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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Mario Vargas Llosa
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bitten?«
    Padre García ist aufgestanden und setzt seinen Hut auf. Auch Doktor Zevallos ist aufgestanden.
    »Ich werd kommen.« Padre García macht eine ungeduldige Handbewegung. »Hat dieses Mannweib nicht gewollt, daß ich komme? Warum dann all das Geschwätz?«
    »Ja, Padrecito«, sagt die Selvática. »Die Señora Chunga wollte gern, daß Sie kommen.«
    Padre García geht auf die Tür zu, gekrümmt und dunkel, ohne die Füße vom Boden zu heben. Doktor Zevallos zieht seine Brieftasche heraus.
    »Das hätt noch gefehlt, Doktor«, sagt Angélica Mercedes. »Sie sind mein Gast, wegen der Freude, die Sie mir gemacht haben, den Padre mitzubringen.«
    »Danke schön, Comadre«, sagt Doktor Zevallos. »Aber das da laß ich dir auf alle Fälle da, für deine Ausgaben für die Totenwache. Bis heute abend, ich werd auch kommen.«
    Die Selvática und Angélica Mercedes begleiten Doktor Zevallos auf die Straße, küssen Padre García die Hand und gehen wieder in die Chichería zurück. Arm in Arm wandern Padre García und Doktor Zevallos in einer Staubwolke, unter einer munteren Sonne, an Eseln vorbei, die mit Brennholz und Krügen beladen sind, an wolligen Hunden und Kindern, Brandstifter, Brandstifter, Brandstifter, mit gellenden und unermüdlichen Stimmen. Padre García reagiert nicht: mühsam zieht er die Füße nach und geht mit hängendem Kopf, hustend und sich räuspernd. Als sie in ein gerades Gäßchen einbiegen, schlägt ihnen ein mächtiger Lärm entgegen, und sie müssen sich an eine Wand aus Rohrgeflecht pressen, um nicht überrannt zu werden von einer Menge Männer und Frauen, die ein altes Taxi begleiten. Eine rachitische und quäkende Hupe durchschneidet immer wieder die Luft. Aus den Hütten kommen Leute, die sich dem Zug anschließen, und einige Frauen stoßen schon klagende Rufe aus, während andere die Hände zum Himmel heben, die Finger zum Kreuz übereinandergelegt. Ein kleiner Junge pflanzt sich vor den beiden Männern auf, ohne sie anzublicken, die Augen blitzen lebhaft und verblüfft, der Arpista ist gestorben, er zerrt Doktor Zevallos am Ärmel, da in dem Taxiwar er, mit seiner Arpa und allem brachten sie ihn, und schießt fuchtelnd davon. Endlich ist die Menschenmenge vorbeigezogen. Padre García und Doktor Zevallos erreichen die Avenida Sánchez Cerro, machen ganz kleine, erschöpfte Schritte.
    »Ich komm vorbei und hol Sie ab«, sagt Doktor Zevallos. »Dann gehen wir zusammen zur Totenwache. Versuchen Sie gute acht Stunden zu schlafen, mindestens.«
    »Ich weiß, ich weiß«, knurrt Padre García. »Geben Sie mir doch nicht dauernd Ratschläge.«



Anmerkungen
    Vorbemerkung
    Carajo, caramba: Im Spanischen gibt es eine Reihe von Interjektionen, die heute keinerlei definierten Bedeutungsgehalt mehr
     haben und lediglich verschiedene Grade von emotioneller Intensität – Überraschung, Staunen, Zorn, Ärger – ausdrücken. Die Intensitätshierarchie ist
     folgende: am schwächsten – caramba; stärker, aber durchaus noch salonfähig (wenn auch selten von Frauen benutzt) – caray ; schon sehr
     kräftig – caracho (karatscho); am gröbsten, beinahe unflätig klingt – carajo (karacho).
    Diminutive: Ihre Funktion im Spanischen, ganz besonders im Hispanoamerikanischen, ist vielfältig. Sie bedeuten weniger eine
     Verniedlichung als eine affektive Betrachtung der jeweiligen Umstände, Personen oder Gegenstände. So mag man etwa hören, jemand sei schon en la
mañanita aufgestanden, also etwa »ganz, ganz früh am Morgen« statt »früh morgens« etc. In einigen Regionen Perus werden Diminutive ungewöhnlich
     häufig benutzt – etwa im Norden (Piura) oder in Lima, vor allem aber auch unter den Bewohnern der Sierra, also den Indios. Diminutive sind dabei
     keineswegs Substantiven vorbehalten: hasta lueguito (statt hasta luego ) etwa, was approximativ so etwas ähnliches wie »bis
     nachherchen« oder »bis späterchen« wäre, drückt Freundschaftlichkeit, Zuneigung des Sprechers dem gegenüber aus, zu dem er es sagt.
    1 Kisten (cajón, -es) sind nichts weiter als primitive Musikinstrumente: Kisten, auf denen die cajoneadores sitzen und auf deren Boden sie mit den Händen klopfen. Es handelt sich also um ein Perkussionsinstrument, das gewöhnlich die Arpa und
     die Gitarre begleitet in Ermangelung eines regelrechten Schlagzeugs. – Die Arpa ist keineswegs eine Harfe, wenn sie auch deren technischen Prinzipien im
     Grunde entspricht, sondern ein sehr großer Tonkörper etwa in der Form eines
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