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Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)

Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)

Titel: Das Gift des Sommers: Thriller (German Edition)
Autoren: Erin Kelly
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hab’s noch nie gesehen.«
    » Aus dem Secondhandladen«, sage ich.
    » Steht dir gut«, sagte er. » So was solltest du öfter tragen. Aber es ist ein bisschen schmuddelig. Oh, Karen, sieh doch. Da ist sogar ein fremdes Haar.« Er zieht ein langes, dunkles, dickes Haar heraus, das sich in das Gewebe hineingeflochten hat, betrachtet es mit forensischem Abscheu und öffnet dann Daumen und Zeigefinger, um es davonwehen zu lassen.
    Es ist einer von diesen Tagen mit einem weißen Himmel, wie es ihn speziell in diesem Teil der Welt gibt. Man weiß dann nie, wo die Sonne steht oder welche Tageszeit gerade ist. Wir gehen hintereinander die Landstraße entlang, Rex vor Alice, ich hinter ihr. Wenn man von unserem Haus irgendwo hinwill, muss man an dem Baugelände vorbei, und ich fühle mich dort hingezogen, um mich zu vergewissern, mich zu erinnern, damit ich anfangen kann zu vergessen. Wenn ich an das Schicksal glaubte, würde ich es damit in Versuchung führen.
    » Lasst uns mal sehen, wie die Bauarbeiten vorankommen«, sage ich und lenke meine Familie in die Zufahrt. Da ist keine polizeiliche Absperrung zu sehen und keine Spurensicherung, da sind nur ein paar Dutzend Arbeiter in reflektierenden Jacken, die Maschinen bedienen, rauchen und Becher mit Tee vor sich her balancieren. Ihre Autos parken da, wo meins letzte Nacht gestanden hat. Ich bin seltsam ruhig, als ich mich frage, welche Reifenspuren da im Schlamm wohl meine sind. Ein Weihnachtslied, das erste, das ich dieses Jahr höre, kommt aus einem unsichtbaren Radio. Über uns sind gelbe Kräne einsatzbereit hochgereckt, und vor uns rotiert die schmutzbespritzte, orangegelbe Trommel eines Betonlasters und neigt sich schräg. Einen besseren Zeitpunkt hätte ich für meinen Besuch nicht finden können: Mit meiner Familie stehe ich in einigem Abstand und sehe zu, wie der Laster Tonne um Tonne Beton in die Grube hinunterwürgt und ihre Leiche für immer dort einschließt. Meine Schultern lockern sich und sinken erleichtert herab.
    Der Duft von gebratenem Speck weht uns aus dem Imbisswagen entgegen. Die Tatsache, dass ich sie zu Hause nicht mache, hat Baconsandwiches für Alice in den Stand einer exotischen Delikatesse erhoben, und sie reibt sich aufgeregt die Hände.
    » Kann ich ein Baconsandwich kriegen?«, fragt sie. » Bitte? Bitte bitte bitte?«
    » Gute Idee«, sagt Rex. » Karen?«
    » Ich nicht.« Ich verziehe das Gesicht. » Aber einen Tee hätte ich gern. Ich warte hier.«
    Ich glaube, Alice hat noch nie etwas aus einem Imbisswagen gegessen. Rex muss sie hochheben, damit sie die Speisekarte lesen kann, und der Mann hinter der Theke sagt etwas, das sie beide zum Lachen bringt. Sie gleitet wieder zu Boden, und der Mann wirft ihr irgendeine Dose zu. Sie fängt sie mit einer Hand auf, hält sie hoch und vollführt einen Feiertagstanz. Es gibt so viel mehr zu feiern, als sie ahnt.
    Ich schiebe eine Hand in meine Handtasche, um mich zu vergewissern, dass es noch da ist, und es ist ein tröstliches Gefühl, als meine Finger sich um das kühle, schmale Plastik schließen. Ich achte darauf, dass sie nicht zu mir hersehen, und verberge es dann für alle Fälle unter dem roten Tuch, bevor ich wieder einen verstohlenen Blick darauf werfe. Es ist jetzt drei Tage her, und das blaue Kreuz ist immer noch da, senkrechte Linien, die beweisen, dass ich schwanger bin.
    Ich bin eine Mutter, und ich bin eine Mörderin. Für mich selbst hätte ich es nie getan. Wahrscheinlich hätte ich es für Rex und für Alice getan. Aber ich musste es tun für dieses Kind, für mein ungeborenes Baby, das meine Familie vollständig machen wird. Ich weiß, ich kann leben mit dem, was ich getan habe, und ich habe keine Angst.
    Ich habe die Kraft einer Frau, die alles zu verlieren hat.

DER GIFTBAUM
    Meinem Freunde zürnte ich:
    Ich sprach es aus, mein Grimm, der wich.
    Meinem Feinde trug ich Groll:
    Ich sprachs nicht aus, mein Grimm, der schwoll.
    Und ich goss ihn Tag und Nacht
    Mit den Tränen banger Wacht,
    Und mit Arglist hinterm Schild
    Sonnt ich ihn mit Lächeln mild.
    Und er wuchs so Nacht wie Tag,
    Bis ein Apfel der Ertrag.
    Und mein Feind sah seinen Schein,
    Und er wusste, der ist mein.
    Stahl in meinen Garten sich,
    Als zur Nacht der Pol verblich.
    Mit dem Morgengraun entdeckt
    Ich den Feind am Baum gestreckt.

DANKSAGUNG
    Ich danke meiner Agentin Sarah Ballard für ihre Warmherzigkeit und ihre Weisheit sowie meiner Lektorin Suzie Dorée für ihren Enthusiasmus und ihr Verständnis. Dank an
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