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Das Gold von Karthago

Titel: Das Gold von Karthago
Autoren: Gisbert Haefs
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andere, mit dem zweiten Teil seiner Aufgaben zu tun. Der erste, allgemein bekannte Teil war die Leitung der städtischen Ordnungshüter; seine Arbeitsstube und die Unterkünfte der Ordner (soweit sie nicht Familien besaßen und bei diesen wohnten) befanden sich in der großen Festung. Der zweite Teil war das Sammeln und Sichten und Weitergeben geheimer Nachrichten für Hamilkars Schwiegersohn und Stellvertreter Hasdrubal in Iberien. Bomilkar nahm an, daß die zuständigen Männer des Rats dies wusstest; trotzdem bemühte er sich, alles möglichst unauffällig zu belassen, wie es der Sache zukam. Die Werkstatt, die als Tarnung diente, stellte tatsächlich Karren für die Festung her – Lastkarren, Handkarren, alle Arten von Karren zur Beförderung von Menschen und Gegenständen, und die Leute, die dort und anderswo arbeiteten, wurden aus dem Haushalt des Strategen bezahlt. Hin und wieder erwog Bomilkar, all dies anders zu gestalten, die Geheimnisse wirklich geheim zu machen, Hasdrubal vorzuschlagen, daß er die Leitung der Kundschafter und Spitzel einem anderen übergebe, aber bisher war es bei derlei Erwägungen geblieben.
    Als er zum Platz zurückkam, saß der Römer an einem kleinen Tisch; vor sich hatte er Wein, Wasser und einen Becher. Bomilkar sah nach den anderen Gästen. An einem der vorderen Tische, unter den Arkaden am Ostrand des Platzes, sprach der Libyer Zililsan mit der Schankdirne. Sie trug einen knielangen kitun , um die Hüften verengt durch eine breite rote Schärpe; von der Fackel, unter der sie stand, schienen Feuertropfen in ihr kurzes krauses Haar zu stürzen.
    »Hast du Hunger?«
    Laetilius wartete, bis Bomilkar sich gesetzt hatte. »Ich könnte etwas essen«, sagte er dann. »Wirst du mich vergiften, wenn ich dir die Auswahl überlasse?«

    Bomilkar gluckste. »Was hätte ich davon? Noch ein toter Römer … So werden wir euch nicht los.« Er wandte sich um und winkte.
    Aus dem Inneren der von einem halben Dutzend Fackeln erhellten Schänke, in der vielleicht dreißig Gäste an Tischen, auf Bänken und um große Amphoren saßen, klang schrilles Quäken, offenbar ein Ruf. Die Schankdirne blickte auf, berührte Zililsans Schulter und kam zu ihnen. Mit einem flüchtigen Lächeln neigte sie den Kopf.
    »Die edlen Herren?«
    »Die edlen Herren haben Hunger. Was ließe sich dagegen unternehmen?«
    Sie schob die Unterlippe vor. »Reste, karge Reste.«
    Bomilkar seufzte. »Na gut. Wein, Wasser und zweimal karge Reste. Sag dem Dicken, er soll sich bemühen.«
    »Sehr wohl, feiner Herr.«
    Bomilkar nickte und lächelte ihren Rücken an. Dabei sah er, wie Zililsan seinen Becher hob und mit der anderen Hand flach über den leeren Tisch wischte.
    »Was hast du bestellt?« sagte der Römer.
    »Reste. Es ist spät. Andererseits ist die Schänke beliebt, weil sie eine schmackhafte Restepfanne bietet. Lassen wir uns überraschen.« Er räusperte sich. »Was genau ist deine Aufgabe?«
    »Laß uns tauschen. Austauschen. Wozu soll ich dir tausend Dinge sagen, solange ich nicht sicher bin, daß du nicht morgen früh alles einem Höherrangigen übergibst und ich die Geschichte ein zweites Mal zu erzählen habe?«
    Weiter vorn gähnte Zililsan ausgiebig, leerte den Becher, stellte ihn umgedreht auf den Tisch, stand auf und ging.
    »Gut. Aber viel habe ich nicht zu tauschen.« Bomilkar begann zu berichten, unterbrach sich nur kurz, als die Libyerin zwei Tonkrüge und einen Becher brachte. Da er sicher war, von Laetilius nur das zu erfahren, was unbedingt gesagt werden mußte, verschwieg auch er wesentliche Dinge und verzichtete darauf, bestimmte Namen zu
nennen. Den Namen von Hasdrubal dem Schönen, zum Beispiel, der die innere Verwaltung Iberiens und die geheime Arbeit der Beschaffer von Nachrichten leitete. Bomilkar sprach von der Handwerkerfamilie in Ityke, vom frühen Tod beider Eltern; von den Jahren im Heer, als Führer einer Hundertschaft; von den Kämpfen gegen iberische Bergvölker und von der Versetzung in die Hauptstadt, vor zwei Jahren.
    »Zunächst sollte ich fünf Hundertschaften iberischer Fußkämpfer befehligen, die mit anderen Kriegern in der großen Mauer untergebracht sind. Aber dann hat es den Verantwortlichen gefallen, mir den Befehl über die Wachtruppen zu geben, die in Stadt und Umgebung für Ordnung sorgen und alles zurechtrücken, was von Verbrechern verschoben wurde. Diebstahl, Raub, Schändung, Mord … all das. Deshalb wurde ich gerufen, nachdem ein Feldarbeiter die Leiche von Lavinius
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