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Das große Wawuschel-Buch

Das große Wawuschel-Buch

Titel: Das große Wawuschel-Buch
Autoren: dtv
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damals, als sie Lesen gelernt hatte, so wild auf Apfelgeleegewesen war. Ein ganzes Näpfchen voll bekam sie jetzt und einen Puppenlöffel dazu.
    »Danke«, sagte Wischel glücklich, »du bist wirklich nett! Gut, dass ich dich kenne. Nun weiß ich wenigstens, dass es auch freundliche Menschen gibt und nicht nur böse, die uns zertrampeln oder in Käfige sperren.«
    Sie schmatzte laut, denn Wawuschelkinder dürfen schmatzen, wenn ihnen etwas besonders gut schmeckt.
    »So, jetzt bin ich satt«, erklärte sie schließlich. »Den Rest können wir für Wuschel aufheben. Der wird staunen! Komm, wir wollen ins Dingshaus gehen zum Bürgermeister.«
    Diesmal brachte sie das schwierige Wort richtig über die Zunge, eine große Leistung für Wischel. Sie hatte ihren Kopf extra scharf gemacht für das, was sie vorhatte. Obwohl sie ein bisschen zitterte! Wenn der Bürgermeister nun doch nicht so gerecht war, wie sie hoffte? Wenn er etwa   …? Nein, daran wollte sie nicht denken. Sie durfte keine Angst haben. Sie musste Wuschel retten.
    Das Menschenmädchen trug Wischel quer durch die Stadt zum Rathaus. Durch ein kleines Loch in der Einkaufstasche konnte sie Ausschau halten. Was es da an Neuem zu sehen gab! Autos, Radfahrer, Omnibusse, große Schaufenster mit fremden, unbekannten Dingen. Für ihr Leben gern hätte Wischel sich alles näher betrachtet, um der Wawuschelfamilie davon zu erzählen, doch dazu blieb keine Zeit. Es war ohnehin ein weiter Weg bis zum Rathaus und dort dauerte es wiederum eine Weile, bis sie vor der richtigen Tür standen.   – BÜRGERMEISTER– las Wischel auf einem Schild, ANMELDUNG IM ZIMMER NEBENAN.
    »Das ist sicher das Zimmer von der Sekretärin«, meinte das Menschenmädchen. »Ob wir wirklich hineingehen? Willst du mit ihr reden?«
    Wischel wusste zwar nicht, was eine Sekretärin ist, aber hineingehen wollte sie auf jeden Fall. Nur sollte zuerst das Menschenmädchen mit der Sekretärin sprechen, denn wer weiß, was so einer Sekretärin einfiel, wenn plötzlich ein Wawuschel aus der Einkaufstasche guckte. Erst später, beim Bürgermeister, wollte Wischel sich zeigen.
    Das Menschenmädchen allerdings hielt nicht viel von dem Plan.
    »Was soll ich denn bloß sagen? Die Sekretärin schmeißt mich bestimmt wieder raus.«
    Es war plötzlich ganz mutlos geworden. Wischel ging es ähnlich, obwohl sie sich große Mühe gab, nichts davon zu zeigen.
    »Du sagst, du musst den Bürgermeister in einer sehr wichtigen Sache sprechen«, erklärte sie dem Menschenmädchen. »Sag, es gehe um Tod oder Leben.«
    »Das glaubt ja doch keiner.«
    »Versuch es jedenfalls. Los! Geh hinein.«
    Das Menschenmädchen gab sich einen Ruck und klopfte.
    »Herein«, rief eine spitze Stimme, die Wischel von Anfang an nicht besonders gefiel.
    Das Menschenmädchen machte die Tür auf.
    »Guten Tag«, sagte es schüchtern.
    »Guten Tag«, sagte die spitze Stimme. »Was willst du?«
    Durch das Loch in der Einkaufstasche sah Wischel eine Menschenfrau mit feuerrotem Mund und Haaren, die noch gelber waren als die Zöpfe des Menschenmädchens. Die Menschenfrau hatte ein buntes Kleid an und blitzende Steine an den Fingern. Mit diesen Fingern hämmerte sie auf einem merkwürdigen Ding herum, das vor ihr auf dem Tisch stand. Es war eine Schreibmaschine, aber das konnte Wischel nicht wissen.
    »Nun rede schon«, sagte die Sekretärin ungeduldig. »Du siehst doch, dass ich zu tun habe.« Und sie hämmerte weiter.
    »Ich möchte«, stammelte das Menschenmädchen, »ich möchte den Herrn Bürgermeister in einer wichtigen Angelegenheit sprechen.«
    Die Sekretärin blickte erstaunt auf.
    »So, so«, sagte sie spitz, »das möchtest du? Leider ist hier kein Kindergarten. Schicke deinen Vater her, wenn es sich um eine wichtige Angelegenheit handelt.«
    Damit fing sie wieder an, auf ihrer Schreibmaschine zu hämmern.
    Das Menschenmädchen drehte sich um und war drauf und dran zu verschwinden. Doch Wischel ließ sich nicht so schnell abschieben.
    »Tod oder Leben«, wisperte sie, »los, sag’s.«
    »Was war das?«, fragte die Sekretärin. »Willst du noch etwas?«
    Das Menschenmädchen schluckte.
    »Es geht   – es geht   – um Tod oder Leben. Ich muss den Herrn Bürgermeister unbedingt sprechen.«
    Jetzt fing die Sekretärin an zu lachen.
    »Hahaha«, lachte sie mit ihrer spitzen Stimme, »das ist ja zu komisch. Tod oder Leben? So ein Witz! Geh nach Hause und mach deine Witze woanders, dummes Ding.«
    Wieder drehte sich das Menschenmädchen um
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