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Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)

Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)

Titel: Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)
Autoren: Erin Kelly
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das?« Ich dachte an die Deans, Scotts und Traceys aus meiner Klasse.
    » Und was ist mit dir?«, fragte sie.
    » Da gibt’s nicht viel zu erzählen«, sagte ich, denn bis ich sie kennenlernte, hatte es tatsächlich nicht viel gegeben. Meine Fragen an sie stauten sich hinter meinen Lippen wie der Berufsverkehr in der City. Wo hast du gelernt, so zu sprechen? Ist Rex auch Schauspieler? Was macht deine Mutter? Ist sie so schön wie du? Und vor allem, wie kann ich dich zu meiner Freundin machen? Ich gestattete mir, innerlich den Kopf peinlich berührt zwischen die Schultern zu ziehen: Meine Sprechstimme hatte ich erfolgreich modifiziert, aber mein innerer Monolog war immer noch vom Näseln der West Midlands geprägt. Bestürzt sah ich, dass in Bibas Glas nur noch ein kleiner Rest Wein war. Ich war immer noch bei meinem zweiten, und die Flasche war leer.
    » Jetzt ist das Geld alle«, sagte ich.
    » Wo willst du jetzt hin?«, fragte sie.
    » Zur U-Bahn, nehme ich an.«
    » Super! Ich auch. Zu welcher?«
    Ich liebte die Station Regent’s Park. Sie war nicht die nächste am College, aber der Umweg, den ich machen musste, um hinzukommen, lohnte sich. Sie war nie modernisiert worden wie einige der Haltestellen in Central London. Die dunkelgrünen Kacheln in den Unterführungen und der Fahrkartenhalle waren restauriert statt ersetzt worden, und so fühlte man sich wie in einem Museum. Nicht einmal die stählernen Sperren konnten davon ablenken. Ich steckte meine Travelcard in den Schlitz und staunte wie immer über das Tempo, mit dem sie wieder herauskam, und diesmal war ich doppelt verblüfft, weil ein Paar Hüften mich durch die Sperre trieb. Unbeholfen stolperte ich voran, und Biba drängte sich hinter mir auf meinem Ticket hindurch. » Weitergehen«, flüsterte sie, schwang ihre Handtasche und lächelte honigsüß zu dem Aufseher hinüber, der uns den Rücken zuwandte und einem Touristen mit schwerem Rucksack den Fahrkartenautomaten erklärte.
    Wir standen zwischen den zwei Bahnsteigen. Das Farbschema hier unten war das, was meine Mutter als Kaffee-und-Creme beschrieben hätte; die braunen und elfenbeinfarbenen Kacheln der Bakerloo Line riefen den Eindruck einer Sepiafotografie hervor. Ich stellte mir gern vor, dass diese Fliesen nicht deshalb so blassgelb waren, weil sie so hergestellt worden waren, sondern weil das Gelb immer noch vom Nikotin der Londoner stammte, die hier während des Blitzkriegs Unterschlupf gesucht hatten.
    » Wo fährst du von hier aus hin?«, fragte ich.
    » Nach Highgate«, sagte sie. Ich rief mir den U-Bahn-Plan vor Augen, den ich im Kopf mit mir herumtrug. Da würde sie ganz hinunter zum Embankment und dann mit der Northern Line wieder zurückfahren müssen.
    » Das ist aber jetzt nicht der kürzeste Weg nach Highgate.«
    » Ich habe dich gebraucht, um hier hereinzukommen. Ich sagte doch, ich habe kein Geld. Außerdem kann ich so noch ein paar Minuten mit dir verbringen. Es ist eine Ewigkeit her, dass ich einen interessanten neuen Menschen kennengelernt habe.« Sie drückte meinen Arm. In den sieben oder acht Minuten, die der Zug bis zur Station Embankment brauchte, suchte ich nach einem Vorwand, sie wiederzusehen. Die Neugier, die sie in mir weckte, war dringlich, aber ich musste sie beiläufig zum Ausdruck bringen, wenn ich nicht klingen wollte wie eine liebeskranke Dreizehnjährige, die mit ihrem Schwarm ins Kino gehen wollte.
    Ich machte mich auf einen verlegenen Abschied gefasst, als wir uns im Tunnel zwischen Northern und Bakerloo Line gegenüberstanden. Die Wände waren weiß und glänzend und hatten abstrakte Streifen von einem primärfarbenen Pigment. Ich hatte nie verstanden, warum. Die Touristen, die diesen Bereich der U-Bahn erfüllten, wünschten sich doch sicher etwas Traditionelleres, Altmodischeres, oder war das nur mein Problem? Machte mich das zu einer Touristin? Ein warmer, staubiger Wind wehte böig durch den Tunnel. Ein paar Strähnen von Bibas Haar flatterten mir ins Gesicht und peitschten meine Augen mit ihren stumpfen Enden. Ich blinzelte und hielt die Hand über die Augen, statt einen Schritt zurückzutreten.
    » Was machst du am Samstag?«, fragte sie. » Weil Rex und ich eine Party geben. Das heißt, ich gebe eine Party. Rex hat nicht viel zu sagen.«
    » Wohnst du bei deiner Familie?«
    » Oh, das sind nur ich und Rex. Wir sind Waisen.« Ein ganz neuer Satz Fragen stand unordentlich Schlange auf meiner Zunge. » Mein einundzwanzigster«, redete sie weiter. » Also
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