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Das Geiseldrama

Das Geiseldrama

Titel: Das Geiseldrama
Autoren: Stefan Wolf
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ist bei Bewußtsein, aber sehr geschwächt. Es ist unverantwortlich, was Sie
mit ihm vorhaben.“
    „Laß das unsere Sorge sein,
Bulle!“ entgegnete die Oliviri rüde. „Siehst du die Flasche, die meine Kollegin
hat? Sie ist mit Nitro gefüllt. Wenn irgendwas schiefläuft, haut Hanna die
Flasche auf den Boden. Dann...“
    Was jetzt geschah, hätte
niemand für möglich gehalten. Auch Tarzan entschloß sich erst in dieser
Sekunde.
    Er stand neben Hanna Neu.
Blitzartig riß er ihr die Flasche weg, wobei er der Frau einen Schulterstoß
versetzte, daß sie gegen Macke flog. Gleichzeitig sprang er zurück. Mit beiden
Händen hielt er die Flasche erhoben.
    „Keine Bewegung!“ schrie er.
„Oder ich schmeiße euch das Ding vor die Füße. Runter mit den Waffen! Los! Und
denkt nicht, daß ich spaße.“
    Entsetzen versteinerte alle.
Auch Glockner. Auch Gaby. Die Terroristen glotzten fassungslos.
    „Der... der Bengel ist
übergeschnappt“, keuchte Macke.
    Tarzan wußte: Was er tat, war
nicht ohne Risiko. Aber er hatte sich ein Bild gemacht, was die Terroristen
betraf. Sie dröhnten mit großen Worten und spielten sich als Helden auf. Aber
jeder von ihnen hing an seinem verpfuschten Leben. Freiwillig würde keiner es
wegwerfen.
    „Tarzan…“, ächzte Glockner.
    „Mir ist alles egal!“ schrie
Tarzan. Er verdrehte die Augen, zog den Mund breit, bleckte die Zähne. „Ich
spaße nicht. Ich sprenge uns alle in die Luft. Und jetzt zähle ich nur noch bis
drei. Wenn dann nicht alle Waffen auf dem Boden liegen, dann... Adieu, schöne
Welt!“
    Er knirschte mit den Zähnen,
rollte die Augen und hielt die Flasche noch höher.
    „Eins... zwei...“

    „Hör auf! Ist ja gut! Hast
gewonnen“, rief Macke.
    Er legte seine MP auf den
Boden. Die andern folgten seinem Beispiel.
    Sofort bückte sich Glockner. Er
nahm eine Pistole, überzeugte sich, daß sie geladen und entsichert war, und
richtete sie auf die Verbrecher.
    „Dort an die Wand!“ befahl er.
    Sie gehorchten. Zu fünft
stellten sie sich unter einem Fenster des Speisesaals auf. Hinter dem Fenster
waren jetzt viele Gesichter. Tarzans Geschrei hatte die anderen aufgeweckt.
    „Tarzan, mein Junge! Sei ganz
ruhig!“ Glockner wischte sich Schweiß von der Stirn. „Das war zuviel für dich.
Ich verstehe es ja. Jeder kann mal durchdrehen, aber...“
    „Aber Herr Glockner!“ Tarzan
lachte. „Ich fühle mich wohl. Sehr wohl sogar! War gut gespielt, wie?“
    Die Terroristen starrten ihn
an.
    Er grinste. Glockner hielt die
Verbrecher in Schach. Tarzan warf die Flasche in die Luft und fing sie auf.
    „Laß
das!“ kreischte Hanna Neu. „Sie explodiert.“
    „Glaube ich nicht!“ Er holte
aus.
    Allen blieb fast das Herz
stehen, als er die Flasche gegen die Hauswand schleuderte, wo sie klirrend zerschellte.
    „Na sowas!“ Er lachte. „Das war
wohl kein Nitro, wie? Nur Wasser. So kommt’s, wenn man nicht aufpaßt. Ich habe
die Flasche ausgetauscht. Das Nitro steht in der Küche.“
    Ein Jubelruf ertönte neben ihm.
Im nächsten Moment fiel ihm Gaby um den Hals. Ehe er sich versah, küßte sie ihn
auf den Mund.
    „Und ich dachte schon“,
flüsterte sie. „Du hättest mein Leben aufs Spiel gesetzt.“
    Er wollte antworten. Aber die
Sprache war ihm abhanden gekommen.
    Himmel! dachte er. Bis jetzt
habe ich mich stark gefühlt. Aber plötzlich habe ich Pudding in den Knien. Hm.
Wenn ich ganz still halte — ob sie mich dann nochmal küßt?
     
    *
     
    In dieser frühen Morgenstunde
endete das Geiseldrama.
    Schon nach kurzer Zeit wimmelte
es auf dem Schulgelände von Polizei. Die Terroristen wurden mit Handschellen
gefesselt und in Untersuchungshaft gebracht.
    Währenddessen lauerten
Polizisten beim Schiefen Turm. Als dort um 5 Uhr ein Hubschrauber auf der
Lichtung landete, dauerte es nur Augenblicke, bis der Pilot überwältigt war. Er
gehörte einer internationalen Terroristen-Organisation an und wurde in mehreren
Ländern steckbrieflich gesucht.
    Im Verhör verriet Ohnesorge,
wer sich hinter dem Code-Namen Wühlmaus verbarg. Auch dieser Terrorist wurde verhaftet.
    Der Prozeß gegen die BRIGADE
STAATSFEIND erregte viel Aufsehen. Jeder Verbrecher erhielt seine verdiente
Strafe. Nur Erwin Roland erlebte den Prozeß nicht mehr, sondern erlag kurz
zuvor seinem Leiden.
    Dikal und Lotzka erholten sich
von ihren Verletzungen. Aber die Nachbehandlung fand hinter Gittern statt.
    Von der Geiselnahme sprach man
noch lange. Und in die Annalen (Jahrbücher) der Schule ging
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