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Das Gesicht des Drachen

Das Gesicht des Drachen

Titel: Das Gesicht des Drachen
Autoren: Jeffery Deaver
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obwohl die eigentliche Besatzung wie schon erläutert - aus nur sieben Männern und dem Kapitän besteht.«
    »Da hol mich doch der Teufel«, sagte der ansonsten so spröde Harold Peabody mit bewunderndem Grinsen.
    Wenig später an jenem Tag machten Beobachtungssatelliten die Dragon ungefähr vierhundertfünfzig Kilometer vor der amerikanischen Küste aus, genau wie Rhyme vorhergesagt hatte.
    Das Küstenwachboot Evan Brigant, ausgestattet mit fünfundzwanzig Mann Besatzung, großkalibrigen Zwillingsmaschinengewehren und einem 80mm-Geschütz, ging in Bereitschaft, blieb jedoch zunächst auf Distanz, um die Dragon näher herankommen zu lassen.
    Jetzt - kurz vor Tagesanbruch am heutigen Dienstag - befand sich das chinesische Schiff in amerikanischen Hoheitsgewässern, und die Evan Brigant hatte die Verfolgung aufgenommen. Der Plan sah vor, die Dragon zu entern und den Geist samt seinem Gehilfen und der Besatzung zu verhaften. Dann sollte die Küstenwache das Schiff in den Hafen von Port Jefferson auf Long Island bringen, von wo aus man die Emigranten bis zur Abschiebung oder dem Asylverfahren in ein Bundesgefängnis überstellen würde.
    Von Bord des Küstenwachboots kam ein Funkspruch herein. Thom legte ihn auf den Lautsprecher.
    »Agent Dellray? Hier spricht Captain Ransom auf der Evan Brigant.«
    »Ich höre Sie, Captain.«
    »Wir wurden anscheinend bemerkt - deren Radar ist besser, als wir vermutet haben. Das Schiff hält nun geradewegs auf die Küste zu. Wir benötigen neue Anweisungen hinsichtlich unseres Vorgehens. Es besteht Grund zu der Befürchtung, dass ein Enterversuch zu einem Schusswechsel führen könnte. Ich meine, wir wissen ja schließlich, um wen es sich bei diesem Kerl handelt. Vielleicht gibt es Verluste. Kommen.«
    »Verluste bei wem?«, fragte Coe. »Bei den Illegalen?« Der verächtliche Tonfall, in dem er dieses Wort aussprach, war nicht zu überhören.
    »Genau. Wir haben uns überlegt, das Schiff eventuell nur zum Beidrehen zu zwingen und abzuwarten, bis der Geist sich ergibt. Kommen.«
    Dellray hob die Hand und fingerte an der Zigarette herum, die er zur Erinnerung an sein früheres Laster hinter dem Ohr stecken hatte. »Erlaubnis verweigert. Folgen Sie dem ursprünglichen Plan. Stoppen Sie das Schiff, gehen Sie an Bord, und nehmen Sie den Geist fest. Falls nötig, machen Sie von Ihren Waffen Gebrauch. Bitte bestätigen Sie.«
    Der junge Mann zögerte kurz mit der Antwort. »Bestätigt, Sir. Ende und Aus.«
    Damit war das Gespräch beendet, und Thom schaltete den Lautsprecher wieder ab. In der folgenden Stille machte sich fühlbare Anspannung im Raum breit. Sellitto fuhr sich mit den Handflächen über die zerknitterten Hosenbeine und rückte dann die Dienstwaffe an seinem Gürtel zurecht. Dellray ging auf und ab. Peabody rief in der INS-Zentrale an, um den Leuten dort mitzuteilen, dass er ihnen nichts mitzuteilen hatte.
    Kurz darauf klingelte das Telefon an Rhymes Privatanschluss. Thom zog sich in eine Ecke des Zimmers zurück und nahm den Anruf entgegen. Er hörte einen Moment zu und hob dann den Kopf. »Lincoln, es ist Dr. Weaver. Wegen der Operation.« Er ließ den Blick über die nervösen Beamten schweifen. »Ich sage ihr, dass du zurückrufst.«
    »Nein«, widersprach Rhyme entschieden. »Ich möchte jetzt mit ihr reden.«
     
     
    ...Drei
    Die Windstärke hatte noch zugenommen, und die Wogen türmten sich hoch über der unerschrockenen Fuzhou Dragon auf.
    Der Geist hasste Schiffsfahrten, denn er war an Luxushotels mit umfassendem Service gewöhnt, und Schleppertransporte waren eine dreckige, ölige, kalte und gefährliche Angelegenheit. Die Menschheit hat es bis jetzt nicht geschafft, das Meer zu zähmen, und es wird ihr auch nie gelingen, dachte er. Der Ozean ist eine eisige Todesfalle.
    Sein Blick suchte das Achterdeck des Schiffs ab, aber sein bangshou war nirgendwo zu entdecken. Er wandte sich nach vorn, kniff die Augen zusammen und vermochte im Sturm noch immer kein Land auszumachen, lediglich weitere rastlose Berge aus schwarzem Wasser. Er kletterte auf die Brücke und klopfte an die Scheibe der hinteren Tür. Kapitän Sen blickte auf, und der Geist winkte ihn zu sich.
    Sen zog sich eine Strickmütze über die Ohren und trat pflichtgetreu hinaus in den Regen.
    »Die Küstenwache wird bald hier sein«, brüllte der Geist, um das Heulen des Windes zu übertönen.
    »Nein«, erwiderte Sen. »Ich kann dicht genug ans Ufer gelangen, um die Leute abzusetzen, und zwar noch bevor sie
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