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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Dschungels. In dieser Mauer befindet sich eine verschlossene Tür.
    »Der Gobernador, Madre«, sagte Madre Patrocinio. »Gestatten Sie?«
    »Ja, führen Sie ihn bitte herein, Madre Patrocinio«, antwortete die Oberin.
    Madre Angélica hob die Lampe hoch und erlöste zwei verschwommene Gestalten aus dem Dunkel der Schwelle. In einen Überwurf gehüllt, in der Hand eine Taschenlampe, trat Don Fabio unter Verneigungen ein.
    »Ich war schon im Bett und hab mich schnell angezogen, Madre, entschuldigen Sie meinen Aufzug.« Er gab der Oberin und Madre Angélica die Hand. »Wie hat das nur passieren können, ich schwör Ihnen, ich konnte es einfach nicht glauben. Ich kann mir vorstellen, wie Ihnen allen zumute ist, Madre.«
    Sein kahler Schädel schien feucht zu sein, sein schmales Gesicht lächelte den Nonnen zu.
    »Nehmen Sie Platz, Don Fabio«, sagte die Oberin. »Ich danke Ihnen, daß Sie gekommen sind. Bieten Sie dem Gobernador einen Stuhl an, Madre Angélica.«
    Don Fabio nahm Platz, und die Taschenlampe, die in seiner Hand hing, ging an: ein goldener Kreis auf dem Teppich aus Chambirastreifen.
    »Sie sind schon unterwegs, um sie zu suchen, Madre«, sagte der Gobernador. »Der Teniente auch. Machen Sie sich keine Sorgen, sie werden sie bestimmt noch heute nacht finden.«
    »Die Ärmsten, da draußen, mutterseelenallein, Don Fabio, stellen Sie sich vor«, seufzte die Oberin. »Glücklicherweise regnet es nicht. Sie haben keine Ahnung, wie wir erschrocken sind.«
    »Aber wie ist das denn zugegangen, Madre?« sagte Don Fabio. »Ich kann’s immer noch nicht glauben.«
    »Die da hat nicht aufgepaßt«, sagte Madre Angélica und deutete auf Bonifacia. »Sie hat sie allein gelassen und ist in die Kapelle gegangen. Wird vergessen haben, die Tür abzuschließen.«
    Der Gobernador blickte Bonifacia an, und sein Gesicht bekam einen strengen und schmerzlichen Ausdruck. Aber gleich darauf lächelte er und machte eine kleine Verbeugung vor der Oberin.
    »Die Mädchen sind ahnungslos, Don Fabio«, sagte die Oberin. »Sie wissen nichts von den Gefahren. Das macht uns am meisten Sorgen. Ein Unfall, ein Tier.«
    »Ach, diese Mädchen!« sagte der Gobernador. »Siehst du, Bonifacia, du mußt besser aufpassen.«
    »Bitte Gott, daß ihnen nichts zustößt«, sagte die Oberin.
    »Denk nur, was für Vorwürfe du dir dein ganzes Leben lang machen müßtest, Bonifacia.«
    »Haben Sie sie nicht ausreißen hören, Madre?« fragte Don Fabio. »Durch den Ort sind sie nicht gekommen. Werden in den Wald gegangen sein.«
    »Sie sind durch die Tür im Obstgarten hinaus, deswegen haben wir sie nicht gehört«, sagte Madre Angélica. »Haben diesem Dummkopf da die Schlüssel gestohlen.«
    »Nenn mich nicht Dummkopf, Mamita«, sagte Bonifacia, die Augen weit offen. »Sie haben sie mir nicht gestohlen.«
    »Dummkopf, Riesendummkopf«, sagte Madre Angélica. »Du wagst es auch noch? Und nenn mich nicht Mamita.«
    »Ich hab ihnen die Tür aufgemacht.« Bonifacia öffnete kaum die Lippen. »Ich habe sie fliehen lassen, siehst du jetzt, daß ich kein Dummkopf bin?«
    Don Fabio und die Oberin steckten den Kopf vor und starrten Bonifacia an, Madre Angélica machte den Mund zu, auf, räusperte sich, ehe sie Worte fand.
    »Was hast du gesagt?« Sie räusperte sich noch einmal. »Du hast sie hinausgelassen?«
    »Ja, Mamita«, antwortete Bonifacia. »Ich war’s.«
    »Jetzt wirst du schon wieder traurig, Fushía«, sagte Aquilino.
    »Sei doch nicht so, Mensch. Komm, red ein bißchen, dann bist du nicht mehr traurig. Erzähl mir jetzt, wie du ausgebrochen bist.«
    »Wo sind wir denn, Alter?« sagte Fushía. »Ist’s noch weit bis zum Marañón?«
    »Wir sind schon längst auf dem Marañón«, sagte Aquilino. »Du hast’s gar nicht gemerkt, hast geschnarcht wie ein Baby.«
    »Während der Nacht?« sagte Fushía. »Wieso hab ich dann die Schnellen nicht gespürt, Aquilino?«
    »Es war so hell, daß man hätte meinen können, essei Morgen, Fushía«, sagte Aquilino. »Der Himmel nichts als Sterne, und das Wetter war so schön wie noch nie, nichts, gar nichts hat sich gerührt. Tagsüber trifft man Fischer, manchmal ein Motorboot der Garnison, nachts ist’s sicherer. Und wie hättest du auch die Schnellen spüren sollen, wo ich sie doch auswendig kenne. Aber setz nicht so ein Gesicht auf, Fushía. Kannst aufstehen, wenn du willst, dir muß doch heiß sein unter den Decken. Niemand sieht dich, wir sind ganz allein auf dem Fluß.«
    »Ich bleib lieber hier«, sagte
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