary Higgins Clark
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schließen lassen.‹«
    Was hatte den allseits beliebten Kongreßabgeordneten
zu Mord und Selbstmord bewegt? Es hatte Gerüchte
gegeben, daß er und seine Frau drauf und dran waren, sich
scheiden zu lassen. War Dean Adams durchgedreht, als
seine Frau ihm ihre unwiderrufliche Entscheidung
mitteilte, ihn zu verlassen? Sie mußten um die Waffe
gerungen haben. Man hatte von ihnen beiden
Fingerabdrücke darauf gefunden, verschmiert und
einander überlagernd. Ihre drei Jahre alte Tochter hatte
man mit Schädelfrakturen und zerschmettertem rechten
Bein am Kamin gefunden.
    Veronica und Charles Traymore hatten ihr gesagt, daß
sie ein Adoptivkind war. Aber erst als sie in der High
School war und ihre eigene Abstammung herausfinden
wollte, hatten sie ihr die ganze Wahrheit erzählt. Voller
Entsetzen hatte sie vernommen, daß ihre Mutter Veronicas
Schwester war. »Du hast ein Jahr lang im Koma gelegen,
niemand rechnete mehr damit, daß du überleben würdest«,
hatte Veronica ihr erzählt. »Als du endlich wieder zu
Bewußtsein kamst, warst du wie ein Säugling und mußtest
alles neu lernen. Mutter – deine Großmutter – schickte
eine Todesanzeige an die Zeitungen. Sie war entschlossen
zu verhindern, daß dich der Skandal dein ganzes Leben
lang verfolgte. Charles und ich lebten damals in England.
Wir adoptierten dich, und unseren Freunden erzählten wir,
du stammtest aus einer englischen Familie.«
    Pat wußte noch genau, wie wütend Veronica gewesen
war, als Pat darauf bestanden hatte, das Haus in
Georgetown zu übernehmen. »Pat, es ist ein Fehler, dahin
zurückzukehren«, hatte sie gesagt. »Wir hätten das Haus
gleich verkaufen sollen, anstatt es all diese Jahre zu
vermieten. Du machst dir gerade einen Namen beim
Fernsehen – setz ihn nicht dadurch aufs Spiel, daß du alte
Geschichten aufrührst! Du wirst Menschen begegnen, die
dich als Kind kannten. Womöglich kommt irgendwer
drauf und macht’s publik.«
    Veronica hatte ihre dünnen Lippen zusammengekniffen,
als Pat hartnäckig geblieben war. »Wir haben alles
Menschenmögliche getan, um dir einen neuen Anfang zu
ermöglichen. Mach, was du willst, wenn du nicht davon
abzubringen bist, aber sag später nicht, wir hätten dich
nicht gewarnt.«
    Am Ende hatten sie sich, beide mitgenommen und
aufgebracht, umarmt. »Na, komm«, hatte Pat erklärt.
»Meine Aufgabe ist es, die Wahrheit herauszufinden.
Wenn ich dauernd dem nachjage, was im Leben anderer
Leute gut und schlecht war, wie kann ich dann selber je
Ruhe finden, wenn ich es nicht in meinem eigenen Leben
tue?«
    Sie ging in die Küche und nahm den Telefonhörer ab.
Schon als Kind hatte sie Veronica und Charles mit ihren
Vornamen angeredet, und in den letzten paar Jahren hatte
sie fast ganz aufgehört, Mutter und Vater zu ihnen zu
sagen. Aber sie hatte den Verdacht, daß sie darüber traurig
waren und daß es ihnen weh tat.
Veronica meldete sich gleich nach dem ersten Läuten.
    »Hallo, Mutter. Ich bin hier wohlbehalten angekommen;
es war nicht viel los unterwegs.«
»Wo ist hier ?«
»In dem Haus in Georgetown.« Veronica hatte gewollt,
daß sie in ein Hotel zog, bis die Möbel kamen. Um ihr gar
nicht erst die Möglichkeit zu geben, ihr Vorwürfe zu
machen, fuhr Pat eilig fort: »Es ist wirklich besser so. So
kann ich mir meine Gerätschaften in der Bibliothek
aufbauen und mich auf mein Interview mit Senatorin
Jennings vorbereiten.«
»Hast du denn keine Angst?«
»Überhaupt nicht.« Sie sah im Geiste Veronicas
schmales, sorgenzerfurchtes Gesicht vor sich. »Mach dir
meinetwegen keine Gedanken, sondern freut euch auf eure
Kreuzfahrt. Habt ihr schon alles gepackt?«
»Natürlich. Pat, es gefällt mir gar nicht, daß du zu
Weihnachten allein bist.«
»Ich werde viel zu sehr damit beschäftigt sein, meine
Sendung fertigzustellen, um auch nur daran zu denken.
Außerdem haben wir Weihnachten herrlich vorgefeiert.
Hör mal, ich sollte jetzt lieber mein Auto ausladen. Alles
Liebe euch beiden. Tut so, als wäret ihr ein zweites Mal
auf Hochzeitsreise, und laß dich von Charles wie verrückt
lieben.«
»Pat!« Ihre Stimme klang gleichzeitig entrüstet und
amüsiert. Aber bevor sie auflegte, schaffte sie es, noch
einen guten Ratschlag zu erteilen: »Schließ immer doppelt
ab!«
Während sie sich noch die Jacke zuknöpfte, begab sie
sich hinaus in die Kälte. Die nächsten zehn Minuten zerrte
und schleppte sie Gepäckstücke und Kisten herein. Der
Karton
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