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Das Glasperlenspiel - Versuch einer Lebensbeschreibung des Magister Ludi Josef Knecht samt Knechts hinterlassenen Schriften

Das Glasperlenspiel - Versuch einer Lebensbeschreibung des Magister Ludi Josef Knecht samt Knechts hinterlassenen Schriften

Titel: Das Glasperlenspiel - Versuch einer Lebensbeschreibung des Magister Ludi Josef Knecht samt Knechts hinterlassenen Schriften
Autoren: Hermann Hesse
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Einordnung und Hingabe an das Überpersönliche. Wer sich nicht aus Mangel an Eigenart, sondern durch ein Plus an Individualität unterordnet, dient der Gemeinschaft am besten. Das Glasperlenspiel ist eine Schule des Gehorsams, des Dienens und Ernstnehmens. Sie wird nicht entwertet, sondern bereichert dadurch, daß die wachsten und klügsten Spieler genau wissen, daß ihr Spiel nur ein Bild und Gleichnis ist. »Gerade die, die das Spiel ohne Ehrgeiz, ohne Gewinnenwollen spielen, halten die Regeln am besten. Und gerade die, die auch im Leben handeln, als sei es Spiel, dienen dem Leben am besten.«
    Während das vorhergehende Werk Hesses, Die Mor
genlandfahrt, nach dem Bankrott des Ersten Weltkriegs einsetzt, ahnt Hesse bereits 1931 in den ersten Vorarbeiten zum Glasperlenspiel den neuen Krieg voraus und setzt ihm eine in weiter Zukunft angesiedelte Utopie entgegen, die kommenden Katastrophen trotzen kann. Utopien entstehen in Krisenzeiten, in den dunkelsten Momenten der Geschichte. Wie die sogenannte klassische Musik des Barockzeitalters eine Antwort auf die verheerenden Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges war, so war auch Das Glasperlen spiel mit seinem Akzent auf Maß und Ausgewogenheit ein Kontrastprogramm zur destruktiven Willkür der Vorgänge in Deutschland. In einem an Rudolf Pannwitz gerichteten Brief vom Januar 1955 erinnert sich Hesse: »Es kam mit den Reden Hitlers und seiner Minister, mit ihren Zeitungen und Broschüren etwas wie Giftgas aufgestiegen, eine Welle von Gemeinheit, Verlogenheit, hemmungsloser Streberei, eine Luft, die nicht zu atmen war. Es bedurfte der erst um Jahre später bekannt werdenden Greuel nicht, es genügte dies Giftgas, diese Entheiligung der Sprache und Enthronung der Wahrheit, um mich wieder wie während der Kriegsjahre [1914-1918] vor den Abgrund zu stellen . . . Dies war nun der Augenblick, in dem ich alle rettenden Kräfte in mir aufrufen und alles, was ich an Glauben besaß, nachprüfen und festigen mußte. Es war etwas heraufgekommen, weit schlimmer als einst der eitle Kaiser mit seinen halb
götterhaften Generälen, und würde vermutlich zu Schlimmerem führen als zu jener Art von Krieg, die wir kennengelernt hatten. Inmitten dieser Drohungen und Gefahren für die physische und geistige Existenz eines Dichters deutscher Sprache griff ich zum Rettungsmittel aller Künstler, zur Produktion, und nahm den schon alten Plan wieder auf, der sich aber sofort unter dem Druck des Augenblicks stark verwandelte. Es galt für mich zweierlei: einen geistigen Raum aufzubauen, in dem ich atmen und leben könnte aller Vergiftung der Welt zum Trotz, eine Zuflucht und Burg, und zweitens den Widerstand des Geistes gegen die barbarischen Mächte zum Ausdruck zu bringen und womöglich meine Freunde drüben in Deutschland im Widerstand und Ausharren zu stärken.
    Um den Raum zu schaffen, in dem ich Zuflucht, Stärkung und Lebensmut finden könnte, genügte es nicht, irgend eine Vergangenheit zu beschwören . . . ich mußte der grinsenden Gegenwart zum Trotz das Reich des Geistes und der Seele als existent und unüberwindlich sichtbar machen, so wurde meine Dichtung zur Utopie, das Bild wurde in die Zukunft projiziert, die üble Gegenwart in eine überstandene Vergangenheit gebannt. Und zu meiner eigenen Überraschung entstand die kastalische Welt wie von selbst. Sie war, ohne daß ich es gewußt hatte, längst in mir präformiert.«

Versuch einer allgemeinverständlichen Einführung
    Bescheiden wie der Diener Leo in der Morgenlandfahrt und wie sein Protagonist, der nicht zufällig Knecht heißt, tritt der Verfasser des Buches nicht als dessen Autor, sondern nur als Herausgeber, als Vermittler von zeitlosen, doch in den Turbulenzen des Aktuellen vergessenen Ideen auf. Im »Versuch einer allgemeinverständlichen Einführung« in die Geschichte des Glasperlenspiels beruft er sich auf die Forschungsergebnisse eines Literaturhistorikers namens Plinius Ziegenhalß, der als erster Geschichtsforscher die Genese des Glasperlenspiels untersucht und den Begriff des »Feuilletonistischen Zeitalters« geprägt habe. Das ist seine Chiffre für einen Kulturbetrieb, der weder einem glaubwürdigen Anliegen seiner Manager noch einem Bedürfnis des Publikums entsprochen habe, sondern vor allem den modischen Zeitgeist in einer Medienwelt bediente, worin »namhafte Chemiker oder Klaviervirtuosen sich über Politik, beliebte Schauspieler, Sportler oder auch Dichter sich über Nutzen und Nachteile
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