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Das grosse Muminbuch

Das grosse Muminbuch

Titel: Das grosse Muminbuch
Autoren: Tove Jansson
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stürmen.»
    Sie schwieg ein Weilchen, sagte daraufhin freundlich:« Frau Filifjonk ? Diese entsetzlichen Dinge, von denen Sie sprachen. Sind sie oft passiert?»

    «Nein», antwortete Filifjonka.
    «Also nur manchmal, ja?»
    «Eigentlich noch nie», sagte Filifjonka. «Ich fühle sie gewissermaßen nur.»
    «Oh», sagte die Gafsa. «Ja, ich wollte mich nur für den Nachmittag be­danken. Also es ist Ihnen noch nie etwas passiert?»
    «Nein», antwortete die Filifjonka. «Nett, von Ihnen, dass Sie angerufen haben. Hoffentlich sehen wir uns mal wieder.»
    «Ja, das hoffe ich auch», sagte die Gafsa und hängte ab.
    Filifjonka saß und fror und betrachtete das Telefon.
    Bald werden meine Fenster schwarz, dachte sie. Man könnte sie mit Decken verhängen. Man könnte die Spiegel gegen die Wand drehen.
    Doch sie tat nichts, saß nur da und lauschte dem Winde, der im Schornstein heulte. Genau wie ein verlassenes kleines Tier.
    Auf der Südseite des Hauses begann der Fischkescher des Hemuls gegen die Wand zu hauen, aber Filifjonka wagte nicht, hinauszugehen und ihn wegzunehmen.
    Das Haus bebte, ganz leicht, und der Wind kam jetzt in Stößen. Man hörte, wie der Sturm Anlauf nahm und in großen Sätzen übers Meer gelaufen kam.
    Eine Ziegelplatte rutschte draußen hinunter und zersplitterte. Filifjonka zuckte zusammen und erhob sich. Eilends ging sie ins Schlafzim­mer. Aber das war zu groß, dort fühlte man sich nicht sicher. Die Speise­kammer! Die war klein genug, um sich darin geborgen zu fühlen.
    Die Filifjonka nahm die Bettdecke über den Arm und raste durch den Küchenflur, stieß die Speisekammertür mit dem Fuß auf und Schloss sie atemlos hinter sich. Hier war der Sturm nicht so zu hören. Und hier gab es kein Fenster, nur eine kleine Klappe. Sie tastete sich im Dunkeln an den Kartoffelsäcken vorbei, und dicht an der Wand unter dem Regal mit den Marmeladengläsern wickelte sie sich in die Decke ein.
    Allmählich fing ihre Phantasie an, ein eigenes Unwetter auszumalen, ein viel größeres, schwärzeres, wilderes als das, was ihr Haus erbeben ließ.
    Die Wogen wurden riesige weiße Drachen, eine brüllende Trombe schraubte das Wasser empor zu einer schwarzen Säule am Horizont, zu einer glänzenden Säule, die auf sie zustürzte, näher, immer näher...
    Ihr eigener Sturm war immer der schrecklichste, so war es ja immer gewesen. Und im Innersten ihres Herzens war die Filifjonka ein bisschen stolz auf ihre Katastrophen, die sie ganz allein für sich besaß.
    Die Gafsa ist ein Esel, dachte sie. Eine alberne Frau, die nichts ande­res im Kopf hat als Teegebäck und Kissenbezüge. Von Blumen versteht sie auch nichts. Und am allerwenigsten versteht sie mich. Jetzt hockt sie dort und glaubt, ich hätte nie etwas mitgemacht. Ich, die jeden Tag den Weltuntergang erlebt, und ich ziehe mich trotzdem immer wieder aus und an, esse und wasche ab, empfange Besuche, als sei nichts geschehen!
    Die Filifjonka steckte die Nase hinaus, starrte mit strenger Miene in die Dunkelheit und sagte: «Ich werd's euch schon zeigen!»
    Wer weiß schon, was sie damit meinte.
    Darm kroch sie unter die Decke und hielt sich die Pfoten vor die Ohren.
    Indessen blies draußen der Sturm immer heftiger bis gegen Mitter­nacht. Um ein Uhr hatte er 46 Sekundenmeter erreicht. Ungefähr um zwei Uhr wurde der Schornstein vom Dach geweht. Die eine Hälfte von ihm sauste an der Außenwand des Hauses hinab, der Rest kam durch den Kamin gefahren. Durch das Loch in der Decke sah man den finsteren Nachthimmel mit großen fliegenden Wolken. Und nun kam der Sturm ins Haus gestürzt, und man konnte nichts mehr sehen vor lauter Kamin­asche, flatternden Gardinen und Tischtüchern, Familienphotos, die ei­nem um die Ohren flogen. Alle erschrockenen Habseligkeiten der Fili­fjonka wurden lebendig, es polterte, klingelte und klapperte, Türen schlugen zu und Bilder fielen zu Boden.
    Mitten im Wohnzimmer stand die Filifjonka, schlaftrunken und wie eine Wilde in ihrem flatternden Rock, und sie dachte verwirrt: Jetzt geschieht es, jetzt geht alles schief! Endlich! Jetzt brauche ich nicht mehr zu warten.
    Sie ergriff das Telefon, um Gafsa anzuläuten, ihr zu sagen, dass.. na, beispielsweise, irgend etwas, das die Gafsa für alle Zeit mundtot machen konnte. Etwas Selbstsicheres und Triumphierendes.
    Doch die Telefonleitung war hinab geweht worden.

    Filifjonka hörte nichts anderes als den Sturm und die Ziegelplatten, die über das Dach polterten. Wenn ich auf den Boden
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