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Das geschwaerzte Medaillon

Das geschwaerzte Medaillon

Titel: Das geschwaerzte Medaillon
Autoren: Laura Jane Arnold
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auf den weißen Verband, der sehr gut im Dunklen zu erkennen war. Je länger ich darauf sah, umso röter wurde er. Blut sickerte durch den weißen Stoff und verschlang immer mehr von der weißen Fläche, bis der Verband nicht mehr zu existieren schien. Ich keuchte auf, als ich mit ansah, wie der Verband sich auflöste und meine geschundene Haut sich auftat. Ein tiefer Schnitt klaffte auf meiner Handfläche und schien mit jeder Sekunde tiefer zu werden. Ich spürte den Schmerz, aber der Schock über das, was ich sah, lähmte meine Stimmbänder. Ich musste träumen. Das war die einzige sinnvolle Erklärung. Ich hatte einen Albtraum. Mehr nicht. Ich würde jeden Moment aufwachen und dann wäre der Verband wieder weiß und ich würde den Namen des Mannes neben mir wissen.
    Ein Albtraum. Mehr nicht. Nur ein Albtraum. Ich murmelte es in Gedanken immer und immer wieder vor mich hin, während ich weiter auf meine Hand starrte. Das Blut strömte inzwischen nur so aus dem Schnitt und lief über mein Handgelenk und tropfte schließlich auf die weißen Laken. Der Fleck auf dem weißen Stoff wurde immer größer und leuchtete mir entgegen. Ich sah nichts mehr außer dem strahlenden Rot meines eigenen Blutes.
    »Ein Traum«, formten meine Lippen geräuschlos. Ich zuckte zusammen, als brennender Schmerz durch meine Hand fuhr. Ich schrie, ohne dass ein Laut aus meiner Kehle kam. Es war unerträglich. Nun brannten auch meine Augen und meine Sicht verschwamm unter den Tränen, die sich an die Oberfläche drückten. Ich starrte auf meine Hand. Zwischen dem ganzen roten Blut schimmerte mir etwas Weißes entgegen. Ich sah meine eigenen Handknochen. Der Schnitt war bis zu den Knochen aufgerissen. Das Blut auf dem Laken hatte sich so weit ausgebreitet, dass ich es bereits an meinen Knien spüren konnte. Warm und nass. Ich hörte nicht auf zu schreien, ohne dass ich wirklich schrie. Ich hoffte endlich aufzuwachen. Endlich diesem Schmerz zu entkommen. Es geschah nicht. Ich wachte nicht auf, weil ich nicht schlief. Dieser Albtraum war Realität. Grauenvolle, schmerzhafte Realität. Der Schnitt, das Blut, mein Blut, das sich überall verteilte. Das war real. Endlich bewegte der Mann sich und ich konnte sein Gesicht sehen. Bilder zuckten vor meinen Augen auf und jagten sich durch meine Gedanken. Ein silberblaues Gesicht, das mich aus der Ferne ansah. Dasselbe Gesicht, wie es mich besorgt im Rückspiegel musterte. Das mich liebevoll ansah, als ich nur im BH und Jeans neben einem Wagen stand. Dasselbe Gesicht, derselbe Mann, der nur Millimeter von mir in dem Wasser einer heißen Quelle stand und ein Netz aus Lichtlinien durchs Wasser spannte. Derselbe Mann, den ich küsste, in dem Moment als ich starb und derselbe Mann, den ich küsste, als ich wieder lebte. Der Mann, den ich von der ersten Sekunde an geliebt hatte. Der Mann, dessen Seele ich wohl besser kannte als meine eigene. Wie hatte ich bloß seinen Namen vergessen können? Die tiefe Verbindung, die wir teilten? Wie hatte ich mich nicht an Craig erinnern können? Wenn ich ihn vergessen hatte, wer war dann noch alles aus meinem Gedächtnis verschwunden?
    Ich stöhnte vor Schmerz und vor Angst vor dem, was ich noch vergessen haben könnte. Craig bewegte sich weiter unruhig im Schlaf und nun berührte seine Hand den blutgetränkten Bereich des Lakens. Ich hatte mich nicht bewegt. Ich konnte mich nicht bewegen. Ich konnte nur meine Hand sehen, aus der immer noch Blut sickerte und Craigs Gesicht. Ein Ruck fuhr durchs Bett, als er sich schlagartig aufsetzte und die Decke dabei von seiner Brust rutschte. Er sah auf seine Hand. Für eine Sekunde schien es so, als wüsste er nicht, was er dort glitzern sah. Dann schlug er auf den Lichtschalter über seinem Nachttisch. Weißes Licht durchflutet das Schlafzimmer und ließ die Szene noch grauenvoller erscheinen. Das Blut, das die gesamte Seite meines Bettes eingefärbt hatte, leuchtete noch intensiver. Es war einfach überall.
    »Janlan!«, Craig keuchte und rang nach Luft, als sein Verstand versuchte zu verstehen, was genau er eigentlich sah. Ich konnte fast erkennen, wie seine Gedanken rasten. Er riss einen Streifen Stoff vom Laken ab, welches nicht von meinem Blut besudelt war, und band es fest um meine Handfläche. Seine Augen weiteten sich entsetzt, als auch er die Knochen meiner rechten Hand sah.
    »Was ist passiert?«, schrie er mich an. Ich starrte nur zurück. Meine Stimme gehorchte mir immer noch nicht. Ich wollte etwas sagen. Ich wollte ihm
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