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Das geschwaerzte Medaillon

Das geschwaerzte Medaillon

Titel: Das geschwaerzte Medaillon
Autoren: Laura Jane Arnold
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erschienen, die ihn nur noch sympathischer wirken ließen. Sie trugen unweigerlich dazu bei, dass sich jeder Patient in Behandlung von Doktor Halfersen gut aufgehoben fühlte.
    »Nun ja ...«, fing ich erneut an zu stottern. Meine Tollpatschigkeit war mir zwar mehr als vertraut, aber das machte sie nicht weniger peinlich.
    »Sie hat sich mit einem scharfen Stein versehentlich die Handfläche aufgeschnitten. Ist recht tief. Ich denke, das muss genäht werden.«
    Keira hatte es bereits berichtet, bevor ich auch nur noch ein weiteres Wort hatte sagen können. Doktor Halfersen nahm auf dem schwarzen Lederhocker Platz und rollte elegant zu mir herüber.
    »Dann wollen wir uns das mal ansehen.«
    Wie zuvor Keira, nahm nun auch er vorsichtig meine Hand. Der Verband war inzwischen so blutgetränkt, dass er nicht mehr einen einzigen Tropfen auffangen konnte.
    »Du bist ja schon richtig professionell im Verbinden, Keira.«
    »Ich bekomme ja leider auch mehr als genug Übung.«
    Sie sagte es ohne jeden vorwurfsvollen Unterton. Ich musste ja selbst eingestehen, dass sie bedauernswerterweise recht hatte. Ich zuckte zusammen, als Doktor Halfersen den Verband vom Schnitt zog. Ein Pochen fuhr durch meine Hand und breitete sich dann in jedem Zentimeter meines Körpers aus. Der Schnitt war wirklich tief und Keira behielt blöderweise Recht  mit ihrer Einschätzung. Mit jedem Stich zuckte ich erneut zusammen. Acht Mal musste ich das über mich ergehen lassen, bis endlich ein sauberer weißer Verband an meiner rechten Hand prangte. Ich betastete vorsichtig die Arbeit des Doktors und stellte zufrieden fest, dass der Verband nicht so schnell verrutschen würde.
    »Du kommst dann wie gewöhnlich zur Kontrolle.«
    Ich nickte und wollte mich gerade bedanken, als Doktor Halfersen erneut anfing zu reden.
    »Bevor ich es vergesse, habt ihr in den letzten Tagen meine Nichte Clara gesehen? Sie ist seit drei Tagen nicht daheim gewesen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass sie mal eine Nacht oder auch zwei nicht nach Hause kommt, aber inzwischen macht sich meine Schwester ernsthafte Sorgen.«
    Ehrliche Besorgnis schimmerte in den sonst so freundlichen und fröhlichen Augen.
    »Es tut mir leid, Doktor Halfersen, aber ich habe Clara schon länger nicht mehr gesehen. Du?«
    Auch Keira schüttelte den Kopf und wiederholte meine Worte. Ein wenig enttäuscht sagte er, »Nun gut, aber wenn ihr sie seht, sagt mir doch bitte Bescheid.«
    »Das werden wir natürlich machen. Danke, dass Sie sich so schnell um mich gekümmert haben. Ich bin sicher, Clara kommt wieder zur Vernunft und sitzt heute Abend beim Abendessen.«
    Er lächelte mich dankend an, sagte aber nichts mehr, als er das Zimmer verließ.
    Clara Halfersen war drei Jahre jünger als ich und in ganz Amalen für ihr aufbrausendes Temperament bekannt. Sie hatte sich schon immer schwer mit Regeln und Grenzen getan. Ihr durchaus gutes Aussehen hatte nicht gerade wenig dazu beigetragen, dass die Leute dazu neigten, ihr Dummheiten durchgehen zu lassen. Zudem konnte sie auch noch mehr als charmant sein und wusste, wie sie die Menschen zu ihrem Vorteil beeinflussen konnte. Allerdings war es wirklich untypisch für sie, länger als zwei Nächte fortzubleiben. Sie tat es meistens, wenn sie der Meinung war, sie müsste ihren Eltern eine Lektion erteilen. Aber drei Nächte, das war selbst für Clara übertrieben. Ich spürte, wie sich das ungute Gefühl in meiner Brust erneut zu einem bemerkbaren Kloß zusammenbraute. Unwillkürlich schlang ich mir die Arme um den Bauch, so wie ich es immer tat, wenn ich starke Bauchschmerzen oder Übelkeit hatte.
    »Alles Okay? Soll ich Doktor Halfersen zurückholen?«
    Keira musterte mich besorgt. »Du siehst irgendwie plötzlich ziemlich blass aus.«
    Sie legte mir prüfend eine Hand auf die Stirn, als glaubte sie, ich hätte Fieber.
    »Nein. Mir geht’s gut. Ich will einfach nur heim.«
    Ich hatte nicht beabsichtigt, so barsch zu klingen. »Entschuldige. Ich bin einfach nur müde und würde mich gerne ein wenig hinlegen.«
    Keira sah mich misstrauisch an, schien es dann aber auf den Blutverlust zu schieben.
    Auf der Heimfahrt breitete sich ein unangenehmes Schweigen aus. Ich konnte mich nicht überwinden etwas zu sagen. Dafür war ich viel zu sehr mit dem drückenden Gefühl beschäftigt. Als wir endlich bei mir ankamen, musste ich nicht mehr nur so tun als wäre ich müde. Ich war es wirklich und wäre ich auch nur für eine halbe Minute stehen geblieben, ich wäre auf der
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