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Das Geheimnis zweier Ozeane

Das Geheimnis zweier Ozeane

Titel: Das Geheimnis zweier Ozeane
Autoren: Grigori Adamow
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auf Seegurken, die friedlich Schlamm fraßen, auf Seesterne, die langsam über den Meeresboden dahinkrochen, auf marmorweiße, sackförmige Manteltiere, die unter seinen schweren Sohlen zerplatzten, auf die Sandröhrchen der Röhrenwürmer, die ihre roten Kiemen wie Fadenbüschel nach oben streckten.
    „Siehst du“, sagte der voranschreitende Zoologe, „das Leben der Muräne fand ein jähes Ende. Aus dem Rachen einer Barracuda gibt’s kein Entrinnen.“
    „Und uns … hätte sie uns nicht auch gefährlich werden können, Arsen Dawidowitsch … wenn wir uns nicht in einem Felsspalt versteckt hätten?“ fragte Pawlik stockend.
    Der Zoologe schmunzelte und hob seine Hand, um sich gewohnheitsgemäß über seinen prächtigen assyrischen Bart zu streichen, aber sie glitt nur über die metallene Brust des Taucheranzuges.
    „Gegen unsere Taucheranzüge sind nicht nur die Zähne einer Barracuda, sondern auch die des Beherrschers der Meerestiefen, des Pottwals, machtlos“, antwortete er. „Und dich habe ich nicht in den Felsspalt gezogen, weil ich Angst hatte. Ich wollte nur den Kämpfenden nicht im Wege sein. Aber selbst Skworeschnja würde ich nicht raten, der Barracuda im Badeanzug zu begegnen.“
    Der Zoologe blieb plötzlich stehen, kniete nieder und betrachtete etwas auf dem Meeresboden.
    „Pawlik!“ rief er. „Ein wunderbares Schauspiel! Komm schnell her, Jungchen!“
    Seine Stimme klang in dem winzigen Empfänger, der in Pawliks Taucherhelm verborgen war, vergnügt und erregt zugleich.
    Der Wissenschaftler blickte angespannt auf einen bunten Fleck, der sich langsam über den Meeresgrund bewegte, und hob abwehrend die Hand.
    „Vorsichtig, Pawlik! Verscheuche ihn nicht! Bücke dich und schau dir das mal an.“
    „Ein Krebs, Arsen Dawidowitsch!“ rief Pawlik. „Aber warum hat er sich zur Hälfte in einer Muschel versteckt? Und was ist das für eine Blume, die er auf seinem Rücken trägt?“
    Trotz der sechzig Meter Tiefe, in der sie sich befanden, sah Pawlik ausgezeichnet, was sich hier unten auf dem Meeresboden zutrug und was dieser seltsame Krebs trieb.
    Der Tag über dem Ozean war anscheinend klar und wolkenlos. Es mußte bald Mittag sein. Die tropische Sonne stand sicher schon hoch am Himmel; denn ihre Strahlen durchdrangen das klare, durchsichtige Wasser fast senkrecht und wurden deshalb von unten kaum reflektiert.
    „Das ist eine lebende Blume“, sagte der Zoologe. „Eine Aktinie oder Seeanemone, ein kleines Tier. Sie ist ein Räuber, ein ausgesprochenes Raubtier der Tiefe. Unter ihr in der Muschel befindet sich tatsächlich ein Krebs, aber kein gewöhnlicher, sondern ein Einsiedlerkrebs. Schau mal, jetzt ist er ganz aus der Muschel herausgekrochen. Nur sein Bruststück, der Kopf und die Scheren sind durch einen Panzer geschützt. Der weiche Hinterleib hingegen ist völlig ungeschützt. Deshalb trachtet dieser Krebs auch immer danach, ein passendes Muschelgehäuse von irgendeiner Molluske * zu finden, um darin seinen langen, weichen Hinterleib zu verbergen. Er schleppt die Muschel wie ein kleines Häuschen immer mit sich herum, und bei der geringsten Gefahr verbirgt er sich ganz darin.“
    „Sehen Sie nur“, rief Pawlik, „jetzt kriecht der Krebs aus seinem Häuschen heraus! Wie komisch er ist! Eine Schere ist riesig, die andere winzig.“
    Die beiden Taucher sahen sich an und lachten. In dem durchsichtigen Taucherhelm sah Pawlik den mächtigen glattrasierten Kopf des Gelehrten, die große Nase, buschige schwarze Augenbrauen und einen blauschwarzen, glänzenden Bart, der sich im Kragenausschnitt des Taucheranzuges verlor. Vorn auf dem Helm strahlte wie eine Sonne eine kleine, aber sehr leistungsfähige Laterne. Der metallene Taucheranzug in der Farbe brünierten Stahls wölbte sich auf dem Rücken und an der Brust und machte so den Zoologen einem phantastischen Zwerg ähnlich. In diesen Buckeln befanden sich bei ihm und bei Pawlik kleine elektrische Akkumulatoren von großer Kapazität, Antriebsmechanismen und Sauerstoffgeräte. An einem elastischen Metallgürtel hingen ein Buschmesser, eine Reservelaterne, ein kleines langstieliges Beil, ein rundes Päckchen und etwas, das wie eine lange, flache Patronentasche aussah. Rechts am Gürtel hing ein rechteckiges Kästchen mit einem Griff und einem kurzen, pistolenähnlichen Lauf. Vom Griff des Kästchens führte zum Buckel auf dem Rücken eine Gummischnur. Am linken Arm waren in die metallene Manschette des Taucheranzuges, unter einer
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