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Das geht auf keine Kuhhaut

Das geht auf keine Kuhhaut

Titel: Das geht auf keine Kuhhaut
Autoren: Gerhard Wagner
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Redewendung? Vielleicht nähert man sich der Bedeutung, wenn man das Wort „hinaus“ ergänzt: Wenn nämlich etwas über die Hutschnur hinausgeht, kann damit ein Maß, eine Größenordnung oder ein Limit gemeint sein. Und tatsächlich ist aus dem Jahre 1356 eine Urkunde aus Eger überliefert, in der sich zwei Klöster wegen einer Wasserleitung einigen. Der erste Anlieger soll demnach nur Wasser entnehmen, dessen Strahl „nicht dicker als eine Hutschnur“ sein darf, wohl um dem anderen Nutzer Wasser übrig zu lassen. So richtig logisch ist das nicht, denn mehr noch kommt es ja darauf an, wie lange man das Wasser laufen lässt. Möglicherweise ist in diesem Fall der Wasserstrahl aus einem in der Regel ständig laufenden Röhrenbrunnen gemeint gewesen. Bei einem dicken Strahl wäre die Leitung schnell erschöpft gewesen.
    „Einen Brandbrief schreiben“
    dringlich um Geld bitten
    D er Begriff „Brandbrief“ war im Spätmittelalter doppelt besetzt. In Norddeutschland bezeichnete er eine Art Fehdebrief, in dem jemand seinem Gegner das Abbrennen von Haus und Hof androhte. In Süddeutschland nannte man so eine amtliche Urkunde, die Brandgeschädigte mit sich führen mussten, wenn sie für ihren Lebensunterhalt sammeln gingen, um sie von gewöhnlichen Bettlern zu unterscheiden. Der Brandbrief erlebte sehr viel später, nämlich im 18. Jahrhundert, eine Renaissance, als er in der Studentensprache zu neuem Leben erweckt wurde. Es kam damals – und auch später noch – bisweilen vor, dass Studenten, die über ihre Verhältnisse gelebt hatten, einen an einer Ecke angekokelten Brief nach Hause schrieben, um dezent anzudeuten, dass sie abgebrannt seien. Wie sieht solch ein „Brandbrief“ im Zeitalter der E-Mails eigentlich aus?
    |132| „Heimleuchten“
    unmissverständlich die Meinung sagen
    N och weit übers Mittelalter hinaus war der Tag bei Sonnenuntergang zu Ende, wenn das natürliche Licht erloschen war. An künstlichen Lichtquellen waren nur Fackeln, Talglichte, Kienspäne und Kerzen, die aber in der Regel dem Gebrauch in der Kirche vorbehalten waren, vorhanden, alles keine Lampen, mit denen man Gassen hätte erhellen können. Die mittelalterlichen Städte waren also finster, und da es noch keine Straßenpflasterung gab, waren die Wege im Dunkeln unsicher. Besorgte Gastgeber ließen den scheidenden Gast durch einen Diener mit einer Fackel oder Laterne nach Hause begleiten, oder der Gast engagierte selbst einen, der ihm nach einem nächtlichen Besuch buchstäblich heimleuchtete. Im 16. Jahrhundert erhielt die Redewendung ihren heute noch mitklingenden höhnischen Ton, als Bürger gescheiterten Belagerern ihrer Stadt spöttisch nachriefen, dass sie bereit seien, ihnen den Weg nach Hause auszuleuchten.
    „Eine Marotte haben“
    eine seltsame Angewohnheit haben

    D ie Marotte ist etwas aus der Mode gekommen. Abgelöst wurde sie in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts von dem Anglizismus „Spleen“. Heute spricht man treudeutsch meist von einer Macke, wenn jemand verhaltensauffällig ist. Die „Marotte“ kommt aus dem Französischen und bezeichnete ursprünglich, vom Namen der Muttergottes abgeleitet, eine tragbare Heiligenfigur. Später nannte man eine einfache, auf einem Stab angebrachte Puppe beim Puppentheater auch so. Daraus entwickelte sich noch später ein Narrenzepter mit Puppenkopf, wie es im ausgehenden Mittelalter der Hofnarr vor sich hertrug. Bekannt ist bis heute die Darstellung des Jokers im Rommee- oder Canasta-Kartenspiel, der auf einigen Abbildungen eine Marotte mit einer verkleinerten Version seiner selbst in der Hand hält. Gelegentlich sieht man auch im Karneval den Zunftmeister einer Narrenzunft eine solche Marotte tragen, in Mainz auch den „Bajazz’“, die Symbolfigur der dortigen Fastnacht.
    |133| „Jemanden entlarven“
    geheime Absichten enthüllen
    H eute kommt das Wort „Larve“ fast nur noch im Zusammenhang mit Entwicklungsstufen von Tieren vor. Im Zusammenhang dieser Redewendung geht es aber um die altertümliche Bezeichnung für Maske aus dem lateinischen „larva“, das so viel wie „Gespenst“ und dann auch „Schreckmaske“ bedeutete. Seit dem 14. Jahrhundert wurde eine, damals noch nicht auf der Bühne, sondern eher bei Beschwörungen und Volksbräuchen benutzte Gesichtsmaske Larve genannt. Luther gebraucht das Wort dann im Sinne der heutigen Maske, woraus im 17. Jahrhundert das Verb „entlarven“ mit der direkten Bedeutung „jemandem die Maske vom Gesicht nehmen“
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