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Der Bund der Illusionisten 1

Der Bund der Illusionisten 1

Titel: Der Bund der Illusionisten 1
Autoren: Larke Glenda
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    Wenn ein Imperator hinter deinem Rücken über dich lacht, dann weißt du, dass du in Schwierigkeiten steckst.
    Handelt es sich bei dem Menschen, mit dem der Imperator gerade so selbstzufrieden und erheitert spricht, auch noch um den Vorsteher persönlich– deinen unmittelbaren Vorgesetzten, einen Mann mit einem grausamen Sinn für Humor–, weißt du außerdem, dass du dringend versuchen solltest, im Boden zu versinken oder dich in Luft aufzulösen. Ist das unmöglich, so gehst du im Vorraum des königlichen Audienzsaals auf und ab.
    Der fünfzehn Schritt messende Teppich verriet zur Mitte hin deutliche Abnutzungserscheinungen; daher wusste ich, dass ich nicht die Erste war, die hier auf und ab geschritten war und auf die Erlaubnis wartete, die erlauchte Gegenwart von Bator Korbus zu genießen, Herrscher von Tyr, Obergeneral von Tyrans und Exaltarch des Tyranischen Imperiums.
    Wenn ich mich konzentrierte, konnte ich den Exaltarchen im Zimmer nebenan spüren. Wenn ich meine Anstrengung bündelte, konnte ich sogar seine Gefühle erkennen, auch wenn ich mich im gleichen Moment, als sie mir bewusst wurden, auch schon fragte, ob ich nicht besser unwissend geblieben wäre. Er strahlte eine mitleidlose Zuversicht aus, wie ein verschlagener Straßenköter, der sich in seiner Rolle als Rudelführer gefiel. Und ich wusste, dass es bei dem Gespräch mit Magister Rathrox Ligatan um mich ging: Wieso sonst rief man mich her und ließ mich warten, während die beiden Männer sich unterhielten? Rathrox stand der öffentlichen Verwaltung vor; das war allgemein bekannt. Weniger bekannt war seine Stellung in der Bruderschaft des Exaltarchats, die er leitete und der ich als Agentin angehörte.
    Obwohl ich Rathrox gut kannte, war es schwieriger, seine Gefühle durch die Mauern des Audienzsaals hindurch aufzuspüren. Ich glaubte, eine gewisse Wachsamkeit ausmachen zu können, vielleicht auch eine belustigte Duldsamkeit gegenüber seinem Herrscher, die fast an Majestätsbeleidigung grenzte. Selbst ein Vertreter der öffentlichen Verwaltung, der so mächtig war wie der Vorsteher, sollte eigentlich klug genug sein, sich nicht über einen Herrscher lustig zu machen, dessen Macht absolut war.
    Ich hatte keine Schwierigkeiten mir vorzustellen, wie Rathrox, ein dünner, grauhaariger Mann mit gelblichen Zähnen, den Imperator mit seinem beißenden Verstand erheiterte. Ich konnte mir auch den sechzig Jahre alten Exaltarchen leicht vorstellen, dessen attraktives Gesicht durch seine zynischen Augen beeinträchtigt wurde, während er seinen Spaß hatte an Rathrox’ grausamem Humor. Was ich mir aber gar nicht vorstellen konnte, war, wieso ich der Grund für ihre Heiterkeit war.
    Noch während ich darüber nachdachte, brach der Exaltarch in schallendes Gelächter aus, das bis in den Vorraum drang. Die beiden imperialen Wachen vor der Tür taten so, als hätten sie nichts gehört; ich aber runzelte die Stirn. Noch immer ging ich hin und her, zunehmend verärgert über das unvertraute Gefühl des Teppichs unter meinen bloßen Füßen. Als ich das Lachen hörte, hielt ich jedoch inne. Es war die Art schallendes Gelächter, in das man vielleicht ausbrach, wenn man sah, wie ein Sklave Suppe im Schoß eines Rivalen verschüttete. In meiner gegenwärtigen Situation war das kaum ermutigend, zumal ich mir auch gar nicht vorstellen konnte, wodurch ich den Spott des Exaltarchen hervorgerufen haben könnte.
    Eine der Wachen sah mich verständnisvoll an. Zu Beginn, als ich gerade eingetroffen war, hatte der Mann anerkennend meine nackte rechte Schulter, meine langen Beine und die Rundung meiner Brüste gemustert, aber diese Anerkennung hatte sich im gleichen Moment aufgelöst, als er gesehen hatte, auf wie wenig anmutige Art und Weise ich einherschritt und mich setzte. Nicht einmal in einem schönen, golddurchwirkten Überwurf wirkte ich weiblich genug, um einem Mann wie dieser Wache zu gefallen. Dem modischen Gewand der Hochgeborenen fehlte jegliche verführerische Komponente, wenn es wie ein großes, hastig übergeworfenes Badetuch getragen wurde. Ich hatte nicht die geringste Absicht, irgendwie elegant oder auch nur einigermaßen passabel zu wirken. Ich bin größer als die meisten Frauen, habe lange Arme und Beine und Muskeln. Meine Haut ist bräuner, als es der Mode entspricht, und meine Haare sind so
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