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Das Geheimnis des Viscounts

Titel: Das Geheimnis des Viscounts
Autoren: Elizabeth Hoyt
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steckte Horn? Und wohin hatte er Melisande gebracht?
    Kaum waren sie im Dachgeschoss angekommen, als Mouse wie angewurzelt stehen blieb und bellte. Im nächsten Moment wetzte er über die blanken Holzdielen zu einer Tür am Ende des schmalen Korridors. Jasper folgte ihm und machte die Tür vorsichtig auf. Eine Holzstiege führte hinauf aufs Dach. Jasper war noch nie dort oben gewesen, wusste jedoch, dass es leicht abfiel und von einer flachen Balustrade umgeben war, die indes vor allem der Zierde diente.
    Mouse drängte sich an ihm vorbei und sprang die steile Stiege hinauf. Oben angekommen drückte er seine Nase an den Türspalt einer kaum mannshohen Luke und begann zu winseln.
    Jasper hielt beide Pistolen bereit und stieg leise die Stiege hinauf. An der Luke angekommen, schob er den kleinen Hund mit der Stiefelspitze beiseite und sah ihn streng an.
    „Du bleibst hier."
    Gehorsam legte Mouse die Ohren an, blieb jedoch angriffslustig stehen.
    „Sitz und bleib hier", befahl Jasper. „Oder ich muss dich in eine der Kammern sperren."
    Natürlich verstand der Hund kein einziges Wort, wohl aber den Ton. Leise winselnd zog er den Schwanz ein und setzte sich. Jasper öffnete die Tür und schlüpfte hinaus.
    Die schweren Wolken hatten ihr Versprechen eingelöst; kalter, klammer Regen fiel aufs Dach, der Himmel war grau und trüb. Die Luke war nur dazu gedacht, für Reparaturen und Reinigungsarbeiten Zugang zum Dach zu verschaffen. Sie führte auf einen kleinen, flachen Austritt, auf dem gerade mal ein Mann Platz fand; ringsum fiel das Dach schräg, wenngleich nicht allzu steil ab. Vorsichtig richtete Jasper sich auf und spürte, wie der Wind ihm Regentropfen in den Nacken trieb. Sein Blick ging auf den Garten hinaus. Zu seiner Linken lag das Dach verlassen da, ebenso zu seiner Rechten. Jasper reckte sich ein wenig und spähte über den Dachfirst.
    Gütiger Gott, da waren sie. Matthew hielt Melisande über den Sims an der Vorderseite des Hauses gebeugt. Die schmucke, doch völlig nutzlose Balustrade reichte ihnen gerade bis zum Knie und würde ihren Sturz nicht aufhalten können. Nur Matthews eiserner Griff bewahrte Melisande davor, sich auf den Pflastersteinen vor dem Haus den Schädel zu zertrümmern. Jasper wusste zudem, wie sehr seine geliebte Gemahlin sich vor der Höhe fürchtete. Sie musste von Sinnen sein vor Angst.
    „Keinen Schritt weiter!", brüllte Matthew. Er trug weder Hut noch Perücke, und das kurze, rotblonde Haar klebte ihm regennass am Schädel. Wilde Verzweiflung brannte in seinen blauen Augen. „Keinen Schritt weiter, oder ich stoße sie runter!"
    Jasper suchte den Blick ihrer schönen, braunen Augen. Das Haar hing ihr halb herab, lange, nasse Strähnen klebten ihr an den Wangen. Mit beiden Händen klammerte sie sich an Matthews Arm fest, denn einen anderen Halt hatte sie nicht mehr. Und dann, als sie Jaspers Blick erwiderte, geschah etwas, das ihm den Atem stocken ließ, so schrecklich war es.
    Sie lächelte.
    Mein süßes, tapferes Mädchen. Jasper musste den Blick abwenden und richtete ihn wieder auf Matthew. Er hob die Pistole in seiner rechten Hand. „Lass sie los, Horn, oder ich puste dir dein gottverdammtes Hirn heraus."
    Matthew lachte leise, und Melisande wand sich in seinem Griff. „Verschwinde, Vale. Auf der Stelle."
    „Und was dann?"
    Mit versteinerter Miene starrte Matthew ihn an. „Du hast mich zerstört, Vale. Mein Leben ist ruiniert. Ich habe keine Zukunft mehr, keine Hoffnung. Ohne meine Mutter kann ich nicht nach Frankreich flüchten, und wenn ich bleibe, wird man mich dafür hängen, Geheimnisse der Krone an die Franzosen verkauft zu haben. Meine Mutter wird in Ungnade fallen, mein gesamtes Vermögen an die Krone gehen, Mutter auf der Straße landen."
    „Willst du deinem Leben also ein Ende setzen, oder was?"
    „Und wenn schon, was geht es dich an?"
    „Lass Melisande los", sagte Jasper ruhig. „Sie hat dir nichts getan und hat nichts mit alldem zu tun. Wenn du sie gehen lässt, werde ich meine Waffe niederlegen."
    „Nein, Jasper!", schrie Melisande, doch keiner der beiden schenkte ihr Beachtung.
    „Ich habe mein Leben verloren", sagte Matthew. „Warum sollte ich deines nicht genauso zerstören, wie du meines zerstört hast?"
    Er wandte sich wieder zum Sims, und Jasper hievte sich auf den Dachfirst. „Nein! Tu es nicht. Du bekommst den Brief."
    Matthew zögerte kurz. „Wie schön. Aber du hast ihn nicht. Ich habe überall gesucht."
    „Er ist nicht hier im Haus, ich
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