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Das Geheimnis meiner Mutter

Das Geheimnis meiner Mutter

Titel: Das Geheimnis meiner Mutter
Autoren: Susan Wiggs
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dich irgendwie panisch?“
    Er warf ihr einen Blick zu. „Ganz im Gegenteil. Unter den gegebenen Umständen wirkst du sehr gefasst. Aber wir sind ja auch noch nicht da. Du weißt, was es heißt, wenn die Feuerwehr sagt, das Haus steht im Vollbrand?“, fragte er.
    „Nein, ich …“ Der Rest des Satzes blieb ihr im Hals stecken, weil sie in dem Moment um die Ecke bogen und sie einen Blick auf ihre Straße werfen konnte. Ihr Herz raste. „Mein Gott.“
    Die Straße war an beiden Enden gesperrt worden. Wo sie auch hinschaute, sah sie Feuerwehrautos, Rettungswagen, Ausrüstung und Feuerwehrmänner. Auf Stativen stehende Scheinwerfer erhellten die Szenerie. Nachbarn hatten sich ihre Wintermäntel über die Schlafanzüge geworfen und standen in kleinen Grüppchen in ihren Vorgärten oder auf ihren Veranden, die Köpfe gen Himmel gereckt, die Münder vor Staunen offen stehend, als würden sie ein Feuerwerk zum Vierten Juli bestaunen. Außer dass niemand lächelte und Oh und Ah sagte.
    Feuerwehrmänner in voller Montur umringten das Haus, bekämpften die Flammen, die das zweistöckige Haus vollkommen vereinnahmt hatten. Rourke parkte den Wagen, und sie stiegen aus. Eine Reihe Fenster im Obergeschoss war herausgeplatzt, als wenn jemand eines nach dem anderen herausgeschossen hätte.
    Diese Fenster verliefen am oberen Flur, in dem die ganzen Familienfotos gehangen hatten: ein altes Hochzeitsfoto von ihren Großeltern, ein paar Bilder von Jennys Mutter Mariska, für immer dreiundzwanzig und wunderschön, eingefroren in dem Alter, in dem sie fortgegangen war. Außerdem hatte es eine ganze Reihe Schulporträts von Jenny gegeben, die über die Jahre gemacht worden waren.
    Als kleines Mädchen war sie den Flur so lange auf und ab gelaufen, bis ihre Großmutter sie bat, etwas ruhiger zu sein.
    Sie hatte es geliebt, sich Geschichten über die Menschen auf den Bildern auszudenken. Ihre Großeltern, die so ernst in die Kamera schauten, wie es typisch für Immigranten war, die gerade von Ellis Island gekommen waren, wurden Broadway-Stars. Ihre Mutter, deren große Augen ein köstliches Geheimnis zu verbergen schienen, war eine Agentin der Regierung, die die Welt beschützte. Sie hielt sich so tief im Untergrund versteckt, dass sie nicht einmal ihrer Familie sagen konnte, wo sie war.
    Irgendjemand – ein Feuerwehrmann – forderte alle auf zurückzutreten und in sicherer Entfernung zu bleiben. Andere Feuerwehrmänner rannten die Auffahrt hinauf und trugen dabei gemeinsam einen dicken Schlauch auf ihren Schultern. Auf der ausgefahrenen Leiter eines Feuerwehrwagens stand ein weiterer Feuerwehrmann und versuchte, die Flammen auf dem Dach zu bekämpfen.
    „Jenny, dank dem Herrn“, sagte Mrs Samuelson und eilte auf sie zu. Sie trug einen langen Kamelhaarmantel und Schneestiefel, bei denen sie sich nicht die Mühe gemacht hatte, sie zuzumachen. In ihren Armen hielt sie Nutley, ihren zitternden Yorkshireterrier. „Als ich das Feuer bemerkte, hatte ich zuerst Angst, dass du noch im Haus bist.“
    „Ich war in der Bäckerei“, erklärte Jenny.
    „Mrs Samuelson, hat schon jemand Ihre Aussage aufgenommen?“, fragte Rourke.
    „Warum, ja, aber ich …“
    „Entschuldigen Sie uns, Ma’am.“ Rourke nahm Jennys Hand und führte sie an der Absperrung vorbei zu einem der Feuerwehrwagen. Ein älterer Mann sprach Anweisungen in ein Funkgerät, und ein anderer wiederholte sie durch ein Megaphon.
    „Chief, das hier ist Jenny Majesky“, sagte Rourke. Er hielt ihre Hand weiter fest.
    „Miss, das mit Ihrem Haus tut mir leid“, sagte der Chief. „Wir waren acht Minuten, nachdem der Notruf kam, hier, aber das Feuer muss schon lange vor dem Anruf ausgebrochen sein. Diese älteren Häuser … sie neigen dazu, sehr schnell zu brennen. Wir tun unser Bestes.“
    „Ich … äh … ich … ich danke Ihnen.“ Sie hatte keine Ahnung, was sie sagen sollte, wo ihr Haus gerade in Flammen aufging.
    „Ihre Nachbarn sagen, dass Sie keine Haustiere hatten.“
    „Das stimmt.“ Nur Grannys afrikanische Veilchen und Kräuter im Blumenfenster. Nur meine ganze Welt und alles, was ich besitze, dachte Jenny. Trotz ihrer warmen Kleidung und der röhrenden Flammen fror sie in der kalten Winternacht. Es war erstaunlich, wie stark, wie unkontrolliert sie zitterte.
    Irgendetwas Warmes und Schweres legte sich um ihre Schultern. Sie brauchte einen Moment, bevor sie merkte, dass es sich um eine Erste-Hilfe-Decke handelte. Und um Rourke McKnights Arme. Er stand hinter
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