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Das Gesicht der Anderen

Das Gesicht der Anderen

Titel: Das Gesicht der Anderen
Autoren: Beverly Barton
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Smiths Vergangenheit zu tun. Und das weißt du auch, verdammt.
    “Tessa, nicht!” G. W. hatte die Worte kaum ausgesprochen, als sich seine Tochter zu ihm umdrehte und ihn böse anfunkelte.
    Mit einem tiefen Seufzer wandte sie sich dann wieder Dante zu. “Ich habe Leslie Anne über ihren echten Vater nicht die Wahrheit gesagt. Wir … Ich habe sie in dem Glauben gelassen, sie wäre das Ergebnis einer Affäre, die ich als Teenager mit einem jungen Mann namens John Allen hatte. Aber es gab nie einen John Allen.”
    Jetzt musste er Tessa die Frage stellen, die ihm schon auf der Zunge brannte, seit er zum ersten Mal Leslie Annes Foto gesehen hatte. “Wer sind dann Leslie Annes biologische Eltern?”
    “Wollen Sie damit andeuten, dass meine Tochter adoptiert ist?” Tessa sah ihn fragend an.
    Dante nickte.
    “Nein, Mr. Moran. Sie ist nicht adoptiert. Ich bin Leslie Annes leibliche Mutter.”
    “Und ihr Vater?”
    Ein Ausdruck von unerträglichem Schmerz und unsagbarer Seelenqual machte sich auf Tessas Miene breit. “Leslie Annes Vater war ein Monstrum. Das Monstrum, das mich vergewaltigt hat.”
    Leslie Anne fuhr am ersten Rastplatz in Alabama von der Interstate 59 ab. Sie hatte zum Mittagessen eine große Cola light getrunken und war kurz davor, sich in die Hose zu machen, so dringend musste sie. Drei Sattelschlepper standen auf dem einen Parkplatz, und verschiedene andere Fahrzeuge füllten den anderen zur Hälfte. Leslie Anne parkte dort, stieg aus und ging hinüber zum Gebäude. Die Reinigungsfrau begrüßte sie freundlich. Leslie Anne ging auf die Toilette und wusch sich anschließend die Hände. Mund und Lippen fühlten sich trocken an, also kramte sie in ihrer Handtasche nach Lipgloss. Als sie den Stift an die Lippen führen wollte und dabei in den Spiegel sah, erstarrte sie mitten in der Bewegung. Sie betrachtete das Gesicht, das sie vor sich sah.
    Sie hatte die blonden Haare und die schlanke Figur ihrer Mutter geerbt, aber schon jetzt, mit sechzehn, war sie acht Zentimeter größer. Aber ihre Nase, ihre Mundpartie und überhaupt das Gesicht waren ganz anders als das ihrer Mutter.
    Leslie Annes Herzschlag beschleunigte sich.
    Hatte sie seine Nase? Seinen Mund? Hatte ihr Gesicht dieselbe Form wie seines?
    Es war durchaus möglich. Falls die Informationen, die sie erhalten hatte, wahr waren – und wer sollte schon so etwas Grässliches erfinden? – dann war
er
ihr Vater. Dann floss sein teuflisches Blut in ihren Adern. Hatte er ihr am Ende seine schrecklichen kriminellen Gene vererbt?
    Das Lipgloss fiel Leslie Anne aus der Hand und landete mit einem Klirren im Waschbecken. Leslie Anne versuchte die Tränen herunterzuschlucken, nahm das Döschen und stopfte es wieder in ihre Handtasche.
    “Liebes, ist alles in Ordnung?”, fragte eine freundliche Stimme.
    Leslie Anne wischte sich die Tränen ab. Hinter ihr stand eine Oma mit liebem Gesicht, zwei Kinder im Vorschulalter im Schlepptau. Sie sah Leslie Anne mit mütterlicher Sorge an.
    “Ja, Ma'am, alles in Ordnung. Ich hab nur eine Wimper ins Auge bekommen, das ist alles.”
    Leslie Anne huschte aus der Toilette und zurück zum Wagen ihrer Freundin Hannah. Hastig stieg sie ein, verriegelte die Türen und öffnete das Handschuhfach. Aus der Box nahm sie ein Taschentuch, wischte sich die Tränen ab und putzte sich die Nase. Das benutzte Taschentuch stopfte sie in den Aschenbecher und nahm dann den Briefumschlag, der im Fußraum des Beifahrersitzes lag. Ihre Hände zitterten, als sie ihn öffnete und die Zeitungsausschnitte sah. Sie suchte nach Bildern, auf denen das Gesicht des Mannes zu erkennen war. Bei manchen Artikeln gab es gar kein Bild von ihm, oder er war nur von der Seite zu sehen oder hielt die Hand vors Gesicht. Gerade als sie glaubte, es wäre kein Bild von seinem Gesicht dabei, fand sie doch eins.
    Da sieht man ihn!
    Das Bild war im Gerichtssaal in Texas aufgenommen worden, kurz nachdem er schuldig gesprochen und zum Tod verurteilt worden war. Er sah wütend aus. Leslie Anne studierte seine Züge und entdeckte keinerlei Ähnlichkeit mit sich selbst. War das wirklich so oder sah sie nur, was sie sehen wollte? Sie wollte nicht, dass dieser Mann ihr Vater war. Und wenn er es war, wollte sie auf keinen Fall aussehen wie er.
    Bitte, lieber Gott, lass ihn nicht mein Vater sein. Das könnte ich nicht ertragen.
    Mein Plan geht sogar besser auf, als ich dachte. Leslie Anne hat offensichtlich alles geglaubt, was ich in meinem Brief geschrieben habe. Warum
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