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Das geht auf keine Kuhhaut

Das geht auf keine Kuhhaut

Titel: Das geht auf keine Kuhhaut
Autoren: Gerhard Wagner
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einer einen Storch!“
    Da bin ich aber sehr erstaunt!

    D ie mittelalterliche Küche war im Vergleich zu heutigen Ernährungsgewohnheiten eher fleischarm. Getreide spielte als Grundnahrungsmittel eine große Rolle und wurde zu Brei, Grütze und Brot verarbeitet. Fleisch lieferte das Schwein, nicht so sehr das Rind. In der Küche damals wurden aber auch Tiere zubereitet, die dem heutigen Gaumen als völlig ungenießbar erschienen wären, zum Beispiel Igel und Siebenschläfer. Neben Hühnern, Gänsen und Enten wurden auch Schwäne, Pfauen, Wachteln, Kraniche, Singvögel, ja überhaupt jede Vogelart, die man fangen konnte, verzehrt. Aber es gab auch Tiere, deren Genuss untersagt war. Nach einer alttestamentlichen Speisevorschrift darf zum Beispiel der Storch, ebenso wie Reiher, Rabe und Schwalbe, nicht gegessen werden. Dieses Verbot nahm man auch im Mittelalter ernst, zumal der Storch ja nach der Legende die kleinen Kinder brachte. Einen Storch zu braten gehörte sich also nicht und würde nur Entrüstung hervorgerufen haben.
    |139| „Einen Zahn zulegen“
    beschleunigen

    I n vielen Burgküchen wird heute diese Redewendung zitiert, wenn es darum geht, die eigenartigen Topfstangen zu erklären, die zur Ausstattung eines mittelalterlichen Kamins gehörten. Diese sind nämlich an einer Seite gezackt wie ein Zahnrad. Man konnte, je nachdem, wie hoch man den Topf mittels dieser Zahnreihe und eines sinnreichen Einrastmechanismus über der Glut arretierte, die Temperatur des Topfinhalts und damit die Gargeschwindigkeit regulieren. Leider hat die Redewendung vom zugelegten Zahn nichts mit diesen Zahnstangen zu tun. Sie kommt vielmehr aus dem frühen Automobilbau, als die Oldtimer anstatt eines Gaspedals einen Handgashebel mit Zahnkranz, manchmal auch eine hierfür vorgesehene gezähnte Stange hatten. Wenn man dort die Arretierung einen Zahn weiter einrasten ließ, also einen Zahn zulegte, fuhr das Auto schneller. Die Redewendung hat also mit den Topfhaken in den Burgkaminen wirklich nichts zu tun, auch wenn es so scheint und immer aufs Neue wiederholt wird!
    „Ins Fettnäpfchen treten“
    etwas Peinliches sagen
    E ntstanden ist diese Redewendung entgegen der verbreiteten Annahme nicht im Mittelalter, sondern wohl erst im 19. Jahrhundert. Sie geht darauf zurück, dass man auf dem Lande, wo es noch wenige befestigte Straßen gab, in den Bauernhäusern einen Tiegel mit Fett bereithielt, um damit die Lederstiefel wasserdicht einzufetten. Dabei bestand immer die Gefahr, dass ein unaufmerksamer Besucher versehentlich in eines dieser auf dem Fußboden stehenden Fettnäpfchen trat, was natürlich sehr peinlich war, weil es nicht nur den Fußboden, sondern auch die eigene Kleidung verschmutzte. Möglicherweise sind mit der Redensart auch die Näpfe gemeint, in denen das von an der Decke hängenden Würsten und Speckseiten tropfende Fett aufgefangen wurde. Hier war die Peinlichkeit womöglich wegen des durch den Tritt umgekippten und verdorbenen Fettes noch größer.
    |140| „Das Wasser nicht reichen können“
    nicht ebenbürtig sein
    B ei einem mittelalterlichen Bankett herrschte zwar Überfluss in Sachen Speisen und Getränke, das Essbesteck aber war im Vergleich zu heute erstaunlich einfach. Es gab nur Löffel für die Suppe, ansonsten wurde mit den Fingern gegessen. Um diese vor und nach der Mahlzeit zu reinigen, konnten sich die Gäste Wasser über die Hände gießen lassen. Es ist in vielen mittelalterlichen Quellen bezeugt, dass das „wazzer nemen“ ganz selbstverständlich zum Gastmahl gehörte. Das Wasser wurde den adligen Festteilnehmern von einem Pagen offeriert, also einem Edelknaben, der am Hofe des Gastgebers diente. Ein niederer Angestellter, etwa gar ein Knecht, hätte den hochgestellten Gästen nicht das Wasser reichen können, er hätte ja im sozialen Niveau weit unter ihnen gestanden; in diesem übertragenen Sinn wird die Redewendung seit dem 16. Jahrhundert gebraucht. Das moderne Fast Food könnte die Entwicklung der Esskultur wieder zurückschrauben; Hamburger, Döner & Co. werden ja schon wieder mit den Fingern gegessen.
    „Aufschneiden“
    prahlen, angeben

    D iese Redewendung lautete ursprünglich „mit einem großen Messer aufschneiden“ und wird so interpretiert, dass ein Angeber eine kleine Portion mit einem zu großen Messer bearbeitet; man könnte auch sagen, dass er ein winziges Problem aufbauscht, um mit der Lösung zu beeindrucken. Es gibt aber noch eine andere ins Mittelalter zurückreichende
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