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Das Geheimnis des Viscounts

Titel: Das Geheimnis des Viscounts
Autoren: Elizabeth Hoyt
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finster an. „Ich lasse mich von ihm nicht ruinieren, haben Sie das verstanden?", zischte er. „Sagen Sie mir, wo der verdammte Brief ist, wo er ihn versteckt haben könnte, oder ich erschieße Sie — und es täte mir nicht einmal leid."
    Melisande zitterte. Er meinte es ernst. Er würde sie umbringen. Sie gab alle Hoffnung auf, hier lebend herauszukommen. Aber wenn Jasper jetzt nach Hause käme, würde er ihn womöglich auch umbringen. Der Gedanke war so schrecklich, dass er sie zur Vernunft brachte. Sie musste nachdenken, überlegen, was zu tun sei. Je weiter Horn vom Eingang des Hauses entfernt wäre, desto mehr Zeit bliebe Jasper, die Gefahr zu erkennen, in der er sich befand.
    Sie fuhr sich über die Lippen. „Sein Schlafzimmer. Ich ... ich glaube, der Brief ist in seinem Schlafzimmer."
    Wortlos packte Horn sie am Nacken und schubste sie vor sich her. Die Pistole hielt er ihr noch immer an die Seite gedrückt. Draußen in der Halle war niemand zu sehen, wofür Melisande ein stilles Stoßgebet gen Himmel schickte. Sie wusste nicht, wie Horn reagieren würde, wenn einer der Bediensteten ihm in den Weg träte. Gut möglich, dass er jeden erschoss, der ihm in die Quere kam.
    Zusammen stiegen sie die Treppe hinauf. Schmerzhaft gruben seine Finger sich in ihren Nacken, doch sie verzog keine Miene. Oben angekommen wandte Melisande sich zu ihren Privatgemächern, und fast wäre ihr das Herz stehen geblieben. Sally kam gerade aus ihrem Zimmer.
    „Mylady?", sagte das Mädchen hörbar verwirrt. Ihr Blick wanderte von Melisande zu Mr Horn.
    Rasch ergriff Melisande das Wort, ehe ihr Häscher etwas sagen konnte. „Was machst du denn hier, Mädchen? Habe ich dir nicht gesagt, dass du bis Mittag mein Reitkostüm gereinigt und geplättet haben sollst?"
    Sallys Augen weiteten sich. Noch nie hatte Melisande in einem solchen Ton zu ihr gesprochen. Doch es sollte noch schlimmer kommen. Hinter dem Mädchen steckte Mouse erst sein Näschen aus dem Zimmer und kam dann wieselflink herausgewetzt. Er rannte zu Melisande und kläffte wie verrückt.
    Melisande spürte eine leichte Bewegung an ihrer Seite, als wolle Mr Horn die Pistole von ihr auf den Hund richten. Mouse stand direkt vor ihr, und es galt keine Zeit zu verlieren. Mit einem beherzten Tritt stieß sie den armen Hund beiseite. Mouse jaulte vor Kummer und Schmerz und blieb völlig entgeistert auf allen Vieren liegen.
    Aufgebracht sah Melisande ihre Zofe an. „Was macht der Hund hier oben? Los bring ihn runter in die Küche, aber schnell. Und wenn mein Reitkostüm nicht in einer Stunde fertig ist, kannst du noch heute Abend deine Sachen packen."
    Sally hatte Mouse noch nie gemocht, doch jetzt zögerte sie nicht einen Augenblick, bückte sich und hob den kleinen Terrier zärtlich in ihre Arme. Mit Tränen in den Augen eilte sie an Melisande und Mr Horn vorbei und rannte nach unten.
    Sowie das Mädchen verschwunden war, atmete Melisande laut auf.
    „Sehr gut", sagte Horn. „Und wo ist jetzt Vales Schlafzimmer?" Melisande zeigte auf die Tür, und Horn schleifte sie mit sich. Als er den Knauf drehte, bekam sie es wieder mit der Angst. Was, wenn Mr Pynch im Zimmer war? Sie hatte keine Ahnung, wo Jaspers Kammerdiener sich gerade aufhielt.
    Aber das Zimmer war leer.
    Horn zerrte sie mit sich zur Kommode und begann, Vales feinsäuberlich gefaltete Krawattentücher auf den Boden zu werfen.
    „Wussten Sie, dass er dabei war, als die Rothäute mich gefoltert haben? Sie haben ihn an einen Pfahl gebunden und hielten seinen Kopf fest, damit er nicht wegschauen konnte. Fast hat er mir mehr leidgetan als ich mir selbst." Jäh hielt er inne und holte tief Luft. „Ich sehe sie noch vor mir, seine blauen Augen. Tränen standen darin, als sie mir mit Fackeln die Brust verglühten. Er weiß, wie es war. Er weiß, was sie mir angetan haben. Er weiß, dass die Armee zwei verdammte Wochen gebraucht hat, um das Lösegeld aufzubringen und uns zu befreien."
    „Sie geben Jasper die Schuld für das, was Ihnen geschehen ist", sagte sie ruhig.
    „Reden Sie kein dummes Zeug", fuhr er sie an. „Vale konnte ebenso wenig dafür, was uns angetan wurde, wie wir etwas dafür konnten. Einzig seinen Verrat lege ich ihm zur Last. Gerade er sollte verstehen, warum ich tun musste, was ich getan habe."
    Nachdem er alle Schubladen geleert hatte, schleifte er Melisande hinüber zum Kleiderschrank. „Er weiß, wie es war, damals. Er war dabei. Wie kann er es wagen, sich ein Urteil über mich anzumaßen? Wie kann
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