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Das Gesetz der Freiheit

Das Gesetz der Freiheit

Titel: Das Gesetz der Freiheit
Autoren: Charles Gray
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war.“
    „Es ist ungeheuerlich, daß Sie so ruhig da vor uns stehen und unumwunden zugeben, was Sie getan haben!“ Lorna trat einige Schritte vor, Feuer der Empörung loderte aus ihren Augen, und das Temperament schien mit ihr durchgehen zu wollen. „Sie sind wohl gar noch stolz auf den Zustand, in dem sich die Welt befindet, stolz auf die ermordeten Männer und Frauen, auf die verhungernden Kinder? Warum mußten Sie uns das alles antun?“
    „Warum? Den Grund wollen Sie wissen?“ Der Unparteiische blickte zu ihr herunter, und alle Empörung erlosch in ihren Zügen. „Was haben wir denn getan? Ihre Welt haben wir gerettet! Jawohl, vor dem Atomtod haben wir sie bewahrt; bei dem technischen Fortschritt, den Sie erreicht hatten, schien er völlig unvermeidbar und unausbleiblich; und auch die gesellschaftliche Struktur Ihrer damaligen Zivilisation begünstigte die allgemeine Zerstörung, leistete dem von Menschenhand herbeigeführten Weltuntergang Vorschub. O nein, wir sind keine herzlosen Eindringlinge. Wir sind Mitglieder eines Bundes, der sich im Bereich der Milchstraße entwickelt hat – einer Föderation von Welten, die weite Gebiete im Bereich der fernsten Sterne umfaßt. Ihre Welt haben wir vor ungefähr fünfzig Jahren entdeckt. Wir haben sie einer Prüfung unterzogen und mußten feststellen, daß sie hoffnungslos verkommen und niedergegangen war!“
    „Verkommen?“ Dell schluckte einen Ausruf der Empörung hinunter und versuchte sich vorzustellen, wie die Welt vor fünfzig Jahren wohl ausgesehen haben mochte.
    „Jawohl! Irgendwo auf dem Wege zur höchsten Stufe der Kultur hatte Ihr Menschengeschlecht eine falsche Richtung eingeschlagen. Ihre technischen Errungenschaften waren gewiß beachtlich und überwältigend – aber Sie machten davon einen Gebrauch, der an das unverantwortliche Treiben unreifer Kinder erinnerte. Sie setzten die Früchte Ihrer hochentwickelten Naturwissenschaften ein, um Geräte infernalischer Zerstörung zu konstruieren; Instrumente, mit deren Hilfe Sie Ihre Mitmenschen töten oder versklaven konnten. Als wir Sie entdeckten, trieb Ihre ganze Welt eben einer Katastrophe zu, die nur in totaler Zerstörung und glattem Selbstmord Ihres ganzen Geschlechtes enden konnte. Natürlich durften wir nicht zugeben, daß so etwas Unsinniges geschah.“
    „Und deshalb also haben Sie uns mit Ihren Strahlen berieselt?“ murmelte Dell. „Warum denn?“
    „Ist das nicht selbstverständlich? Wir haben den Menschen ein Geschenk gemacht, das Geschenk, eine eigene Überzeugung zu entwickeln und eigene Entscheidungen zu fällen. Niemand brauchte mehr etwas anderes zu tun als das, was er wünschte. Niemand brauchte dem Diktat irgendeiner organisierten Macht zu gehorchen. Alle Heere und alle Regierungen gehören endgültig der Vergangenheit an, und das Menschengeschlecht hat Zeit, aufzuatmen und ein wenig von dem verlorenen Stolz zurückzugewinnen.“
    „Und die Kinder, die auf der Straße und unter den Brücken vor Hunger sterben?“ beharrte Lorna. „Und die Rauschgiftsüchtigen, die Mörder, die Bettler? An alle diese Unglücklichen denken Sie wohl gar nicht?“
    „In der Geschichte des Menschengeschlechtes hat es zu allen Zeiten Kinder gegeben, die nichts zu essen hatten, und Menschen, denen das Notwendigste fehlte; und auch Leute, die Vergessen und Zuflucht im Genuß von Drogen suchten, waren immer und ewig da. All das haben wir keineswegs hervorgerufen, auf der Erde etwa erst bekanntgemacht. Vielmehr sind Sie für diese Mißstände selbst verantwortlich. Aber nach ein oder zwei Generationen wird man all das bestimmt nicht mehr kennen.“
    „Glauben Sie das ganz bestimmt?“
    „Unbedingt.“
    „Dann haben Sie etwa schon entsprechende Erfahrungen sammeln können, irgendwo außerhalb der Erde?“
    „Allerdings.“
    „Nun, das gibt tatsächlich zu denken!“ Dell blickte den hochgewachsenen Mann fest an und versuchte alle seine Einbildungskraft aufzubieten, um sich vorstellen zu können, wie es wohl sein mußte, Angehöriger einer ganz anderen, fernen Zivilisationsstufe zu sein. Aber es gelang ihm beim besten Willen nicht; dieser Gedanke war einfach zu gewaltig für jeden Menschen, der nichts kannte als die Erde.
    „Also ist alles vorbei“, stieß er erschöpft und resigniert hervor. „Und was soll nun aus uns werden?“
    „Nichts ist vorbei. Keineswegs ist alles aus!“ wandte der Unparteiische ein. „Das Leben auf diesem Planeten hat ja jetzt überhaupt erst begonnen. Warten Sie nur
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