Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis des Himmels

Das Geheimnis des Himmels

Titel: Das Geheimnis des Himmels
Autoren: Horst Schoch
Vom Netzwerk:
geschehen.
    Magister Bernhardi hatte sein Kommen so weit herausgezögert, wie es ihm nur möglich war. Er traf als einer der letzten ein, nur Magister Caspar Heinrich, ein unmittelbarer Fachkollege von Leonhard Bernhardi, fehlte. Er hatte sich wegen Unpässlichkeit entschuldigen lassen. Angesichts seines Alters, er übertraf alle anderen an Lebensjahren, wurde ihm dies nachgesehen.
    Zu guter Letzt betrat Reinhardus den Raum, nicht ohne sich zuvor durch die offene Tür von der Anwesenheit seines Kollegiums überzeugt zu haben. Würdevoll trat er in das Rektorat und schloss geräuschvoll die Tür hinter sich.
    Bernhardi gesellte sich zu Magister Einhard Auerbach, einem langjährigen Kollegen von der philosophischen Fakultät, der die wichtigen Fachbereiche Mathematik und Astronomie vertrat. Mit ihm verstand sich Bernhardi noch am besten von allen Kollegen. Auerbach war ein freundlicher Mensch, für jedes Gespräch offen, zeigte allerdings manchmal einen Hang zu magischen Praktiken – jedenfalls bezeichnete Bernhardi es so. Genauer gesagt war Auerbach ein Anhänger der Astrologie und der Alchemie. In seiner freien Zeit experimentierte der Junggeselle gern in seiner Werkstatt herum. Beide Männer liebten einen ironisch-heiteren Gedankenaustausch, der ungefähr einmal im Monat zusammen mit weiteren Gelehrten im Wirtshaus oder auch zu Hause gepflegt wurde. Bernhardi nickte Auerbachfreundlich zu, aber da begann auch schon die Ansprache des Rektors.
    „Meine sehr verehrten Kollegen! Mit Bestürzung haben wir alle von dem Vorfall heute Morgen bei der Vorlesung unseres geschätzten Kollegen Dr. Wenzel erfahren. Wie bekannt sein dürfte, hat unser großer Gelehrter Erasmus gründlich und grundsätzlich der lutherischen Häresie widersprochen, und damit ist die Behauptung eines unfreien Willens hinreichend widerlegt. Das steht auch jetzt nicht zur Diskussion. Viel wichtiger ist die Frage, wie wir mit dieser und mit künftigen Formen der versuchten Unterwanderung unserer hochgelobten Universität umzugehen haben. Ich als der verantwortliche Rektor habe mich schon seit Längerem mit den Beratern unseres gütigen Herzogs Georg ins Vernehmen gesetzt. In einer zunächst geheimen Order hat unser Fürst angeordnet, jegliche Versuche, die lutherische Lehre an unserer Universität eindringen zu lassen, als politischen Aufruhr zu beurteilen und mit der Verbreitung von Lehren, die gegen unsere Mutter Kirche gerichtet sind, gleichzustellen. Um die Reinheit des Glaubens und der Lehre zu bewahren, wird der weltliche Arm beauftragt, jeden Anflug von Infiltration oder Irrlehre auch in dieser Bildungseinrichtung abzuwehren. Daraufhin wurde mir die Anweisung und Erlaubnis gegeben, uneingeschränkt die Unterstützung des weltlichen Armes in Anspruch zu nehmen, um diese teuflischen Angriffe auf unseren Glauben und die Lehre zu verhindern. Alle Irrlehrer sollen mithilfe dieser Unterstützung angezeigt und dem weltlichen und auch dem geistlichen Gericht zugeführt werden.“
    Nach diesem vorläufigen Höhepunkt seiner Rede machte er eine kurze Pause.
    Auerbach knuffte Bernhardi in den Arm. „Aha, der Bursche hat also hinterrücks die polizeiliche Gewalt auf seine Seite gebracht!“
    „Leise! Und er hat das Kollegium nicht darüber in Kenntnis gesetzt!“, flüsterte Bernhardi zurück.
    Reinhardus redete weiter: „Heute Morgen also habe ich zum ersten Male mein Recht und meine Pflicht in Anspruch genommen.“
    Bernhardi tuschelte Auerbach zu. „Eine schöne Umschreibung … Um eine so schnelle und gezielte Verhaftungsaktion durchzuführen, bedarf es im Voraus schon sehr konkreter Planungen, von der Bereitstellung der vielen Wachen einmal abgesehen.“
    „Darf ich um Ruhe bitten!“, fuhr Reinhardus gereizt fort.
    Das allgemeine Getuschel legte sich.
    „Das Verhör hat ergeben, dass drei Studenten, die an diesem Aufruhr beteiligt waren, identifiziert werden konnten. Einer hat gestanden und wird nun einem herzoglichen Richtergremium vorgeführt. Die beiden anderen haben geleugnet, aber da sie durch unseren geschätzten Kollegen Wenzel eindeutig identifiziert worden sind, werden sie jetzt von unserer Universität entfernt. Leider ist es mir nicht gelungen, weitergehende Strafen für sie zu erwirken.“ Reinhardus blickte ernst und würdevoll in die Runde. „Ich hoffe, dass damit Ruhe und Ordnung in unserem Lehrbetrieb wiederhergestellt sind. Ich habe angeordnet, vor den Hörsälen über diese Vorkommnisse zu informieren, und gehe davon aus, dass
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher