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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Mario Vargas Llosa
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überall. ImHaus dieses Mannweibs, und auf der Straße, und in den Kinos, ganz Piura ist eine Stätte des Teufels geworden.«
    »Aber nicht die Mangachería, Padrecito«, sagt Angélica Mercedes. »Hier ist er nie hereingekommen, wir lassen ihn nicht, die heilige Domitila hilft uns dabei.«
    »Sie ist noch keine Heilige«, sagt Padre García. »Und wie ist das eigentlich mit dem Kaffee?«
    »Ja, der ist schon fertig«, sagt Angélica Mercedes. »Ich hol ihn.«
    »Mindestens zwanzig Jahre ist’s her, daß ich mir keine Nacht mehr um die Ohren geschlagen hab«, sagt Doktor Zevallos. »Und jetzt hab ich überhaupt keinen Schlaf mehr.«
    Im gleichen Augenblick, als Angélica Mercedes hinausgeht, kehren die Fliegen zurück und fallen über den Piqueo her, besäen ihn mit dunklen Punkten. Wieder tollen draußen die zerlumpten Kinder vor der Tür herum, und durch das Rohrgeflecht sieht man laut miteinander redende Leute vorbeigehen und eine Gruppe von Greisen, die vor der Hütte gegenüber in der Sonne sitzen und sich unterhalten.
    »Hat er wenigstens bereut?« knurrt Padre García. »Hat er eingesehen, daß die Kleine durch seine Schuld gestorben ist?«
    »Er ist hinter mir hergerannt«, sagt Doktor Zevallos. »Hat sich im Sand herumgewälzt, wollte, daß man ihn umbringt. Hab ihn mit zu mir nach Haus genommen,ihm eine Spritze gegeben und zurückgeschickt. Ich weiß nichts, hab nichts gesehen, gehen Sie. Aber er ist nicht gegangen, ist zum Fluß hinunter, und da hat er dann auf die Wäscherin gewartet, wie hat sie geheißen? die die Antonia aufgezogen hat.«
    »Er war immer verrückt«, knurrt Padre García. »Ich hoff um seinetwillen, daß er bereut und daß Gott ihm verziehen hat.«
    »Auch wenn er nicht bereut hat, so wie der gelitten hat, ist er genug gestraft worden«, sagt Doktor Zevallos. »Außerdem müßte man wissen, ob er wirklich Strafe verdient hat. Was, wenn er die Antonia gar nicht vergewaltigt hat? Wenn sie sich in ihn verliebt hat?«
    »Reden Sie keinen Unsinn«, knurrt Padre García. »Sonst denke ich noch, Sie sind nicht ganz bei Troste.«
    »Das ist etwas, was ich mich oft gefragt hab«, sagt Doktor Zevallos. »Die Insassinnen haben immer gesagt, er hätt sie verwöhnt und daß die Kleine glücklich gewirkt hat.«
    »Sagen Sie nur, Sie finden das richtig«, knurrt Padre García. »Sich eine Blinde rauben, sie in ein Freudenhaus stecken und sie auch noch schwängern. Sagen Sie nur, er hat richtig gehandelt, es sei das Normalste von der Welt? Soll man ihm vielleicht noch eine Belohnung für seine Heldentat geben?«
    »Von normal ist nicht die Rede«, sagt Doktor Zevallos. »Aber reden Sie nicht so laut, denken Sie an IhrAsthma. Ich sag nur, wer weiß, was sie davon gehalten hat. Die Antonia hat nicht gewußt, was gut und was bös ist, und schließlich ist sie dank Anselmo eine richtige Frau geworden. Ich hab immer geglaubt . . .«
    »Schweigen Sie, Mann!« Padre García schlägt wild mit den Händen nach den Fliegen, die entsetzt fliehen. »Eine richtige Frau! Sind Nonnen etwa keine richtigen Frauen? Sind wir Priester vielleicht keine richtigen Männer, weil wir keine Schweinereien machen? Ich verbitte mir solche saudummen Ketzereien!«
    »Das sind doch Spiegelfechtereien«, lächelt Doktor Zevallos. »Ich wollt nur sagen, daß meiner Meinung nach Anselmo sie wirklich geliebt hat und sie ihn höchstwahrscheinlich auch.«
    »Ich habe diese Unterhaltung satt«, knurrt Padre García. »Wir einigen uns ja doch nicht, und ich will nicht mit Ihnen streiten.«
    »Das hat noch gefehlt«, murmelt Doktor Zevallos. »Sehen Sie, wer da kommt.«
    Es waren die Unbezwingbaren, vom Arbeiten keine Ahnung, immer nur saufen, immer nur spielen, sie waren die Unbezwingbaren, und jetzt ging’s ans Frühstücken, caramba: wer saß denn da!
    »Gehen wir«, knurrt Padre García, am Ende seiner Geduld. »Ich will mit diesen Kerlen nichts zu tun haben.«
    Aber die Leóns geben ihm keine Möglichkeit aufzustehen und fallen in die Hände klatschend über ihn her, Padre García, mit wirren Haaren, Padrecito,mit übernächtigten Augen. Sie tanzen um Padre García herum, heute würde bestimmt Schnee auf Piura fallen und nicht Sand, sie versuchen, ihm die Hand zu schütteln, es war das Wunder aller Wunder, klopfen ihm auf die Schulter, ein Festtag für die Mangaches, wenn so jemand zu Besuch kam. Sie sind im Unterhemd, ohne Strümpfe, die Schuhe nicht zugebunden, riechen nach Schweiß, und Padre García, geduckt hinter dem Schal und
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