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Das Götter-Opfer

Das Götter-Opfer

Titel: Das Götter-Opfer
Autoren: Jason Dark
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nicht. Die Unbekannte war aus ihrer Erstarrung erwacht. Endlich bewegte sie sich und hob langsam den Kopf, ohne mich allerdings anzuschauen. Sie blickte nach rechts und nach links wie jemand, der noch damit rechnet, daß die Gefahr nicht gebannt ist.
    »Sie können beruhigt sein«, sagte ich leise. »Die beiden gibt es nicht mehr, aber das wissen Sie ja selbst…«
    Meine Worte hatten sie durcheinandergebracht. »Was soll ich wissen?« fragte sie leise.
    Mit dieser Frage kam ich wiederum nicht zurecht, aber ich wollte abwarten. Da sie mich schon anschaute, streckte ich ihr die Hand entgegen. Sie zögerte nicht mehr, meine Hilfe anzunehmen und ließ sich von mir auf die Beine ziehen.
    Als sie stand, schloß sie die Augen. Ich sah auch, daß sie schwankte. Sie hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten, wollte sich aber bei mir nicht abstützen, sondern drückte sich zurück, um wieder an der Wand Halt zu finden.
    »Wie heißen Sie?« fragte ich.
    »Selima.«
    »Ich bin John, und ich denke, wir beide sollten jetzt von hier fortgehen.«
    »Warum?«
    »Eine gute Frage. Aber wenn ich daran denke, was hier alles passiert ist, muß das nicht eben der richtige Ort sein, um sich zu unterhalten, und ich bin schließlich Zeuge von dem geworden, was hier passiert ist.«
    »Passiert?« flüsterte sie.
    »Klar. Erinnern Sie sich nicht?«
    »Woran?«
    »An die beiden Männer.«
    Sie schüttelte den Kopf und sagte: »Nein!«
    Das wiederum wollte mir nicht in den Sinn, und ich dachte darüber nach, ob sie mich auf den Arm nehmen wollte und bewußt anlog. Aber das konnte ich mir nicht vorstellen. Das war einfach unmöglich. Ich hatte es gesehen, sie mußte es ebenfalls gesehen haben, denn sie allein hatte die beiden Männer mit ihren goldenen Augen angeschaut, die jetzt nicht golden waren, sondern eine normale, wenn auch etwas ungewöhnliche Farbe hatten.
    Ihre Augen waren sehr blaß. Ich sah kaum eine Tönung darin. Wenn, dann die schwachen Farben grau und vielleicht einen Stich ins Grünliche. Sonst nichts. Keine Spur mehr von den glänzenden und strahlenden, goldenen Augen.
    Ich lächelte ihr zu, aber auch das schien sie nicht aus dem Konzept zu bringen. Jedenfalls traf sie keinerlei Anstalten, mir eine Erklärung abzugeben.
    »Die Männer waren da, Selima. Auch in der U-Bahn!«
    »Ich weiß es nicht.« Sie schaute jetzt zu Boden und mußte die Aschereste sehen, die wie Puderhäufchen aussahen. Da war nichts mehr zurückgeblieben. Nichts von ihren Körpern, nichts von ihrer Kleidung und auch nichts von irgendwelchen Waffen, die sie möglicherweise bei sich getragen hatten. Die Kraft der goldenen Augen hatte sie brutal verbrannt. Zwar kannte ich Selima nicht gut, aber schon etwas besser. Ich wollte nicht glauben, daß sie mich bewußt angelogen hatte. Ohne mir irgend etwas einzubilden, konnte ich sagen, daß ich das schon bemerkt hätte. Und sie hatte auch nicht mit der Stimme der geheimnisvollen Anruferin gesprochen, die mir in den letzten Stunden nicht aus dem Kopf gegangen war.
    »Können wir gehen?« fragte ich.
    »Wohin?«
    »Irgend etwas trinken. Einen Kaffee…«
    »ja«, sagte sie, was mich wiederum wunderte, denn mit dieser plötzlichen Zustimmung hätte ich nicht gerechnet. Sie hatte jetzt nichts mehr dagegen, daß ich mich bei ihr einhakte und wir gemeinsam die Treppe nach oben gingen.
    Aus der künstlichen Helligkeit hinein in die des Nachmittags, die allerdings nicht besonders strahlend war, denn über London hing ein grauer Teppich aus Wolken, die in mehreren Schichten übereinanderlagen und vom steifen Wind bewegt wurden.
    Uns schlug er ins Gesicht. Während ich meinen Kragen höherstellte, zerrte Selima ihr Tuch fester um den Kopf. Sie paßte sich meinen langsamen Schritten an und hielt den Kopf dabei gesenkt, als wollte sie den Boden nach irgendwelchen Hindernissen absuchen.
    Ich stellte ihr jetzt keine Fragen, weil ich wollte, daß sie zunächst einmal mit sich selbst zurechtkommen sollte. Ich schaute mich sicherheitshalber nach Verfolgern um. Es war vergebene Liebesmüh, denn mir fiel niemand auf, der sich auf unsere Fersen gesetzt hätte. Es war zudem schwer, in der Masse der Passanten eine bestimmte Person zu entdecken.
    Ich suchte nach einem Lokal, in dem wir uns in Ruhe aufhalten konnten. Es gab einige, die mir nicht gefielen. Ich wollte weder in eine Pizzabude noch in einen chinesischen Schnellimbiß. Auch auf Chips & Fish konnte ich verzichten.
    Ein neues, aber auf alt gemachtes Café fiel mir auf. Man hatte
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