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Das Geheimnis des Himmels

Das Geheimnis des Himmels

Titel: Das Geheimnis des Himmels
Autoren: Horst Schoch
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diese Warnung ausreicht, um eine Wiederholung solchen Tumultes zu verhindern. Euch, meine verehrten Kollegen, ersuche ich hiermit, Euch an mich zu wenden, falls Ihr Zeugen eines erneuten Aufflammens lutherischen oder anderen Geistes werdet. Ich hoffe aber, dass das heutige Exempel ein solches Vorgehen unnötig machen wird. Gibt es noch Fragen?“
    Nach dieser deutlichen Klarstellung gab es für die Anwesenden keinen Grund mehr, Fragen zu stellen. Niemand wollte in den Verdacht geraten, Kritik an den Maßnahmen zu üben oder gar Sympathie mit den Aufrührern zu zeigen.
    „Ich wünsche uns eine ungestörte Fortsetzung unserer Tätigkeit im Dienste der göttlichen und weltlichen Wissenschaften und bitte darum, wieder zur Normalität zurückzukehren. Vielen Dank!“
    Leises Gemurmel begleitete den Schluss der Rede, aber niemand ergriff das Wort. Im Vorbeigehen schnappte Bernhardi einige Wortfetzen auf, aus denen er bei manchen vorbehaltlose Zustimmung heraushörte, teilweise aber auch leichte Kritik – nicht an den Maßnahmen selbst, sondern an deren Vorbereitung und Geheimhaltung. Sie konnte durchaus als Furcht des Rektors vor dem eigenen Lehrpersonal gedeutet werden. So brauchte er seine Ansichten nicht zu diskutieren und vor keinem zu rechtfertigen.
    „Einhard, hast du Lust, noch auf einen Schluck zu mir zu kommen? Elisabeth wird sich bestimmt freuen, dich wiederzusehen. Ich würde auch gerne wissen, was du von dieser Sache hältst“, sprach Bernhardi seinen Kollegen an.
    „Ja, gern. Aber warte, bis wir ein Stück entfernt sind.“
    Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander, dann unterbrach Auerbach die Stille: „Da hat unsere Magnifizenz aber nicht nur einigen vorwitzigen und übermütigen Studenten einen bösen Streich gespielt, findest du nicht auch?“, begann er bedächtig.
    „Wenn es sich bloß um einen Fall von jugendlichem Leichtsinn gehandelt hat … Aber in dem anderen hast du vollkommen recht. Reinhardus hat das ganze Kollegium überrumpelt.“
    „Früher wäre das so nicht möglich gewesen. Offenbar sind unserem Rektor gute Beziehungen zum Hof wichtiger als die zu seinem Lehrpersonal.“
    Bernhardi stimmte ihm zu. „So wird es sein. Aber jetzt frage ich dich, lieber Einhard: Was soll ich mit dem zweifelhaften Giftgebräu anstellen, das hier in meiner Tasche verborgen ist?“
    „Wie bitte? Ist das dein Ernst? So schlimm ist Reinhardusnun auch wieder nicht, dass er ein solches Risiko einginge!“ Auerbachs erstaunter Blick war zu komisch, sodass Bernhardi kurz auflachte.
    „Der Herr bewahre! Ich hatte vergessen, dass du davon ja nichts mitbekommen hast. Wir sehen uns eben zu selten. Nach der aufsehenerregenden Wegführung einer ganzen akademischen Klasse hatten Wenzel und ich das zweifelhafte Vergnügen, weitere Handlangerdienste für unseren Rektor zu verrichten. Wir sollten den Hörsaal nach verdächtigen Objekten durchsuchen und Wenzel hat das hier gefunden.“
    Bernhardi kramte kurz in seiner Tasche und zog das kleine Büchlein heraus. Als Auerbach das Titelblatt sah, zupfte er erschrocken am Wams seines Kollegen und drückte das dünne Buch wieder in seine Tasche zurück.
    „Vorsicht! Wer weiß, welche Spitzel hier noch rumlaufen.“
    „Na ja, immerhin habe ich bloß einen Auftrag von höherer Stelle ausgeführt“, schmunzelte Bernhardi. „Manchmal muss man einfach die Chance ergreifen, wenn sich eine solche zufällig bietet.“
    „Das heißt?“, fragte Auerbach zögernd.
    „Dass ich dieses Giftfässchen zu Hause öffnen werde und in Ruhe einen Selbstversuch starte. Mal sehen, ob ich ihn überlebe.“
    „Du hast Nerven!“
    „Ja, ich spiele eben mal kurz die Rolle der Inquisitoren. Aber jetzt im Ernst: Irgendetwas muss für die Universität, ja sogar für die Herrschaft Herzog Georgs entweder sehr unangenehm oder sogar gefährlich sein, sonst würde wegen der lutherischen Sache nicht so viel Aufhebens gemacht. Und da möchte ich schon sehr gerne wissen, was hinter den Vorwürfen an Rom steckt, die dieser Luther erhebt. Immerhin scheinen seine Argumente einen erheblichen Teil der Gelehrtenwelt zu beeindrucken.“
    „Wie immer … Bernhardi, der edle Sucher nach der Wahrheit!“, spöttelte Auerbach.
    „Soweit ich kann. Aber wo wir schon bei dem Thema Suche sind: Was machen denn deine Studien?“
    „Leonhard, ich weiß ja, dass du meine Versuche in der Alchemie belächelst. Glaub mir, da steckt eine Menge tiefes Verständnis der Dinge an sich drin. Aber ich würde dir gerne
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