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Das Gurren der Tauben (German Edition)

Das Gurren der Tauben (German Edition)

Titel: Das Gurren der Tauben (German Edition)
Autoren: A. Schneider
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tte heulen k ö nnen. Seit
meiner Kindheit hatte ich mich nicht so hilflos gef ü hlt. Ein lautes
Ger ä usch riss mich
aus meinen Gedanken. Ich sprang auf. Ein h ä ssliches Frauengesicht erschien hinter der
heruntergelassenen T ü rklappe. “ Hier wird sich
tags ü ber nicht aufs
Bett gelegt! ” zischte sie.
Dann knallte die Klappe wieder zu.
    Ich ging eine
Weile auf und ab und inspizierte die Zelle. Verglichen mit der in der U-Haft,
war sie extrem sauber, geradezu steril. Wegen der angebrachten Blenden war es
unm ö glich, aus dem
Fenster zu schauen.
    Irgendwann kamen
die Jungs zur ü ck und brachten
mich nach unten in ein Vernehmungszimmer. Hinter einem Schreibtisch sa ß ein Mann in
Schlips und Kragen. Er fragte mich nach meinem Namen. Dann bot er mir den Stuhl
vor seinem Schreibtisch an.
    “ Sie befinden
sich in der Bezirksverwaltung Frankfurt (Oder) des Ministeriums f ü r
Staatssicherheit ” , sagte er. “ Wir beginnen jetzt mit der Voruntersuchung zu ihrem Fall. Vor der T ü r steht ein
Posten – nur zur Ihrer
Information. Es hat also keinen Sinn hier drin irgendetwas zu versuchen. Sogar
f ü r mich wird ’ s schwer, hier
nachher wieder rauszukommen. ” Er l ä chelte. Er war
kein unsympathischer Typ – schlank, dunkle Haare, ich sch ä tzte ihn auf Ende drei ß ig.
    “ Hab schon
mitgekriegt, dass das Ding hier gesichert ist, wie die Grenze ” , sagte ich.
    Der Mann sch ü ttelte den Kopf: “ Besser! ”
    Er holte etwa
ein Dutzend Zigarettenschachteln aus einer Aktentasche und stapelte sie vor
sich auf den Schreibtisch: “ Wenn die aufgeraucht sind, sind wir fertig. ” Er l ä chelte wieder, ö ffnete die erste Schachtel, bot mir eine Zigarette an und
steckte sich selbst eine an. Dann nahm er meine Personalien auf und bat mich
den Ablauf des Ausbruchs von Anfang an zu schildern.
    Ich sprach und
er schrieb mit, rauchend wie ein Schlot.
    Nach einer Weile
wurden wir unterbrochen. Die Jungs kamen und brachten mich in ein B ü ro. Der Mann
dort drin stellte sich als Staatsanwalt vor und informierte mich offiziell ü ber das gegen
mich eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen des Ausbruchs. Er listete einige
Paragrafen auf und fragte, ob ich irgendetwas dazu zu sagen h ä tte. Das hatte
ich nicht und die Jungs brachten mich zur ü ck ins Vernehmungszimmer.
    Nach einer Weile
gab es wieder eine Unterbrechung. Ich wurde erneut zum Staatsanwalt gebracht,
der mir mitteilte, dass das gegen mich er ö ffnete Verfahren um den Vorwurf des mehrfachen versuchten
Mordes erweitert wurde. Diesmal hatte ich etwas zu sagen: “ Ich hatte nie
die Absicht jemanden zu t ö ten! ”
    Der Staatsanwalt
sah mich mit versteinerter Miene an, w ä hrend seine Sekret ä rin meine Worte niederschrieb. Dann ging ’ s zur ü ck zum
Vernehmungszimmer. Am Morgen hatte ich meine Geschichte zu Ende erz ä hlt.
    “ Das war ’ s f ü r heute ” , sagte der
Vernehmer und blickte auf seine Uhr. “ Sie m ü ssen nur noch unterschreiben ... Bitte jede Seite einzeln. ”
    Der Stapel war
auf 30 Seiten angewachsen.
    Ich war todm ü de und konnte
mich nicht mehr konzentrieren. Ich ü berflog die Seiten mehr oder weniger. Dabei stie ß ich auf einen
Satz, den ich nicht gesagt hatte. Er lautete: “ Wir hatten uns von Anfang an vorgenommen, jeden
umzubringen, der sich uns in den Weg stellt. ”
    “ Was ist das? ” , fragte ich. “ Das habe ich
nicht gesagt. ”
    “ Nein? ” , sagte der
Vernehmer. “ Dann habe ich
mich wohl verh ö rt. Streichen
Sie ’ s durch und
unterschreiben Sie. Sie wollen doch auch ins Bett-oder? ”
    Das wollte ich
nicht mehr. Ich war pl ö tzlich hellwach: “ Ich lese mir jetzt alles Wort f ü r Wort durch. Und wenn ich was finde, das ich nicht
gesagte habe, unterschreibe ich nicht. ”
    Der Vernehmer
sah mich ungl ä ubig an: “ Sie wollen sich
alle 30 Seiten Wort f ü r Wort durchlesen? ”
    “ Ja! ”
    Ich begann
konzentriert zu lesen und fand unz ä hlige S ä tze, die verdreht und zu meinen Ungunsten ausgelegt waren. Wenn ich dann
sagte “ Das stimmt so
nicht. Das haben Sie verdreht. ” , sagte der Vernehmer widerwillig: “ Streichen Sie ’ s durch! ”
    Nach einer Weile
begann ich durchzustreichen, ohne ihn zu fragen. Nun wurde er laut: “ Was machen Sie
da?! Das habe ich geschrieben und ich will wissen, was Sie da durchstreichen! ”
    Bisher ganz k ü hl und abgekl ä rt, zeigte er
nun zum ersten Mal Emotionen. Er stand auf und ging nerv ö s hinter seinem
Schreibtisch auf und ab. Dabei dachte er
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