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Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld

Titel: Das goldene Bett/Aphrodite ist an allem schuld
Autoren: S. Fischer-Fabian
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an
die Kosmetika gedacht. Jedem Gast eine Kollektion unserer neuesten Produkte.«
    »Auch das ist geschehen, Sir.«
    »Dann können Sie jetzt gehen,
John.«
    »Sehr wohl, Sir.« Der Butler
räumt das leere Whiskyglas ab, leert die Aschenbecher, putzt an dem silbernen
Tischfeuerzeug herum, rückt den Siphon hin und her. »Ist noch was, John?«
    Der Butler räuspert sich. »In
den zwanzig Jahren meiner Tätigkeit für Mrs. Hold, Pardon, für die gewesene
Mrs. Hold, habe ich nur ein einziges Mal eine persönliche Frage gestellt, und
das war, als Mrs. Hold einen Fehler machen wollte, das heißt, sie wollte
heiraten.«
    »Ich verstehe nicht, was das
jetzt...« Er blickt wieder auf seine Uhr. Dieser John konnte einem wirklich
enervieren, schien Kalk anzusetzen. Wenn man den Laden hier erst mal unter sich
hatte, müßte vieles anders werden.
    »Sie haben mich vor einem Jahr
gefragt, Sir, welcher der beiden deutschen Damen ich das Erbe am meisten
gönnte, und ich habe Ihnen gesagt, daß es nicht zu meinen Obliegenheiten
gehört, mir eine eigene Meinung zu bilden, Sir.«
    »Haben Sie das...«
    »Wenn ich mich recht erinnere,
habe ich damals hinzugefügt, daß ich für Miß Beatrix bin, Sir, und ich hatte
die Genugtuung, mich von Ihnen bestätigt zu sehen.«
    »Gut, gut, und?«
    »Ich möchte mir deshalb die
Frage gestatten, Sir...«
    »Nun, fragen Sie schon.«
    »...die Frage gestatten, Sir,
ob Sie mir das heute auch noch bestätigen würden.«
    Stutterbold zerquetscht seine
Zigarette im Aschenbecher und verbrennt sich dabei die Fingerkuppen. Er pustet
auf seine Fingerkuppen wie ein Kind, das mit Streichhölzern gespielt hat. »Ich
weiß nicht, ob die Chefin Ihnen seinerzeit auf Ihre Frage geantwortet hat,
John, ich jedenfalls werde es nicht tun.« Er versucht jene nonchalante
Handbewegung nachzuahmen, mit der die Chefin den Butler zu entlassen pflegte,
aber es kommt nur eine fahrige Geste zustande, die ziemlich lächerlich wirkt.
    »Sehr wohl, Sir.« John verbeugt
sich knapp und tritt den Rückzug an. An der Tür dreht er sich noch einmal um.
»Ich weiß nicht, ob ich Ihnen schon mitgeteilt habe, Sir, daß Miß Beatrix im
Gegensatz zu Mrs. und Miß Radke zwei Zimmer reservieren ließ.«
    »Zwei Zimmer? Warum um Himmels
willen zwei?«
    »Sie werden verstehen, Sir,
wenn ich mich hier als überfragt betrachte.«
    Stutterbold würde sich jetzt gern
noch einen Whisky machen, aber da er fürchtet, das Personal könnte ihn für
einen Trinker halten, nimmt er davon Abstand. Zwei Zimmer, er schlägt sich mit
der rechten Faust in die linke Handfläche, was sollte das jetzt nun wieder
bedeuten, die Lage wurde immer undurchsichtiger. Er geht in den Konferenzsaal
hinüber. Die U-förmige Tafel mit ihren 48 leeren Stühlen hat etwas
Bedrückendes. Auf jedem Platz eine Schreibmappe, ein goldener Füllfederhalter,
ein Glas, eine Karaffe mit Wasser, eine Flasche Orangenjuice, ein Aschbecher.
Er öffnet eine der Türen, die in die Nebenräume führen.
    »Mr. Stutterbold?« Die
Hausdame, ein ältliches Fräulein mit mageren Schultern, hochgeschlossenem
Kleid, blickt von ihrem Schreibtisch auf. Sie ist seit zehn Jahren im Haus und hat
es immer abgelehnt, den Privatsekretär ihrer Chefin mit »Sir« anzureden.
    »Alles okay, Mary?« fragt er
betont leutselig.
    »Wenn Sie damit meinen, daß die
Waage stimmt und mein Bandmaß, dann ist alles okay, Mr. Stutterbold.«
     
    »Ich hätte doch nicht das Kleine
Schwarze anziehen sollen«, sagt Beatrix und schaut zweifelnd an sich herunter.
    »Es ist völlig wurscht, was du
anhast, Schatz. Du siehst immer süß aus.« René Cantal drückt ihr einen Kuß auf
die Nase und den Fahrstuhlknopf. Trixi versucht, ihr Spiegelbild in der
Fahrstuhltür zu erhaschen. »Die anderen haben bestimmt nichts Schwarzes an. Es
ist ja schon ein Jahr her und keine Trauer mehr.«
    Er starrt auf den
Stockwerkanzeiger. Die Zahl 20 leuchtet auf, dann die Zahl 19, 18, 17. Numero
16, bleibt eine kleine Ewigkeit lang stehen. »Expreßlift nennen die so was.«
    »Tante Annegret und Erika, die
haben bestimmt irgendwas Farbiges an.«
    René stöhnt. »Das glaube ich
nicht, denn farbig macht dick, und die wollen ja schlank aussehen.«
    »Vielleicht sind sie so
schlank, daß ihnen das egal sein kann.«
    »Nun faß mal mit an. Der Lift
ist das.«
    Trixi faßt mit an. Sie steigen
ein. Die Lifttür schließt zischend. Roter Samt, Kristallspiegel, ein dezenter
Geruch nach Eau de Verène, dem Parfum des Hauses— es ist alles wie damals,
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